Ein Hang zum Ueberhang

In der vergangenen Woche ging es mit dem Bau unseres zukuenftigen Hauses eher schleppend voran. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass wir uns auf die Standortsuche konzentriert haben und an drei Tagen zu Besichtigungen oder Gespraechen in die Gegend gefahren sind. Dann hat es an zwei Tagen heftig geregnet oder gehagelt und ausserdem kam unser Vermieter aus Edmonton zu Besuch, um seiner Tochter zu zeigen, wo er aufgewachsen ist. Achja, in die Arbeit musste ich auch ungeplant am Wochenende. Und nebenbei arbeite ich auch noch an vier Tagen 10 Stunden plus je 30 Minuten Anfahrt und versuche einen Haushalt zu schmeissen…

Genug der faulen Ausreden! 😀 Trotz der oben aufgezaehlten Feinheiten sieht das Haus jetzt anders aus als noch im letzten Bericht.

Zuerst stellen wir die kleine aeussere Wand auf, die im letzten Beitrag noch auf dem Boden lag und befestigen diese sicher. Daraufhin stellt sich die Frage, wie wir den Ueberhang des Lofts bauen, so ganz in der Luft haengend. Beim Transport wird dieser Ueberhang auf der Deichsel aufliegen; doch wir bauen das Haus aufgebockt, damit wir auch von der Unterseite aus alles sicher verschrauben koennen. Also bauen wir eine temporaere Plattform auf die Deichsel, die den Ueberhang waehrend des Baus unterstuetzt.

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Eine kleine Plattform ragt ueber die Bodenplatte hinaus.

Auf die Plattform kommt die Aussenseite des Ueberhangs. Die muessen wir natuerlich wieder gut isolieren, damit uns beim Schlafen auch schoen warm ist. Genauso wie den Boden auch bauen wir den Loft Boden aus (von unten nach oben) OSB Platten, Membran, Holzrahmen und Isolierung, Dampfsperre, Sperrholz.

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Der Holzrahmen des Lofts ist gebaut.

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Von der Seite kann man die Groesse des Ueberhangs gut erkennen.

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Nur der ueberstehende Teil des Lofts wird isoliert.

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Ich stehe vor vollendetem Loftboden.

Nun fehlen nur noch die Waende des Lofts, die zugleich die letzten Waende des Hauses sind. Ein Fenster soll dort auch noch eingebaut werden. Ich plane und rechne fuer die kurze Wand mit Fenster, waehrend Tyrel schon mal anfaengt Holz fuer die langen Waende zu saegen.

Nach viel Saegen, Schrauben und Ausrichten steht schliesslich die letzte Wand.

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Alle Waende unseres Hauses stehen nun.

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Ein kleines Fenster im Loft sorgt fuer gute Durchlueftung und fuer einen Notausgang im Falle eines Falles.

Waehrend ich mich im Bett versuche auf das bevorstehende Weckerklingeln um 3:17 vorzubereiten, schraubt Tyrel noch die doppelte Kopfplatte auf die Waende. Jetzt sind sie auch am oberen Endefest miteinander verbunden und winklig.

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Das obere Vierkantholz ist verdoppelt worden. 

Wir haben uns fuer eine Flachdachkonstruktion entschieden, da es unsere Prioritaet ist, die groesstmoegliche Raumhoehe bei gleichzeitig niedriger Gesamthoehe zu erreichen. So koennen wir aufrecht stehen, brauchen aber keine Genehmigung, wenn wir das Haus an einen anderen Ort transportieren.

Eine hohe Schneelast ist nicht zu erwarten. Die mittlere Schneetiefe im Winter liegt hier bei gerade mal 20 cm. Trotz langem Winter. Das ist der einzige Vorteil, den ich mir unter dem Begriff „trockene Kaelte“ vorstellen kann. Auch wenn mir viele Leute gern erzaehlen, dass die „trockene Kaelte“ viel besser zu ertragen ist, kann ich mir immernoch keine nasskalten -30 Grad vorstellen. Es ist doch eh alles gefroren! Nur weniger Schnee liegt herum; das leuchtet ein und ist auch ganz praktisch.

Natuerlich ist ein Flachdach flach, aber trotzdem schraeg. Nur so kann Niederschlag ablaufen. Aus diesem Grund ist die Suedseite unseres Hauses zwei Zoll (~5 cm) hoeher als unsere Nordseite. Die Ost- und Westseiten muessen dementsprechend schraeg angepasst werden.

Gestern machten wir uns an die Dachsparren. Ich hatte grossen Spass – endlich wurde meine Frage aus der neunten Klasse beantwortet: „Wo zum Teufel werde ich in meinem Leben Winkelfunktionen und den Satz des Pythagoras anwenden?!“ Genau jetzt.

Fleissig rechne ich herum und weiss schliesslich, wie lang die Dachsparren theoretisch sein muessen und wo ich welche Winkel einschneiden muss, damit sie eben auf den Waenden aufliegen.

Jetzt muss es nur noch in der Praxis klappen… Der Sparren wird angesetzt und:

 

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Der Sparren passt auf die Wand genau wie vorher ausgerechnet!

Tyrel und ich beratschlagen ueber die Laenge des Sparren. Wollen wir einen Ueberhang des Dachs? Ein paar Zoll koennten wir uns leisten, bis die maximale Breite ohne Genehmigung erlaubt ist. Wir beschliessen, dass wir das Dachblech etwas ueberstehen lassen, aber die Holzkonstruktion des Daches buendig mit der Wand abschliessen.

Wir ueberlegen auch, ob wir mehr wegsaegen sollen um mehr Holz in Axialrichtung an die Wand anliegen zu lassen. Doch wir entscheiden uns dagegen, denn das wuerde auch bedeuten, dass wir die geplante Deckenhoehe herabsetzen. Wir erwarten keine enormen Kraefte, die in dieser Richtung auf das Dach einwirken. Mir war wichtig, dass die Sparren eben auf den Waenden sitzen um alles ordentlich festschrauben zu koennen. Und das ist geschafft.

Wir beschliessen, den bereits angefertigten Sparren als Vorlage zu nehmen und einen weiteren Sparren zu fertigen. Passt. Das reicht mir, um mich schlafen zu legen – immerhin muss ich morgen wieder extrem frueh aufstehen. Tyrel saegt am Abend noch 24 Sparren zurecht, bevor auch er schlafen geht.

In den kommenden drei Tagen wird Tyrel abends arbeiten, wir koennen also nicht zusammen anpacken. Wie das Blech aufs Dach kommen soll, weiss ich daher noch nicht genau. Vielleicht lassen wir uns was einfallen, wie wir mit nur je einer Person weiterbauen koennen. Vielleicht kommt das Blech auch erst am Samstag mit vereinten Kraeften aufs Dach und wir widmen uns bis dahin anderen Bauprojekten.

Irgendwie lustig, ich fiebere selbst mit, wie es weiter geht! 😀

33 Kommentare

  1. Das sieht jetzt schon super aus. Ihr seid ein tolles Team! Ich drücke Daumen für gutes Wetter zum Weiterbauen und Pythagoras hat nicht nur seltsame Philosophie betrieben, sondern auch ganz nützliche Dinge getan…… Liebe Grüße, Muddi

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    1. Dankeschoen, Muddi! 🙂
      Ja, der alte Grieche war mir sehr behilflich. Und Tyrel und ich ergaenzen uns wirklich verdammt gut, was dieses Projekt angeht. Er weiss, wo man welche Schrauben nehmen muss und welche Staerke Sperrholz sich fuer welche Anwendung eignen koennte. Ausserdem ist er sehr stark, ausdauernd und geschickt.
      Und ich hab den grossen Plan im Kopf sowie die kleinen Detailplaene, die sich auf dem Papier bzw Holzblock manifestieren. Und mit anpacken kann ich auch gut.
      Den Rest diskutieren wir uns einfach zurecht ^^
      Liebe Gruesse zurueck von Lupina ❤

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    1. Dankeschoen Kat! 🙂
      Mit Sicherheit wird es erstmal rustikal, mit Spanplatten statt Walnussverkleidung. Aber mit der Zeit werden wir uns ganz sicher schoen einrichten.
      Liebe Gruesse,
      Luisa

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  2. Das sieht toll aus. Schön, Euren Hausbau so mitverfolgen zu können. Habt Ihr an eine schmale Dachrinne gedacht? Sonst tropft und sickert Euch das Wasser vom Dach vielleicht unentwegt auf das Holz und irgendwann wird es faulig.

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    1. Dankeschoen Joe! 🙂
      Genau richtig, wir werden sehen ob das ueberstehende Dach ausreichen wird um Regen vom Holz abzuhalten. Falls nicht, werden wir Dachrinnen anbringen. Wir werden die Fassade aber auch auf jeden Fall mit einem schuetzenden Anstrich versehen.
      Viele Gruesse in den Sueden 😉

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  3. Es ist wirklich überragend, was ihr gerade da macht. Ich hätte nie gedacht, so man selber ein Haus bauen würde und das sieht wirklich sehr schön aus! 🙂

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    1. Es freut mich sehr, dass es dir gut gefällt! 🙂 die Bauweise mit Holz ist hier so üblich in Nordamerika. Das ist natürlich leichter als die Bauweise mit Steinen oder Beton und eignet sich daher gut zum transportieren. Wahrscheinlich werden wir das Haus nie versichern können, da wir alles selbst geplant haben und kein Bauingenieur die Pläne abgezeichnet hat. Aber meist können temporäre Häuser eh nicht versichert werden. Ich freue mich jedenfalls schon sehr darauf, in dem Haus zu wohnen. 🙂
      Viele Grüße,
      Luisa

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  4. Ich bin echt beeindruckt! Wenn ich mit meinem Mann ein Haus bauen müsste, wären wir wohl innerhalb von 2 Arbeitsstunden geschiedene Leute. Abgesehen davon hätte wir beide Nullahnung! Weiterhin frohes Bauen und gutes Gelingen. LG aus Südindien Irene

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    1. Hi Irene,
      Dankeschön für deine guten Wünsche! 🙂 Am Anfang des Projektes flogen bei uns ganz schön die Fetzen, bis wir uns endlich grundsätzlich einig wurden, was wir machen wollen. Ich glaube ich habe Tyrel monatelang zu Tode genervt mit meiner Idee des Hauses, bis er endlich eingelenkt hat. Doch mittlerweile haben wir uns wirklich gut eingespielt und das Bauen klappt wunderbar zusammen.
      Aber du hast recht, man muss sein (Ehe-) Glück ja nicht herausfordern 😉 Mir war es nur unglaublich wichtig, dass wir diesen Schritt gehen.
      Liebe Grüße ans andere Ende der Welt 🙂
      Luisa

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      1. Ihr scheint auch beide kompetent genug für so ein Projekt. Wenn man sowas als Paar schafft, dann kommt das (Ehe-) Glück wohl nicht mehr so schnell ins Wanken! Toll 👏

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  5. Wie schoen muss es sein, mit jemandem zusammen zu arbeiten, der versteht, was man da plant und tut. Mein Mann ist da leider nicht so gewandt oder interessiert, und so artet mein heimwerkeln haeufig in Streit aus, wenn ich seine Hilfe brauche. Sieht super aus, was ihr da macht. Ich bin so gespannt auf das Endprodukt.

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    1. Ja, nach dem ganzen Zoff in der Planungsphase klappt dass Bauen jetzt wirklich erstaunlich gut zusammen ^^
      Dein Mann hat mit Sicherheit andere Vorteile. Vielleicht musst du ihn nicht monatelang von deinen Projekten überzeugen, bis er zustimmt 😅
      Liebe Grüße!

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    1. Moin Jens,
      Stimmt, das Absenken steht auch bald bevor. Aber davor liegen auch noch ein paar Schritte; die Fassade muss da ja schon angebracht sein.
      Danke für’s Mitfiebern! 🙂
      Liebe Grüße,
      Luisa

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  6. Wahnsinn. Ich bin so aufgeregt mit euch. find ich so so toll. und auch vom gedanken toll.
    allerdings könnten mein parnter und ich auf den wenigen m2 nicht zusammen „überleben“ ohne uns in die quere zu kommen.
    Vor mir steht übrigens ein Hausumbau/sanierung, womit ich allein schon in Gedanken komplett überfordert bin, und heulen könnte.

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    1. Oh, ich drücke fest die Daumen, dass die Sanierung besser läuft als du es dir zur Zeit vorstellst! Du musst ja gar nicht alles auf einmal sanieren und somit auch nicht wissen. Vielleicht machst du alles Schritt für Schritt und es wird eine schöne Erfahrung! Wenn du im sanierten Haus lebst, ist es bestimmt ein tolles Gefühl!
      Liebe Grüße!

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      1. Danke Dir!
        Wenn das alles mal so klappt…
        Zuerst muss mal ein Statiker kommen, der sagt ob das Haus noch was taugt.
        Und dann muss gerechnet werden und DAAANN gehts erst iwann vllt los…mhmpf.
        Wenn ich es nicht geerbt hätte, würde ich mir das garnicht antun. Aber so ist eben da.

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  7. Dank dem Blog hab ich irgendwie das Gefühl mitzuarbeiten.
    Ich bin schon ganz fertig von der vielen Arbeit, die ihr durch meine heimliche Anfeuerung geleistet habt xD
    Aber kein nachlassen – wir schaffen das! 😉

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    1. Genau – keine Müdigkeit vortäuschen! ^^
      Das Wochenende hast du dir jetzt aber redlich verdient. Und für deinen Motivationsspruch bekommst du eines Tages noch die Ehrendoktorwürde verliehen! xD

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  8. Du solltest die Pläne gut aufbewahren. Ich habe das dumpfe Gefühl, dass Ihr damit glatt ein Geschäft aufziehen könnt. 😉

    Und ich bewundere ehrlich, wo Du die Kraft und Zeit her nimmst um uns an der ganzen Sache teilhaben zu lassen!

    Liebe Grüße! Gabi

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    1. Wegfliegen koennen die meisten Plaene ja schonmal nicht ^^
      Ich schreibe derzeit einfach Blog statt Emails, als Kettenbrief sozusagen. So sind alle meine Freunde mit nur einem Beitrag informiert. Man muss sich allerdings auf eine laengere Wartezeit einstellen, wenn man auf eine Email-Antwort von mir wartet… da hoffe ich einfach auf Verstaendnis 🙂

      Liebe Gruesse,
      Luisa

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  9. Nur als Team ist das wirklich schaffbar.
    Ich wünsch dir und deinem Liebsten sehr viel Kraft, aber mit dem, was euch beiden das Land gibt, werdet ihr alles schaffen, was ihr schaffen wollt 🙂

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    1. Dankeschön Rhiannon, das ist sehr lieb von dir! 🙂
      Ich werde weiterhin fleißig berichten – viel Zeit bis zum Auszug ist ja nicht mehr ^^‘

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      1. Manchmal braucht es eine „Deadline“ um etwas fertig zu bekommen. 🙂
        Ihr seid stark, beide, sonst hättet ihr es nie bis zu diesem Punkt geschafft.

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    1. Gute Idee!
      Leider gibt es hier Fernwanderweg-mäßig meist nur „neben dem Highway lang“. Aber andere Strecken des Trans-Canada-Trail weiter im Süden sind wohl abgelegener. So oder so, sach Bescheid wenn du in der Gegend bist 😀

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  10. Genau das bemängele ich bereits seit Jahren an Deutschland. Dass genau das nicht möglich ist. Mit nicht so viel Geld oder wenn man einfach solche Ideen hat, hilft einem grösstes handwerkliches Geschick nicht zum Eigentum. In Deutschland ist man gezwungen teuer zu bauen.

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    1. Da stimme ich dir zu. 100% legal ist es hier wohl auch nicht, aber es stört sich niemand daran, wenn man nicht gerade im Vorgarten des Bürgermeisters seine Zelte aufschlägt 😉

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    1. Also wirst du deinen Schülern dann sagen: „Später, wenn ihr nach Kanada ausgewandert seid, und innerhalb von zwei Monaten ein Haus bauen wollt mit zwei Leuten, die wenig bis keine Bauerfahrung haben, … Dann werdet ihr an diese Stunde zurück denken!!!“
      😂😂
      Aber im Ernst, ich glaube es macht schon Sinn, ausrechnen zu lassen, wie man Dachsparren ausrechnet. Jedes Kind soll sich ne Dachneigung ausdenken und dann rechnen. Und ne Bedarfsplanung können sie auch gleich machen 😂 So sind sie ganz nah an der Praxis dran.

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