Argh

Huettenzauber

Ende September 2021.

Das oertliche College bietet Gartenhuetten zum Verkauf an. Die Huetten wurden als Lernobjekt von angehenden Zimmermannazubis errichtet und jetzt sollen sie an den Meistbietenden verkauft werden um die Materialkosten wieder reinzuholen.

Das Mindestgebot ist niedrig – wahrscheinlich beziehen sich die Materialkosten auf Preise vor 2020. Eventuell noch abschreckend ist die Tatsache, dass die Huette innerhalb von 72 Stunden nach Auktionsende vom Gelaende selbst abzutransportieren ist.

Tyrel und ich beschliessen, ein niedriges Gebot fuer jeweils eine Huette abzugeben – hoffentlich bekommen wir eine von beiden!

Huette 1: Satteldach, Tuer und Fenster auf gegenueberliegender Seite.
Huette 2: Pultdach und Scheunentor.

Wir bekamen beide.

Die Kreditkarten gluehten. Doch wir waren uns einig, dass es eine sinnvolle Investition ist, die wir da taetigen. Ein wenig Ausweichraum ist vielleicht gar nicht schlecht, wenn man seit gut zwei Jahren mit Hund zusammen auf ca. 12 Quadratmetern lebt. Und so haette jeder seinen eigenen Raum, der je nach Belieben gestaltet werden kann. Tyrel schwebte ein Werkzeugraum mit Werkbank vor. Mir eher eine Art Studio mit Holzofen.

Der Umzug gestaltete sich abenteuerlich. Wir liehen uns einen geeigneten Anhaenger samt Truck. Dann mussten die Huetten per Winde knirschend auf den Haenger gezerrt und festgezurrt werden.

Der Schotter knirscht und die Huette naehert sich dem Anhaenger.

Wieder Zuhause angekommen stellte sich die Frage, wie Huette Nummer 1 vom Haenger runtergezogen wird. Es war nichts in der Naehe, woran man eine Winde befestigen koennte.

„Komm, wir machen es wie die Rednecks!“, schlug ich vor. Und gesagt getan, unser Truck wurde als Zugpferd eingespannt und zog die Huette vom Anhaenger. Dabei mussten wir uns beeilen, da es zu regnen anfing und wir uns nicht festfahren wollten, daher gibt es keine Bilder von der Aktion.

Ausserdem gab es noch die zweite Huette zu transportieren und es wurde bereits Abend.

Schliesslich war es stockdunkel, als wir mit Huette Nummer 2 Zuhause ankamen. Dieses Mal funktionierte meine Idee mit dem Truck nicht, da nicht genuegend Platz vorhanden war.

„Wie bekommen wir diese Huette jetzt vom Haenger?“, fragte ich Tyrel.

„Ganz einfach: So, wie die alten Aegypter es damals gemacht haben!“, antwortete er ganz selbstverstaendlich.

Nun dachte ich eigentlich, dass ich in der Schule ganz gut aufgepasst hatte, wenn wir im Geschichtsunterricht mal wieder das alte Aegypten besprachen. Aber wie die alten Aegypter damals Gartenhuetten vom Anhaenger runterbekommen haben, das wollte mir einfach nicht einfallen.

Waehrend ich meinen Kopf kratzte, zersaegte Tyrel einen Besenstiel in mehrere Rundhoelzer. Dann zauberte er eine riesige Brechstange hervor und hob die Huette damit an waehrend ich die Rundhoelzer vorsichtig unter die Huette plazierte. Tyrel sorgte mit der Brechstange fuer Anschub, bis der bewegliche Teil des Anhaengers kippte und die Huette die schiefe Ebene runterrollte. Die Huette stand nun mit einer Kante auf dem Feld und mit dem Rest noch auf dem gekippten Haenger.

Da wechselten wir unsere Strategie von „Aegypter“ zu „Magier“ und zogen den Anhaenger geschwind unter der Huette weg.

Umzug vollendet.

Tyrels Huettenausbau war einfach: Werkbank rein, Werkzeuge rein, Schloss vor, fertig.

Ich begann damit, Isolierung in die Waende zu stecken.

Huette von innen, Glasfaserisolierung wird zugeschnitten und an die Holzstaenderzwischenraeume angepasst.

Doch dann waren es ploetzlich -25 Grad und in unbeheizten Raeumen zu arbeiten machte wenig Spass.

Dann versank alles im tiefen Schnee.

Dann verbrachte ich jede freie Minute damit, fuer den Ultramarathon zu trainieren.

Dann war klar, dass ich den Ultramarathon nicht laufen koennen werde und ich versuchte den Sommer so gut wie moeglich zu geniessen.

Und dann… Dann war es Anfang August und ich schrieb mit meinen lieben Freunden Anke und Jens, die mich aus Deutschland besuchen kommen in weniger als einem Monat. Zweimal werden sie bei uns uebernachten.

Hmm…

Fuer sie waere es auch okay, im Zelt zu schlafen. Aber ich weiss: Wenn ich die Huette nicht vor ihrer Ankunft winterfertig kriege, dann steht sie einen weiteren Winter ungenutzt herum und ich aergere mich sieben Monate lang darueber, dass ich sie nicht rechtzeitig ausgebaut habe.

Also, vier Wochen lang Arschbacken zusammenkneifen und zimmern bis der Arzt kommt und sehr gestresst sein? Oder vier Wochen lang den kurzen Sommer geniessen und dann im Winter die Entscheidung bereuen?

Der geneigte Leser wird ahnen, dass ich mich fuer die stressige Variante entschieden habe. Wenn ich zwischen Stress/Erschoepfung und Reue waehlen muss, dann waehle ich Stress/Erschoepfung. „Was waere, wenn…“ oder „Haette ich doch mal…“, damit kann ich schlecht umgehen. Dann lieber mit nem Flachkoepper in das naechste Wahnsinnsprojekt.

Wobei diese Dinge immer in folgenden Phasen in meinem Kopf ablaufen:

  1. Soo schwer kann das doch gar nicht sein. Ich muss doch keinen Raketenantrieb konstruieren. Dem Inschenoer ist nichts zu schwoer.
  2. Ich eigne mir die Theorie an und fuchse mich ins Thema ein. Dabei habe ich einige Aha-Momente und alles klingt gut, logisch und machbar.
  3. In der Praxis ist letztendlich doch alles ganz anders und einige Dinge gehen auch gruendlich schief. Hier verzweifele ich gern und moechte eigentlich alles hinschmeissen.
  4. Ich bin komplett gestresst aber bin zu stur um tatsaechlich aufzugeben. Damit muesste ich mir naemlich eingestehen, dass Phase 1 nicht der Wahrheit entspricht.
  5. Irgendwie kriege ich es tatsaechlich hin und verdraenge Phasen 3 und 4 nach einigen Wochen. Was in Erinnerung bleibt, sind Phasen 1, 2 und 5. Was mich in der Zukunft wieder dazu verleitet, Phase 1 einzulaeuten.

Gerade bin ich in Phase 4. Mein Koerper droht mir schon mit einer bevorstehenden Erkaeltung, falls ich mein Pensum nicht zurueckschraube. Aber ich versuche zu vertroesten: Bitte, bitte, halte noch ein paar Tage durch. Ich trinke auch ganz viel Tee!

Was in den letzten drei Wochen geschah, folgt in einer Bilderschau.

Waende fertig isoliert, das zukuenftige Schornsteinloch eingerahmt und das Dach mit Styroformplatten vorisoliert.
Das Dach mit Glasfaser fertig isoliert, Dampfsperre eingebaut.
Dampfsperre abgeklebt.
Waende und Decke mit Sperrholz verkleidet.
Decke und drei von vier Waenden gestrichen, Eine Box mit Lueftungsschacht gebaut, auf der irgendwann der Holzofen stehen soll.
Ofenunterlage vorbereitet um eine Betonschicht draufzugiessen.
Ofenunterlage samt Betonschicht stehen.
Fliesen sind auf der Ofenbox verlegt, hier noch ohne Moertel.
Fliesen auf Ofenbox sind verfugt, letzte Wand ist gestrichen (ein bisschen mehr als ich dachte) und Hitzeschutzschild zurechtgeschnitten und lackiert.
Feuerschutzbox fuer die Ofenrohrinstallation ist drin und ein Loch ist im Dach an passender Stelle. Befestigung fuer Hitzeschutzblech angebracht.
Selfie im nigelnagelneu installierten Schornstein.
Schornstein mit saemtlichen Schutzblechen. Sieht im Bild schief aus, ist er aber nicht.
Huette mit Schornstein und rauchig posierender Wolkenformation.
Schornsteininstallation von innen, links unten im Bild Frischluftzugang.
Hitzeschutzblech installiert, Decke um den Schornstein isoliert und verkleidet, Ofen samt Box auf Schornstein ausgerichtet, Bodenbelag angefangen zu verlegen.

Jetzt sind noch ganze zwei Tage uebrig, bis meine Freunde ankommen und in der Huette naechtigen. Meine Prognose ist, dass die Huette bis dahin schlafbar ist, das Grundstueck und unser Haus aber aussehen, als wenn ne Bombe eingeschlagen hat. Naja, man muss eben Priotitaeten setzen.

Blick vom Dach: Hier ist die Welt noch in Ordnung.

Wenn ich den Beitrag so schreibe, merke ich erst, dass ich doch ne ganze Menge geschafft habe. Gar nicht schlecht, dafuer dass ich alles ganz alleine geplant und ausgefuehrt habe. So neben Arbeit, Sport, Japanischkurs und sonst allem. Es war aber ne schwere Geburt – vor allem die Schornsteininstallation so als Hoehenaengstler. Ausserdem wurde ein wichtiges Teil, das ich online bestellt habe, in falscher Groesse geliefert. Da musste ich mir was anderes einfallen lassen und habe in der Stadt Sonderteile anfertigen lassen, damit es doch weitergehen kann. Meist gibt es ja doch ne Loesung, wenn man fleissig sucht.

Vorgestern ging es mit Hahn Daisy steil bergab. Sein gesundes Bein schien eine Infektion bekommen zu haben, sodass er nur noch mit grosser Muehe aufstehen konnte. Ich habe ihm einen weiteren Tag Gnadenfrist gegeben, aber quaelen soll er sich ja nicht. Gestern war es unveraendert. Da hiess es Abschied nehmen.

Danke Daisy, fuer die schoene Zeit! Du warst ein toller Hahn zu deinen Hennen und nie gemein zu Menschen. Es tut mir Leid, dass ich es nicht geschafft habe, dich gesund zu pflegen. Ich werde dich immer als stolzen, schwarzen Gockel in Erinnerung behalten!

Hahn Daisy auf letzter Fahrt.

Da wir mit dem Huehnerblut nicht unnoetig Kojoten und Nachbarshunde zum Huehnerstall locken wollten, hat Daisy eine erste und letzte Quadfahrt in die Wildnis gemacht. Dort fand er ein schnelles Ende im Stil der franzoesischen Revolution.

Der ein oder andere mag sich jetzt fragen, warum ich einen Blogbeitrag schreibe statt den Bodenbelag in der Huette zuende zu verlegen. Hierfuer gibt es mehrere Gruende:

  • Seit meinem letzten Beitrag ist schon wieder viel Zeit vergangen,
  • In dieser Zeit habe ich es wieder kaum bis gar nicht geschafft, Emails zu beantworten,
  • Somit wollte ich ein Lebenszeichen senden und bestaetigen, dass es mir gut geht (wenn auch leicht gestresst),
  • Ausserdem werde ich in den naechsten Wochen wieder nicht dazu kommen einen Beitrag zu schreiben,
  • Weil in den Wochen wieder viel geplant ist,
  • Sodass ich vom Huettenausbau vielleicht gar nicht berichten wuerde
  • Und dann waeren die Erinnerungen floeten gegangen, obwohl sie doch vielleicht interessant sind (jedenfalls fuer mich).

Was mir in diesen Tagen besonders viel Freude bereitet, sind die Mohnblumen, die ich in einem meiner Beete ausgesaeht habe. Eigentlich war ich kein grosser Mohnfan. Er ist halt rot und welkt schnell. Aber diesen Sommer hat er mich in seinen Bann gezogen. Seht selbst!

Morgensonnenmohn.
Nur vier Bluetenblaetter und doch so viel Ausdruck!
Frisch erwacht und noch ein wenig zerknittert.
Vielfalt in Farbe und Form.
Bluetenblaetter wie aus feinstem Seidenpapier.

Trotz allem Stress, dem man sich so macht, lohnt es sich immer, kurz anzuhalten und zu staunen. 🙂

Sportwoche im April

Ist es komisch, wenn man seine eigenen Beitraege interessant findet?

Jedenfalls fand ich meinen Beitrag ueber eine Woche Sport letzten Monat sehr interessant. Ein Teil meines Hirns denkt immer noch, ich sei so sportlich wie im Mai 2018 und die 30 Jahre davor, also eher wenig. Im Juni 2018 habe ich angefangen zu laufen, ganze 60 Sekunden am Stueck und ich war fertig mit der Welt. Ich konnte mich zwar fuer einzelne Betaetigungen begeistern und mich durchquaelen, doch eine Grundfitness war nicht vorhanden.

Mittlerweile ist doch ne ganze Menge mehr drin. Auch an zeitlichem Aufwand, obwohl ich immer der Meinung war, dass ich fuer Sport keine Zeit oder Energie haette. Aber anscheinend ist das oft eine Frage der Prioritaet.

Wenn ich aber zurueck auf die Statistik einer Sportwoche blicke, dann sehe ich ein paar Zahlen, sonst nichts. Keine Wehwehchen, keine Gefuehle, nichts was wirklich zaehlt. Und erinnern kann ich mich auch schlecht, dafuer bin ich jeweils zu sehr in der jeweiligen laufenden Woche drin.

Von daher hier ein Memo an mich: So sah eine Sportwoche in deinem Leben im April 2022 aus!

Montag

Mein Plan hat sich geaendert, wie alle ca. fuenf bis sechs Wochen. Leider steht Treppensteigen nicht mehr auf dem Programm. Die liebe Treppe ist mir im letzten halben Jahr ans Herz gewachsen, fast woechentlich habe ich sie aufgesucht um sinnbefreit hoch- und runterzuwandern.

Eigentlich komisch, was einem so ans Herz wachsen kann, wenn man es oft genug macht. Ist das eine Art Stockholm Syndrom?

Jedenfalls wars das erstmal mit Treppensteigen und auch mit Skilanglauf. Bis zu meinem Lauf im Juli werde ich vor allem laufen. Macht ja auch Sinn, vom Laufdokus gucken wurde ich bislang noch nicht schneller oder ausdauernder.

Der Skitag wird im April ersetzt durch einen Lauftag und die Treppe durch eine huegelige Strasse, die es auf- und abzulaufen gilt. Laut meinem Plan kann ich das entweder Montags oder Mittwochs machen. Doch wenn ich geht, laufe ich die Huegelstrasse gerne schon Montags, dann habe ich es hinter mir.

Also Montag: Huegelstrassenlauf.

Anfang der Strasse, derzeit noch bis zum Sommeranfang gesperrt.

Die 21,1 km, die ich gestern gelaufen bin, sind meinen Beinen heute kaum anzumerken. Gestern wurde ich von Wadenkraempfen geplagt aber heute laufe ich einfach ohne groessere Sorgen erst bergauf, dann bergab. Klar, es ist anstrengend. Huegel sind fuer mich auch mental schwierig zu erlaufen. Schon am Fuss des Huegels meldet sich Genosse Schweinehund und gibt hilfreiche Ratschlaege: „Es ist jetzt schon so anstrengend und es geht noch viel hoeher bergauf. Guck – du kannst den Gipfel noch nicht mal sehen! Du solltest wirklich gehen, das waere die einzig vernuenftige Massnahme.“

Aber ganz langsam, Laufschritt fuer Laufschritt, kurbele ich mich jeden einzigen der fuenf Huegel hoch und wieder runter. Wenn es wieder bergab geht, freue ich mich ueber meine nicht-krampfenden Beine.

Bergab (Vordergrund), Berg (Hintergrund)

Das einzige, was heute nicht gut laeuft ist mein Schuhwerk. Letzte Woche befanden sich auf einigen schattigen Strassenabschnitten noch grosse Eisflaechen, daher griff ich auch diese Woche zu meinen Laufschuhen mit Spikes. Doch die Eisflaechen sind wie weggeschmolzen (harhar) – trotz der frischen -13 °C heute morgen scheint der Fruehling langfristig nur schwer aufzuhalten sein.

Bergauf, -auf, -auf.

Die Metallstifte unter meinen Sohlen geben den musikalischen Lauftakt vor mit lautem KRACK-KRACK-KRACK auf der mehr oder weniger versiegelten Schotterflaeche. Die naechsten Laeufe ueber werde ich also meine neuen, minimalistischen Laufschuhe einlaufen. Hoffentlich wird die Umstellung gut klappen – ich reihe doch eine ganze Menge Schritte aneinander und moechte nichts ueberlasten.

Bergauf mit Bremsstreifen auf der Strasse.

Ich beende diesen Lauf nach 5,8 km und ca. 200 Hoehenmetern mit einer ausgedehnten Bergabstrecke und fuehle mich wirklich gut und irgendwie erfuellt. Ist das ein Laeuferhoch?

Ich, noch ein wenig eingefroren aber irgendwie gluecklich.

Dienstag

Manche Dinge bleiben doch beim alten: Dienstag und Donnerstag sind weiterhin Doppelsporttage, die mit Krafttraining eingelaeutet werden. Die neue Routine durchlaeuft vier unterschiedliche Krafttrainingseinheiten, die sich alle 14 Tage wiederholen. Ein bisschen gemein ist das schon, so ist der Koerper immer frisch ueberrascht von der ungewohnten Bewegung. Aber wahrscheinlich ist das der Sinn der Sache.

Hanteln mit Bueropflanzen – Das Basilikum ist gut angewachsen.

Heute schwitze ich so stark auf meine Matte, dass ich sie anschliessend ein paar Stunden trocknen muss, bevor ich sie zusammenrollen und in meiner Bueroecke verstauen kann. Aber trotz der harten Anstrengung haben mir die Uebungen eigentlich ganz gut gefallen. Nur der Teeloeffel, mit dem ich mein Fruehstueck esse, scheint heute extrem schwer zu sein.


Spaeter am Tag steht noch ein saftiger Intervalllauf an. 15 Minuten langsam laufen zum Aufwaermen, dann 10 Wiederholungen a la zwei Minuten hart und schnell rennen und zwei Minuten langsam laufen. Abschliessend 10 Minuten langsam laufen zum Runterkuehlen. In Summe 65 Minuten.

Intervalllaeufe sind und bleiben sehr herausfordernd fuer mich. Wenn man mit einer gewissen Lauferfahrung eine bestimmte Distanz oder Zeit laeuft, dann kann man die Intensitaet so herunterschrauben, dass der Lauf nicht zu anstrengend wird. Aber zwei Minuten hart und schnell laufen bleibt zwei Minuten hart und schnell. Das faellt mir jetzt genauso schwer wie zu der Zeit, als ich maximal 2 Minuten am Stueck laufen konnte. Aber es steht auf dem Plan und moechte daher auch gelaufen werden. Eine Verletzung oder ein Notfall waeren natuerlich solide Gruende um die eine oder andere Uebungseinheit ausfallen zu lassen. Jedoch ist der einzige Grund, der mir heute einfaellt: „Ich mag nicht, das ist so anstrengend.“

Gut, dass es anstrengend wird, wusste ich auch bevor ich mich fuer einen 80 km Berglauf eingeschrieben habe. Letztendlich zahlt sich die Anstrengung aus, das steht fest. Und daher schnuere ich auch heute meine Laufschuhe und gehe raus. Es sind -5 Grad, aber wenigstens scheint die Sonne.

Die 15 Minuten Aufwaermlauf fallen mir erstaunlich leicht. Die 10 Intervalle sind wie zu erwarten hammerhart. Zwei Minuten lang hart hart hart, so hart es geht. Am Ende der zwei Minuten pfeife ich aus dem letzten Loch, nichts ist mehr rauszuholen. Doch die Beine sind an die Laufbewegung gewohnt und die zwei leichten Minuten jogge ich ganz gemaechlich dahin. Jedes Intervall aufs Neue bin ich erstaunt, dass ich nach den zwei leichten Minuten wieder zwei Minuten lang hart rennen kann. Vielleicht nicht ganz so schnell wie in den ersten Intervallen, doch die Beinbatterien scheinen sich wie durch Zauberhand in den zwei leichten Minuten ganz gut aufladen zu koennen.

Die beeindruckende Wetterfahne am Flughafen Whitehorse und neben bei die groesste Wetterfahne der Welt: Ein ganzes Flugzeug, eine restaurierte Douglas DC-3. Heute Suedwind.

Schon waehrend des Laufs merke ich, dass meine Oberschenkel ein wenig brennen. Zurueck im Buero auf meinem Hocker merke ich, wie die Muskeln zucken. Als wenn sie sich erst wieder in die richtige Form bringen wollen. Heute Abend gibt es viel Fisch und Gemuese und vor allem viel Schlaf. Morgen sehen wir weiter.

Mittwoch

Mein Koerper hat ueber Nacht ganze Arbeit geleistet: Meine Beine scheinen wieder einsatzfaehig. Nur die armen Aermchen haengen schlaff aus dem Tshirt und wollen nicht angehoben werden. Damit kann ich arbeiten. Zum Glueck habe ich einen Schreibtisch und eine Tastatur – ein Grossteil der Schwerkraft lastet nicht auf meinen Schultern.

Trotzdem, auch heute ist die Laufspeisekarte gut gefuellt mit einem 10 km Lauf. Zum Glueck nur 10 km – und ich haette nie gedacht, dass ich diesen Gedanken mal so formulieren wuerde. Jemand der 5 km laufen konnte erschien mir vor drei Jahren noch uebermenschlich fit. Uebrigens finde ich immer noch, dass 5 km laufen eine stattliche Leistung ist, daran hat sich nicht viel geaendert!

Fuer die heutigen 10 km brauche ich ein Ziel um meine Motivation zu foerdern. Ich waehle die Kaeseladenroute. Mit einem Extraschlenker komme ich auf 5 km pro Weg, passt perfekt. Ausserdem kann ich so meine liebe Treppe begehen. Das Wetter spielt mit, -2 °C und bewoelkt. Da kann ich getrost ohne Jacke loslaufen.

Treppe, dramatisch.

Der Weg runter in die Stadt zum Kaeseladen laeuft erstaunlich gut. Mein Oberkoerper und meine Arme sind ziemlich verspannt und verkatert, doch der Rest laeuft (ha!). Im Kaeseladen selbst kaufe ich ordentlich ein und verquatsche mich ein wenig. Der beladene Rueckweg faellt mir schwerer – liegt es an der Beladung oder daran dass ich etwas haette essen oder trinken sollen? Nach dem Treppenaufgang melden sich die Waden leicht, doch sie beruhigen sich wieder und fangen nicht an zu krampfen. Ich bin zufrieden, aber merke mir fuer die Zukunft, eine Trinkflasche mitzubringen wenn der Lauf 10 km oder laenger andauert. Vor allem, wenn sich die Gesamtlaufdauer durch Pausen noch verlaengert.

Donnerstag

Doppeldonnerstag steht an, dabei habe ich mich vom Doppeldienstag noch nicht ganz erholt.

Aber wie trainiert dafuer, 80 km lang bergauf und -ab zu laufen? Wahrscheinlich muss der Koerper lernen, trotz Ermuedung weiterzuarbeiten. Der naechste Ruhetag ist schon uebermorgen und der Geist ist willig und ist immer noch schrecklich neugierig, was alles moeglich ist, wenn man sich ausreichend herausfordert. Wenn der Geist willig ist, wird das Fleisch schon folgen.

Hanteln im Buero. Der Grossteil der Basilikumpflanzen ist in Jogurtbecher umgetopft worden.

Die ersten Wiederholungen der heutigen Kraftuebungen sind wirklich herausfordernd durch den Muskelkater, der sich noch in meinem System befindet. Doch interessanterweise wird es im zweiten Set schon weniger unangenehm. Ein gutes Zeichen dafuer, dass alles nur muede ist und keine Verletzungen drohen. Sogar der Schweiss fliesst nicht so uebertrieben wie am Dienstag! Aber sind ja auch andere Uebungen – vielleicht arbeite ich schon aktiv auf den Ruhetag hin?


Fuer den Laufteil des Tages steht eine Stunde Laufen auf dem Plan. Ich bin wirklich sehr muede und mag nicht. Trotzdem ziehe ich mich um und schnuere die Laufschuhe. „Ich mag nicht“ lasse ich nicht gelten. Ich laufe und gehe einen steilen Berg hinauf bis ich nach einiger Zeit am Haus meiner Freundin ankomme. Sie schliesst sich mir an und wir fuehren ein tolles, angeregtes Gespraech ueber Gott und die Welt. So wird der Fokus von meinen Wehwehchen gelenkt und wir haben einen wirklich tollen Lauf zusammen. Ausserdem laeuft sie mich noch zurueck zum Buero, so muss ich den Rueckweg nicht alleine angehen. Nach dem Lauf fuehle ich mich viel besser, sowohl mental als auch koerperlich. Zudem freue ich mich schon sehr auf meine Sportmassage spaeter am Nachmittag, die ich schon vor gut zwei Monaten gebucht habe. Der Masseur ist ein echter Fachmann und die Nachfrage ist gross.

Freitag

Fleischerfreitag steht auf dem Programm, aber vorher heisst es noch 45 Minuten laufen gehen. Letzten Freitag hat das nicht gut geklappt, die Waden haben schlimm gekrampft. Aber diese Woche hatte ich eigentlich wenig Beschwerden, da wird es bestimmt besser klappen. Um sicher zu gehen, waerme ich mich ein wenig auf mit dynamischen Dehnungsuebungen.

Das Wetter ist auch gut mit Morgensonne und -12 Grad. Kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen, oder?

Die ersten richtigen Fruehlingsboten sind schon da: Die Autos werfen sich in ihr Fruehlingsfell: Eine dicke Schlammkruste.

Anscheinend doch, denn es ist genau die gleiche Misere wie schon letzte Woche: Ein einizger Krampf. Lange Strecken muss ich gehen, ansonsten lauf-humpele ich vor mich hin.

Aber es ist gut, das jetzt herauszufinden, dass mein Koerper morgens so reagiert. Der Lauf wird auch um 6 Uhr morgens beginnen, bis dahin bleiben mir noch einige Wochen Zeit zu experimentieren. Sollte ich mich mehr aufwaermen? Oder Elektrolyte zu mir nehmen? Frueher aufstehen, damit mein Koerper nicht so geschockt ist von der ploetzlichen Belastung?

Auf Nebenwegen ist und bleibt es zunaechst Winter.

In 45 Minuten komme ich auf schlappe 5,1 km. Ist voll okay und sind immerhin 100 Meter mehr als letzte Woche.

Eine halbe Stunde nach dem Lauf fuehlen sich meine Beine uebrigens leicht und ausgeruht an wie schon seit langem nicht mehr. Ein bisschen veraeppelt komme ich mir schon vor. Aber ich werde schon noch herausfinden, wie ich meinem Koerper besser helfen kann, am Morgen in die Gaenge zu kommen.

Samstag

FREI! 🙂

Sonntag

Heute steht der bislang laengste Lauf des Jahres an mit 28 km. Nach wie vor sind uebliche und schoen gelegene Wege zum Laufen durch Schnee/Matsch/Eis oder einen beliebigen Mix daraus zum Laufen ungeeignet. Bleiben Landstrassen oder das Wildtiergehe zur Auswahl. Ich waehle das Wildtiergehe, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dort Matsch oder Eis das groessere Problem ist. Dann muss ich wohl zwei verschiedene Paar Schuhe mitbringen und vor Ort entscheiden, was die sinnvollere Wahl ist.

Auf dem Parkplatz des Wildtiergeheges steht schnell fest, dass es noch die Schuhe mit den Spikes sein muessen. Die Wege sind teilweise noch mit Eis und Schnee ueberzogen. Ich ziehe sie also an und trotte los. Doch leider stellen sich relativ bald zwei Probleme heraus: Zum einen ist laufen auf den Wegen derzeit fast unmoeglich durch tiefen, aufgeweichten Schneematsch oder weichen Schotter-Schlamm-Mix. Zum anderen krampfen die Waden und es treten auch leichte Taubheitsgefuehle in den Fuessen auf. Nach einer Runde von knapp 6 km entscheide ich mich, dass es keinen Sinn macht, hier weiterzulaufen. Meine derzeitige Mission ist nicht, mich ueber instabile Untergruende fortzubewegen, sondern lange Zeit in einer Laufbewegung zu bleiben. Und das ist hier kaum bis gar nicht moeglich.

Wapitihirsche, von hinten.

Ich steige also wieder in mein Auto ein und fahre zur naechstgelegenen Tankstelle und gleichzeitig zur Muendung der hiesigen Landstrasse zum Highway. Die Landstrasse ist auch gut huegelig und frei von Schnee und Eis. Laufen kann ich hier, auch wenn ich eher ungern auf Strassen laufe. Aber die Alternative waere, den Lauf abzubrechen und das moechte ich noch weniger.

Bisons, leise und tief grunzend.

Auf der trockenen Strasse laeuft es sich viel besser als im Wildtiergehege, soviel steht schnell fest. Aber auch hier verfolgen mich die Wadenkraempfe und Taubheitsgefuehle nach kurzer Zeit wieder. Ich versuche Strecken zu gehen, Halt zu machen um mich zu dehnen und die Schuhe lockerer zu schnueren. Natuerlich nehme ich auch Elektrolyte und Kalorien zu mir. Aber es ist der Stand der Dinge. Ich ergebe mich und mache einfach, so gut ich kann.

Strasse. Wo kein Gehweg ist, da lauf ich links!

Nach knapp 13 km entscheidet sich mein Koerper ploetzlich, dass das Krampfen nichts bringt und ploetzlich fuehlen sich meine Beine ganz wunderbar an. Die restlichen 15 km verfliegen im Nu, sodass ich fuer die insgesamt 28 km 3:38 Stunden brauche. Die ersten 14 km kosteten mich 2 Stunden, die zweiten 14 km dann ploetzlich 22 Minuten weniger.

Strasse, kurz vor dem ersten Hagelschauer.

Aber vor allem ist wichtig, dass ich ohne grosse Erschoepfung und flott ins Ziel gelaufen bin. Ganz ohne Blasen, wunde Stellen oder Schmerzen.

Strasse. Niederschlag zieht auf, aber macht die Szenerie wenigstens interessanter.

Das unterstreicht nochmal die Erkenntnis von Freitag, dass ich mich der Wadenkrampferei dringend annehmen muss. Magnesium und Kalzium nehme ich schon zusaetzlich. Und wenn ich in meiner Mittagspause laufe, ist Krampfen kein Thema. Also vermute ich, dass ich mich besser aufwaermen muss vor einem Lauf, der relativ frueh am Morgen stattfindet.

Ich habe in den letzten Wochen auch ein paar Kilos zugenommen, wahrscheinlich machen sich die Schilddruesenhemmer bemerkbar. Koennte es sein, dass das zusaetzliche Gewicht meine Waden sehr stresst?

Wieder Zuhause schreibe ich meiner Trainerin und bitte um Rat. Sie antwortet zeitnah, dass sie mir Videos mit Aufwaermuebungen zuschicken wird. Fuer das Training ab kommenden Freitag ist also schon vorgesorgt. Und falls die Problematik dann wieder auftritt, probiere ich etwas anderes. Bis zum Juli werde ich das passende Puzzleteil gefunden haben!

Wochenstatistik

Was von der Woche uebrig bleibt:

  • Gelaufene Distanz: 66.4 km
  • Gelaufene Zeit: 8:35 h
  • Hoehenmeter auf und ab: 702 m
  • Krafttraining: 2 Einheiten, 54 Sets, 1:33 h

Jetzt bin ich wirklich froh, dass ich meine Gedanken dazu zusaetzlich festgehalten habe!

Habt eine gute Woche 🙂

Gastbeitrag – Auf neuen Wegen

Wenn ich Besuch von Freunden aus Deutschland hatte, fragte ich regelmäßig, ob der Besuch einen Gastbeitrag aus deren Perspektive verfassen will.

Jetzt hatte ich schon länger keinen Besuch, aber meine Freundin und Nachbarin Berenike beschloss, in ihr Heimatland Deutschland zurückzukehren. Sie hat tatsächlich zugestimmt, einen Beitrag zu verfassen. Ganz lieben Dank dafür!

Wir hatten eine schöne Zeit gemeinsam im Yukon, seht selbst wie wir uns über meinen Monster-Osterzopf gefreut haben.

Berenike, ein monströses Hefegebäck und ich.

Während ich weiterhin sehr glücklich bin, hier zu sein, führte sie ihr nächster Schritt zurück über den Atlantik. Ihre Entscheidung finde ich sehr mutig und ich wünsche ihr vom Herzen alles Gute.

Am besten lest ihr aus ihrer Feder:


Seit genau vier Wochen bin ich nun wieder in Deutschland, nach dreieinhalb Jahren in denen mein Leben im Yukon statt fand. Dort lebte ich auf einem benachbarten Grundstück von Luisa, ebenfalls im Tiny House gemeinsam mit Partner, Hund und Ziege.

Das letzte Jahr über merkte ich, wie sehr ich meine Familie in Deutschland vermisse, gerade da meine Schwester einen Sohn bekam und meine Verwandten dadurch noch mehr zusammen wuchsen. Ich hatte richtiges Heimweh (es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich dieses Gefühl so deutlich spürte, davor war ich immer die „Nestflüchterin“ und war schon als junges Kind viel unterwegs).  Durch den Corona Virus und die Reiseeinschränkungen war es unabsehbar wann ich (wie so viele andere) wieder in die Heimat reisen kann. Im August war dann ein Besuch möglich, doch das Heimweh wurde dadurch nicht gestillt, sondern zu meinem Erschrecken gestärkt. Zurück in Kanada gab mein Herz mir ziemlich deutlich den Weg vor, den es zu gehen galt und trotz sehr schmerzlichen Abschieds ging es wenige Wochen später zurück nach Deutschland- dieses Mal mit gepackten Koffern.

Im Flieger über nordwestamerikanischen Bergketten.

Seit dem Moment in dem ich in meinem Geburtsort ankam, empfingen mich offene Arme, Herzen und Haustüren. Es erfüllte mein Herz mit tiefer Dankbarkeit und Liebe zu sehen, wie viele Menschen sich freuen, dass ich wieder in der Nähe lebe. Allen voran meine drei Patenkinder, mit denen ich nun viel Zeit verbringen darf, nachdem ich drei Jahre in ihren kurzen Leben verpasst hatte.

Entspannen im Kajak.

Ich bin sehr dankbar für die wundervolle Lebenszeit, die ich im Yukon verbracht habe und für die tiefen Verbindungen zu Menschen, Tieren und der atemberaubenden Landschaft.

Reiten im deutschen Wald.

Falls ihr euch irgendwo hingezogen fühlt, sei es ein Land, eine Person, ein Abenteuer, ist mein größter Rat einen Schritt darauf zu zugehen. Ich habe gelernt, dass meine Intuition der beste Kompass ist und mein Gefühl mir ziemlich genau sagt, was nun dran ist.

Berenike und Neffe genießen den Moment.

„Wohin du auch gehst, gehe mit ganzem Herzen“

Sommer

Rasch, rasch

Mit dem Kescher

Fange die Momente ein!

Gruen und wuchernd,

Rot und voll,

Bunt und wuselnd,

Gold und warm.

Davon hat’s noch nicht genug –

Muss doch reichen

Fuer die Tage

Wenn die Sterne wieder strahlen.

Wenn die Nasenhaare frieren,

Wenn der Ofen wieder brennt.

Dann, nur dann

Spinn ich die Faeden

Der fluechtigen Waerme

In ein seelenwaermendes Garn.

Essbare Blueten in Garten: Kornblumen, Veilchen, Stiefmuetterchen, Katzenminze.
Mein Rucola blueht und ich finde die weissen Blueten so wunderschoen.
Reiche Ernte: laenglich-blaue haskap berries oder Honigbeeren.
Selbst die Bergziege im Tiergehege zieht das Winterfell aus.
Malen mit Filzstiften: Der Takhini River.
Mein Gemuesegarten samt Regenbogen.
Im Ueberfluss wachsende highbush cranberries, eine Art des Schneeballs.
Auf der Hauptstrasse in Whitehorse: Fussgaengerueberweg in deutschen Nationalfarben.
Ich versuche mich an Stand Up Paddling – Paddeln im Stehen.
Arma, guter Laune beim Spaziergang.
Senfblueten in meinem Feld.
Fireweed (Weidenroeschen) in meinem Haferfeld.
Sahne schlagen ohne Strom mit Akkubohrmaschine.
Das Ergebnis: Haskap-Mohn-Eiscreme, selbstgemacht.
Selbstgegrillte Pizza mit Salami, Zwiebeln, Kaese, eingelegten Gurken, eingelegten Pfefferschoten und Dill.
Ich, bemehlt, beim Pizza backen.
Arma und ich machen Pause vom Wandern auf einer Steilwand.
Lohnende Aussicht mit Berg und Tal.

Der Lauf

Schliesslich war es soweit, der Tag meines Laufes.

Da 2020 der Sommer im Yukon ausgefallen ist, war es mit 27 °C der heisseste Tag in zwei Jahren. Dafuer konnte niemand trainieren, man musste es einfach so hinnehmen.

Am Vortag des Laufes hiess es Startnummern abholen und zwei Haftungsausschluesse unterzeichnen. Anschliessend versuchen zu schlafen.

Tyrel’s Wecker klingelt. Sein Startschuss ist um 6 Uhr morgens, da er den ersten Teil des Laufes uebernimmt. Ich raufe mir die Haare, waehrend er schliesslich um 5:38 Uhr das Haus verlaesst und noch ne ganze Ecke zu fahren hat. Aber auch nach 6 Uhr bekomme ich weder Nachricht noch Anruf von ihm, daher gehe ich davon aus, dass er gerade noch rechtzeitig angekommen ist.

An Schlaf ist fuer mich nicht mehr zu denken. Ich mache langsam, esse mein Standardfruehstueck, das mir noch nie quer im Magen lag: Haferflocken, gefrorene Heidelbeeren, Mandelmuss, Konfituere, 85 %ige Schokolade, gehobelte Mandeln, Apfel, heisses Wasser. Eigentlich gehoert noch kaltgepresstes Oel dazu, aber darauf verzichte ich heute. Seit dem Aufwachen trinke ich Wasser mit Elektrolyttabletten. Bei 27 °C werde ich bestimmt viel schwitzen.

Ich kontrolliere nochmal, ob ich auch alle vorgeschriebenen Gepaeckstuecke mitfuehre und packe mir grosszuegig Essen ein. Die 1,5 Liter Wasser, die ich mitfuehre, enthalten auch Elektrolyte.

Ab ins Auto, zum Staffelwechselpunkt.

Mein Handy klingelt, es ist Tyrel. Er musste aus dem Rennen ausscheiden. Nach dem ersten halsbrecherischen Anstieg ging es nach Kilometer 17 genauso steil wieder bergab. Da entschieden sich seine Beine, den Dienst zu verweigern und nicht mehr mit dem Krampfen aufzuhoeren. Tyrel hievte sich zurueck bergauf zur letzten Verpflegungsstation und wartete auf den Ruecktransport zum Staffelwechselpunkt.

Ich verspuere ein bisschen Genugtuung und Erleichterung. Erleichterung, weil ich meinen Teil noch laufen kann, aber ausserhalb der Wertung und ausserhalb jeglichen Drucks. Genugtuung, weil Tyrel den Lauf nicht richtig ernst nahm und jetzt die Quittung dafuer bekam. Ja, er ist vom Typen her sehr sportlich. Aber wer fuer diese Art von Lauf nicht trainieren und auch waehrend des Laufs Kalorien aufnehmen moechte, der bekommt halt die Quittung dafuer. Trotzdem freue ich mich, dass es fuer ihn ein positives Erlebnis fuer ihn war und es Spass gemacht hat, obwohl er dem ganzen sehr skeptisch gegenueber stand.

Kurz nach 10 Uhr komme ich am Zielort an und schildere die Situation dem Veranstalter. Ja, ich kann meinen Teil noch laufen und ja, ich brauche nicht bis 13:30 h warten. Das ist die Zeit des Massenstarts fuer den zweiten Teil, fuer alle Teilnehmer, deren Staffelpartner es nicht rechtzeitig ins Ziel geschafft hat. Um 11:30 h wuerde eine Laeuferin den zweiten Teil alleine starten, da ihr Staffelpartner krankheitsbedingt den ersten Teil nicht antreten konnte. Bis dahin klatsche ich den eintrudelnden Laeufern Beifall.

Ich, Startnummer 164, vor dem Start.

Gegen 11 Uhr verschwinde ich zum Pinkeln ins Gebuesch und kurz darauf trifft Tyrel staksenderweise ein. Leider hat er seinen Zeitstab, mit dem bei jeder Verpflegungsstation die Zeit festgehalten wird, einem Helfer gegeben, der nicht wieder auftaucht. Um 11:15 h bekomme ich das Okay, dass ich auch ohne Zeitstab starten darf, ist ja eh ausserhalb der Wertung. Die partnerlose Laeuferin steht schon bereit. Ob wir schon jetzt starten wollen? Na klar!

Schnell druecke ich Tyrel meine Wasserflasche in den Hand und einen Kuss auf die Lippen trotz seiner Abneigung gegenueber oeffentlichem Zurschaustellen von Liebkosungen, starte die Strecke auf meiner GPS Uhr und duese los.

Ich auf den ersten Schritten des Laufes.
Los geht’s fuer mich mit unerwartetem Elan.

Die ersten 10 Kilometer sind mal steil, mal eben, mal schlammig, aber laufbar. Mir geht es prima, ich kann kaum fassen, dass ich endlich das Rennen laufe, fuer das ich mich im Dezember 2019 eingeschrieben habe! Der erste Teilabschnitt endet mit einer Flussdurchquerung, die Abkuehlung ist wirklich noetig. Auch meine Kopfbedeckung tunke ich in das kuehle Schmelzwasser. Ein Fotograf faengt mich mit seiner grossen Linse ein, ich sehe sein oder ihr Gesicht gar nicht.

Nach der Fluessquerung faellt mir ein, dass ich eigentlich eine Verpflegungsstation davor erwartet hatte aber keine gesehen habe. Sollte ich zurueck gehen? Nein, ich habe noch ausreichend zu essen und trinken.

Anschliessend geht es bergauf, bergauf, bergauf, bis ich mich oberhalb der Baumgrenze auf meinem lieben Hochplateau wiederfinde.

Mein Weg zwischen Weidenbueschen, im Hintergrund Berspitzen.

Ich liebe diese Gegend, trotz der Anstrengung strahle ich weiterhin.

Strahlefrau auf Hochplateau.

Trotz der schoenen Aussicht ist es unglaublich heiss ohne Schatten, der Anstieg zieht sich ewig und ich laufe in einer Wolke Muecken und auch Kriebelmuecken, den black flies. Der Temperatursensor meiner Uhr zeigt auf dieser Strecke 37 °C an. Ich mache langsam, teile mit Kraefte und Wasser ein und schiesse dann und wann ein Bild.

Alpine Seen und schneebefleckte Berge.
Die Erschoepfung manifestiert sich in meinen zweifelnden Augenbrauen.

Schliesslich laufe ich ohne Weg in der hochalpinen Landschaft. Zum Glueck ueberholen mich hier relativ viele Laeufer, die den Weg besser kennen als ich. Die pinken oder orangenen Faehnchen der Wegmarkierung sind nicht immer einfach zu erkennen.

Pinkes Faehnchen im Vordergrund, schnellerer Laeufer im Hintergrund.

Endlich, endlich ist der erste Berg ueberwunden und es geht bergab ueber einen beliebten Pferde- und Wanderweg. Leider bin ich nicht allzu trittsicher auf diesem steilen, ausgewaschenen, steinigen Weg und auch viel zu ueberhitzt. Ich konzentriere mich so gut es geht und laufe so schnell es eben geht, was immer noch ziemlich langsam ist.

Am Ende des Abstieges endlich – die Verpflegungsstation. Eine liebe Helferin bittet mich, meine Kappe abzunehmen, damit sie mir eiskaltes Wasser auf den Kopf schuetten kann. Mein Gehirn zieht sich zusammen, das war wirklich noetig. Eine andere Frau fragt mich, ob sie mir eine Banane oder Mandarine schaelen soll. Ich starre sie nur wortlos an und bemuehe mich, meine Wasserflaschen auffuellen zu lassen, Elektrolyttabletten reinzuschmeissen, sie leer zu trinken und wieder aufzufuellen. Am Ende verlasse ich die Station mit zwei Flaschen Wasser/Elektrolyt und einer Flasche zuckrigem Sportgetraenk, sowie einer Banane. Ungeschaelt.

Mir ist ziemlich schlecht, daher gehe ich einfach einen Schritt nach dem anderen. Ein Mitlaeufer bei der Verpflegungsstation musste sich in einen Klappstuhl setzen und ausruhen, seine Beine haben sehr gekrampft. Meine Beine sind noch relativ beschwerdefrei und dass, obwohl meine Zehen heute morgen Zuhause noch, voellig untypisch, gekrampft haben.

Einen Schritt nach dem anderen, vorbei an Badegaesten und Familien am See. Einige jubeln mir zu. Eine junge Mutter fragt, wie es mir geht. „Mir ist speiuebel!“ Sie raet mir, meine Kappe doch nochmal in den See zu tunken, dem Rat folge ich. Obwohl die Schotterstrasse breit ist und nur leicht bergauf geht, gehe ich schnell anstatt zu laufen. Ich kenne das kommende Teilstueck und das ist haarstraeubend steil bergauf! Vor dem Anstieg erhalte ich die Moeglichkeit, mich mit Insektenspray einzunebeln. Eigentlich bin ich in der Hinsicht relativ unempfindlich, doch der fehlende Wind treibt einen in den Wahnsinn. Alle paar Sekunden fliegt mir eine Kriebelmuecke ins Ohr oder setzt zum Kamikazeflug in meine Atemwege an. Das Insektenspray klebt an meiner Haut, aber haelt die weniger mutigen Exemplare auf ein paar Zentimeter Abstand.

Es geht bergauf. So steil, dass ich dankbar bin, wenn ich mal wieder ueberholt werde. So muss ich mir auf dem schmalen Weg eine Moeglichkeit suchen, sicher Platz zu machen und dann zu warten, bis ich ueberholt bin. Dann wird es so steil, dass ich auch ohne Ueberholer Halt machen muss zum Verschnaufen. Nichts geht mehr. Aber die Aussicht auf den See, dessen Wasser laengst wieder aus meiner Kappe verdampft ist, die ist schoen.

Verschnaufpause mit Seeblick.

An mancher Stelle muss ich auf allen Vieren klettern um voranzukommen. Ein Schritt nach dem anderen, ein Handgriff nach dem anderen.

Steilwand und gleichzeitig mein Weg.

Fuer diesen Kilometer Anstieg brauche ich 35 Minuten!

Irgendwann flacht die Strecke ab, verlaeuft aber wieder auf unwegsamen Bergruecken. Langsam kennt man den Drill.

Aussicht auf Whitehorse

Die kommende Verpflegungsstation wird beschallt mit 80er Musik und bedient von zwei gut gelaunten Frauen im Bikini. Endlich kann ich meine Bananenschale loswerden, die ich den ganzen Anstieg hochgetragen habe und frage freundlich danach, ob mir eine Mandarine gepellt werden kann. „Natuerlich!“

Die schlimmsten Anstiege liegen hinter mir, doch vor dem Abstieg heisst es erstmal eine Runde auf einem Bergkamm drehen. Meine Zehen krampfen bei jedem Schritt und versuchen sich zu kruemmen. Ich bin fertig mit der Welt und alles tut weh. Laufen geht beim besten Willen nicht. Also gehe ich schnell. Es liegen noch 27 Kilometer vor mir. Wie ich die bewaeltigen soll, keine Ahnung! Meine schlaue Uhr zeigt mir an, dass ich wahrscheinlich gegen 22:40 Uhr ins Ziel komme. Aber um 21 Uhr ist Ende der Veranstaltung!

Nicht denken, gehen.

Bergkamm mit erkennbarem Weg!
Einfach weiter gehen, die Landschaft ist bezaubernd genug.

Eine Oase und Ueberbleibsel des schneereichen Winters – auf der Nordseite des Bergkamms trotzt eine meterhohe Schneebank den sommerlichen Temperaturen. Ich stopfe so viel ich kann in meine Kappe und reibe meine Arme ein, dann geht es weiter.

Schneebank auf dem Weg.

Die Schlaufe ist gelaufen, ich fuelle meinen Wasservorrat bei den Bikinifrauen auf. Mittlerweile sind sie bei den 90ern angekommen, die Spice Girls plaerren aus den Laufsprechern. Weiter geht’s.

Es geht eine Weile auf einer losen Schotterstrasse bergab. Der Schotter ist zu lose fuer mich zum Laufen und selbst wenn es sich um Ashalt handeln wuerde, meine Zehen krampfen so sehr, dass ich mir fast eine Bergaufstrecke wuensche. Dann wandelt es sich zur Grasebene, sehr gut.

Das Laecheln sitzt nicht mehr so recht, doch ich bewege mich noch vorwaerts.

Ein Blick auf das Hoehenprofil der Strecke in meiner Uhr zeigt, dass der wirkliche Abstieg bevorsteht.

Der wirkliche Abstieg kommt und er ist grauenhaft. Schlammig, wurzelig, ausgewaschen, steil, direkt am Abhang. Nicht nur meine Zehen krampfen – alle Beinmuskeln stimmen in die Krampfsymphonie ein. Meine Fuesse werden wund, denn sie muessen mein Koerpergewicht immer und immer wieder gegen die Schwerkraft stemmen in nassen, schlammigen Schuhen und Socken.

Stehenbleiben ist keine Option. Wer soll mich hier denn runtertragen? Schritt fuer Schritt, Krampf fuer Krampf geht es weiter. Fotos mache ich keine, denn meine Konzentration ist zu 100% gefordert.

So geht es weiter und weiter, ich weiss nicht wie lange. Alles verschwimmt, es gibt keinen Start und kein Ziel mehr, keine Gruende. Es gibt einzig und allein den naechsten Schritt.

Dann wird der Weg wieder breiter und flacher, dafuer aber moorig.

Schlamm und Wasser, da bleibt kein Fuss trocken.

Nur noch ein paar Kilometer zur naechsten und auch letzten Verpflegungsstation, da wird der Weg wieder zu einer steilen Mountainbikestrecke. Ploetzlich stehe ich vor einem senkrechten Abfall, ca. anderthalb Meter tief.

„ERNSTHAFT?!“, rufe ich in den Wald hinein. Ich suche mir eine Stelle am Rand, damit kein Mountainbike in mich reinbrettert und rutsche auf meinem Hintern hinab. Die Strecke geht so froehlich weiter, bis sie auf eine breite Schotterstrasse muendet.

Dies waere jetzt echt laufbar, aber meine Beine haben laengst aufgegeben. Gehen klappt, also gehe ich. Meine Uhr hat ihre Meinung bezueglich meiner Ankunftszeit geaendert. Wenn ich stramm weiterwandere, koennte ich gegen 20:40 Uhr ins Ziel kommen – 20 Minuten vor Zielschluss!!!

Zwei junge Frauen stehen am Rand der Schotterstrasse und halten ein Schild hoch. Sie sind mit ihren Mountainbikes hier her gefahren um uns Laeufer anzufeuern. Bald erkenne ich auch die Aufschrift des Schildes: Kilometer 69 der Gesamtstrecke! Ich muss lachen.

Schliesslich erreiche ich die letzte Verpflegungsstation. Die freiwilligen Helfer rufen mir zu, wie toll ich aussehe. Dabei fuehle ich, wie mich der Mut laengst verlassen habe, ich stinke und verschlammt bin. Man klatscht mir einen Gefrierbeutel mit Eis in den Nacken, fuellt meine Wasserflaschen nach Wunsch auf (zweimal Wasser mit Elektrolyten, einmal Gatorade), ich bediene mich an Wassermelone, greife mir Mueslibaellchen, Tuetchen mit Gummikram und schaele mir eine Banane. Die Schale lasse ich da. Man reicht mir ein Eis am Stiel und ich ziehe weiter.

Ich kann zwar nicht mehr, aber es waere doch wirklich witzlos, 10 Kilometer vor dem Ziel aufzugeben, nur weil man nicht mehr kann. Ich konnte schon vor 20 Kilometern nicht mehr! Ausserdem wuerde es bestimmt laenger dauern bis ich Zuhause bin, wenn ich hier bleibe. Also weiter, einfach weiter. Der Eisbeutel klebt noch im Nacken, ich disponiere ihn unter meine Muetze, damit er nicht runterfaellt.

Eisbeutel unter der Kappe, Speiseeis im Mund.

Irgendwann zwischen Kilometer 36 und 37 muss ich pinkeln. Das erste Mal seit Beginn des Laufs. Gutes Zeichen, ich bin gerade nicht dehydriert. Aber wie soll ich das anstellen im lichten Wald und mit meinen Beinen im derzeitigen Zustand?

Ich schaue mich um – niemand in Sichtweite. Ich schaffe es einen Meter neben den Weg, ziehe meine Hose runter, kralle mich an einem Baumstamm fest und erlaube mir, in eine 90 ° Hocke zu gehen. Jetzt laufen lassen statt zu laufen, willkommene Abwechslung! Und dann die Schwierigkeit – wieder hochkommen. Ich stemme, ziehe und schreie, bis ich wieder stehe. Dann geht es weiter, einfach weiter.

Die letzten 8,5 Kilometer vergehen nicht. Zum ersten Mal seit dem ersten Anstieg waer der Weg wieder laufbar fuer mich, doch ich pfeife aus dem letzten Loch. Die Uhr zeigt weiterhin 8,5 verbleibende Kilometer an und gefuehlt vergehen Stunden. Ich muss mir etwas anderes anzeigen lassen, sonst werde ich wahnsinnig. Die Navigation! Die zeigt mir an, dass ich in 1,65 Kilometern links abbiegen muss. Und dann in 1,2 Kilometern rechts. In kleinen Schritten geht es voran. Doch langsam verliere ich die Fassung.

Ich, am Ende der Bereifung angekommen.

Beine ausreichend anheben, um nicht ueber die Wurzeln zu stolpern. Bisschen bergauf, bisschen bergab, egal, einfach weiter. Wenn du stehen bleibst, dauert es laenger, bis du Zuhause bist, als wenn du einfach weiter gehst. Guck mal, der Weg ist doch schoen. So wie du eigentlich gerne laeufst.

Schmaler Waldweg, so wie ich ihn gern mag.

Und stell dir erstmal vor, wie es sich anfuehlen wird, wenn du die Bruecke siehst, die die letzten paar Hundert Meter bis zum Ziel ankuendigt.

Jedes Mal, wenn ich mir die Bruecke vorstelle, schiessen mir Traenen in die Augen. Weiter, weiter, fuer dich, fuer deine Freunde, fuer alle, die du lieb hast und die nicht mehr laufen koennen, fuer alle, die dir Glueck gewuenscht haben und an dich denken.

Irgendwann ended der schmale Weg, jetzt laufe ich auf einem weiten Weg, der im Winter von Langlaufskifahrern genutzt wird. Ich weiss, jetzt ist es wirklich nicht mehr weit. Ein paar junge, kraeftige Kerle spielen Diskgolf und gruessen. Einer fragt mich, wie lange ich schon gehe. „In etwa die letzten 27 Kilometer.“ „Heilige Scheisse, so ne Strecke wuerde ich mich nur tragen lassen!“

Auf den letzten Metern vor der Bruecke laeuft eine Frau mit tiefer Stimme und taetowierten Beinen an mir vorbei. ICH KANN DIE BRUECKE SEHEN und fange an zu schluchzen und zu heulen.

Ein Veranstalter steht mit Sombrero auf der Bruecke, feuert uns an und gibt unsere Startnummern per SMS an die Leute im Ziel weiter. Auf dem letzten Anstieg geht die Frau nur ein paar Meter vor mir.

Dann ruft uns der Veranstalter zu, dass wir ins Ziel einlaufen sollten.

Fuer mich ganz klar, dass das nicht geht und schon seit 27 Kilometern nicht mehr drin ist.

Doch die taetowierten Beine vor mir fangen wieder an zu laufen und die tiefe Stimme ruft mir zu: „Komm schon Maedchen, lauf – du packst das!“

Mein Koerper stellt die Laufbewegung nach.

Nein, er LAEUFT!

Ich kann es nicht glauben, da ist das Ziel und ich laufe, alle jubeln, ich komme immer naeher, Tyrel ist auch da!!

Mein Zieleinlauf. Laufend.
Ich erklaere den Helfern, dass ich keinen Zeitstab habe.

Dann hab ich es geschafft. Ich bin im Ziel. Ich bin fassungslos, weiss nicht, wie ich diese wahnsinnige Strecke habe zuende bringen koennen. Und ich bin stolz und dankbar, dass mein lieber Koerper das einfach so mitgemacht hat.

Ich, angekommen.

Und so war der Lauf in Zahlen:

  • Laenge: 44,24 km
  • Hoehenmeter bergauf: 1261 m
  • Hoehenmeter bergab: 1479 m
  • Zeit: 9 h 24 min 35 sec
  • Durchschnittstemperatur: 29,8 °C
  • Durchschnittliche Herzfrequenz: 173 Schlaege pro Minute
  • Verbrauchte Kalorien: 4730 kcal
  • Anzahl der ueberholenden Laeufer: Unzaehlig
  • Anzahl der ueberholten Laeufer: Null

Habe ich ein Fazit? Ich weiss es gar nicht so recht.

Aber ich weiss: Ich wirklich froh um diese Erfahrung. Es hat mir in der Praxis aufgezeigt, was es heisst Mensch zu sein und was man leisten kann, wenn man wirklich will.

Danke fuers Mitfiebern! 🙂

Diskomfort

Mein Bergmarathon steht bevor. Oder kann man das ueberhaupt Bergmarathon nennen? Es werden 43,7 Kilometer, bergauf, bergab, teils ohne Weg, auf jeden Fall kraxelnd. Ich stelle mich darauf ein, bergauf zu gehen, Kraxelstrecken zu gehen und zu laufen, wenn mir danach ist und ich kann. Hauptsache vorwaerts. Hauptsache innerhalb der Zeitvorgabe beenden. Denn ansonsten kann ich mir gut vorstellen, dass ich mich einfach wieder anmelde, fuer naechstes Jahr.

Unerledigtes sollte man zu Ende bringen, stimmt mein Hirn zu.

Das Ausspaehen meiner Laufstrecke einen Monat vor Startschuss hat mich nicht unbedingt zuversichtlich gestimmt.

Schotter, Schnee und Schlamm.

Doch immerhin konnte ich Tyrel malerisch in Szene setzen.

Ehemann auf Hochebene vor Bergen.

Kurzum: Die Strecke, die ich in knapp vier Wochen laufen werde, ist noch nicht passierbar. Zum Glueck haben wir noch etwas Zeit fuer Tauwetter. Ausserdem bin ich langsam und kann beim Lauf in etliche Fussstapfen treten, hihi.

Im hinteren Bild schneit es, im vorderen Bild schauen Arma und ich auf die naechste Schneeverwehung, die es zu ueberqueren gilt.

Trotz allem freue ich mich darauf. Darauf, in dieser zauberhaften Landschaft zu sein, die den meisten Touristen verwehrt bleibt, da zu unzugaenglich. Und ich freue mich darauf, an meine Grenzen zu gehen.

Geschlossene Schneedecke auf einer Hochebene.

Genau drei Jahre vor dem bevorstehenden Bergmarathon habe ich angefangen zu laufen. Zu dem Zweck habe ich mir eine „Couch to 5k“ App (Vom Sofa zum 5 km Lauf) heruntergeladen. Die erste Woche bestand aus drei Einheiten, die alle sehr anstrengend fuer mich waren. Zuerst fuenf Minuten schnelles Gehen, dann im Wechsel 60 Sekunden langsam laufen und 90 Sekunden gehen. Die Einheiten steigerten sich langsam, sowohl der Lauf- als auch der Gehanteil wurde laenger. Ein lustiger Zombie sagte mir stets ueber meinen Handylautsprecher, wann ich zu laufen oder zu gehen hatte.

Dann erblickte ich den Plan fuer die dritte Laufeinheit von Woche fuenf des Plans. Hier sollte ich 20 Minuten am Stueck laufen! Fuer mich schien das damals einfach unerreichbar. Fieberhaft lies ich durch Internetforen dieses Laufplans. Hat es tatsaechlich schon jemand geschafft, nach nur vier Wochen diese 20 Minuten Dauerlauf zu knacken?

Arma und ich bahnen uns den Weg durch Weiden und Weite der Tundra.

Ja es ist moeglich. Der Koerper ist vorbereitet. Auch wenn man sich es nicht zutraut, es ist moeglich. Ein Forenbeitrag behauptete sogar, wenn man es schaffte, diese 20 Minuten zu laufen, dann kann man mit Training und Zeit jede Distanz laufen, die man sich vornimmt.

Manch Langstreckenlaeufer glaubt, dass solche Rennen im Kopf und im Magen entschieden werden. Wenn die Beine krampfen und sich die Welt gegen einen vorschworen hat mit dieser unmoeglichen Aufgabe – Setzt man den naechsten Schritt?

In den Bergen gelten andere Gesetze als bei Strassenmarathons. Dabei will ich noch nicht mal von Schnee oder Baeren anfangen, die gibt es hier gratis dazu, wenn man Pech hat. Nein, es ist stimmiger fuer mich. Wenn ich in der Stadt laufe, frage ich mich, warum zum Teufel ich nicht den Bus nehme. Doch wenn ich durch Baeche und ueber Bergruecken stakse, fuehle ich mich verbunden mit der Natur und begreife mein Leben als Teil vom Ganzen. Dann macht auch der Diskomfort sinn. Er hat einem diese wunderbare Landschaft erst erschlossen. Und auch wenn wir ihm so oft wie moeglich aus dem Weg gehen, macht er doch erst Wachstum und Evolution moeglich!

Arma und die Tundra.

Ich weiss nicht, ob ich diesen Lauf beenden kann. Aber es zu versuchen, das reizt mich mehr, als die Unsicherheit abschreckt.

Um Miffy, den Sherrif von Nuttingham zu zitieren:

LASST ES UNS HERAUSFINDEN!!

🙂

Huehner und Landschaft

Meine Oma hat mir gesagt, dass sie jetzt auch meine Blog-Bilder im Internet sehen kann. Das nehme ich doch gleich zum Anlass, neue Bilder hochzuladen.

Viel Neues zu erzaehlen gibt’s nicht. Ich fahre Ski und verbringe gern Zeit mit den Huehnern.

Fangen wir also mit den Huehnerbildern an.

Vier Hennen auf der Stange. Von links nach rechts: Icicle, Flurry, Moonlight, Coco.
Morgensport muss sein: Icicle streckt das rechte Beinchen samt Fluegel.
Hahn Daisy beaeugt Apfelspalten.
Der Kopf von Henne Icicle geht nahtlos in den Koerper ueber – ein Hals scheint nicht vorhanden.
Henne Brave hat in meinen Augen den perfekte Huehnerkoerper. Buschiger Hintern, kurze Beinchen, irrer Blick!
Apropos irrer Blick: Icicle streckt den nicht vorhandenen Hals und starrt.
In Grautoenen und schwarz-gruen schimmern die Federn.
Huehnerfarbenpalette und Bernsteinaugen.

Soweit zu den Huehnern. Bislang scheinen sie die Kaelte gut zu ueberstehen und legen sogar noch Eier. Alle Nachbarshuehner, die unter natuerlichen Winterbedingungen hausen (keine kuenstliche Beleuchtung und keine Beheizung), legen seit Wochen keine Eier mehr. Das sei ihnen gegoennt, im Fruehling geht es dafuer wieder voll los. Im Gegensatz zu den Industriehuehnern legen die natuerlich gehaltenen Huehner der alten Rassen dann auch ca. acht Jahre lang Eier statt nur zwei Jahre der Hoechstproduktion.

Ski fahren macht weiterhin viel Spass. Ich falle noch regelmaessig, vor allem wenn es bergab geht. Aber solange ich einmal mehr aufstehe, als ich hinfalle, passt es schon. Ganz ohne Motorenlaerm, abseits der festgetrampelten Pfade, erlebe ich diesen Winter bislang ganz intensiv.

Nebensonnenuntergang.
Ausblick ueber frostige Nadelbaeume.
Die Abendsonne leuchtet mir heim.
Abendstimmung in den Bergen.
Der letzte Gruss der Sonne.
Scherenschnitt-Baeume vor farbigen Wolken.
Meine Lieblingswinterabendfarbe: Terracotta.
Strahlender Sonnenschein ueber Glitzerschnee.

So, jetzt muss ich wieder Bilder sammeln gehen. 🙂

Wobei sich das als schwierig gestalten duerfte, denn im Dezember arbeite ich auch samstags. Der Fleischer braucht gute Wuerste und Pasteten fuer kauflustige Weihnachtsfeinschmecker. Aber vielleicht ziehe ich dafuer einfach mal in der Mittagspause los – das wenige Sonnenlicht, das mir im Dezember zur Verfuegung steht, moechte schliesslich genutzt werden!

Habt einen schoenen Dezember. Egal wie nervig manche Umstaende sein moegen: Jeder Tag ist einzigartig. Die Sonne wird nie wieder auf die gleiche Art auf- und untergehen. Wir werden nie wieder die gleiche Gesellschaft um uns haben auf die gleiche Weise. Alles veraendert sich. Daher lohnt es sich, dankbar zu sein. Jeden Tag. Denn irgendwas findet man immer, wenn man sucht.

Mit hat dieser Gedankengang in den letzten Wochen sehr geholfen, daher wollte ich ihn gern teilen. 🙂

Weiterhin weiss.

Was macht man mit zehn zahmen Ziegen?

Natuerlich – man laesst sie zehn Zentner Zucker zum Zoo ziehen, redet drueber, verbessert dabei die eigene Aussprache und macht Logopaeden gluecklich.

Was macht man aber mit nur einer zahmen Ziege?

Man laesst sie einen anderthalb Zentner Anfaengerskier in die Boeschung ziehen.

Ziehende Ziege, zieht wohin sie will.
Oftmals landet der Ziegen-Skijoring-Versuch mit dem Sieg der Gravitation ueber meine fragile Balance. Die Empathiefaehigkeit der Ziege scheint trotz Zahmheit begrenzt.

Nach Muskelkater vom Lachen und blauen Flecken steht fuer mich fest, dass ich ohne Zugziege doch etwas sicherer auf meinen Fussbrettern dahingleite.

Ski allein under the power line.

Ansonsten ist es derzeit nicht mehr ganz so kalt, die Minusgrade sind nur noch einstellig. Fuehlt sich fruehlinghaft an, laesst den Schnee aber genauso teilnahmslos weiterliegen wie bisher.

Winterpanorama
Der breite Fluss (links im Bild) ist fast gaenzlich zugefroren.
Schnee auf Zweig vor noch mehr Schnee.
Ein Schneehund – Arma liebt es weiterhin, unter der Schneedecke nach Stoeckern zu stoebern.

Habt eine gute Woche!

Jahreszeitenwechsel

Im deutschsprachigen Internet kursieren derzeit die schönsten Herbstbilder. Da möchte ich natürlich mithalten.

Es folgen einige Bilder von meiner Jahreszeit im Yukon.

Mitte Oktober, ich habe die Eingebung,dass der Winter jeden Moment über mir und vor allem den Hühnern zusammenbricht. Also baue ich einen Hühnerauslauf, der im nächsten Sommer als Gewächshaus dienen kann.

Tyrel kann meine Panik nicht verstehen, hilft mir aber nach Fertigstellung, den Hühner-Wintergarten an den rechtmäßigen Platz zu hieven.

Die ersten Schneeflocken fielen auf den Hühner-Wintergarten gleich in der ersten Nacht.

Seitdem ist es kalt. Und das durchgehend, abgesehen von zwei Tagen mit starkem Sturm aus Süden.

Die Winterboten sind nicht zu übersehen. Pinke Berge am Morgen, dramatische Sonnenuntergänge. Eisschollen, die den Fluss hinuntertreiben. Vereiste Wimpern nach einer Radtour.

Die Hühner lieben ihren Auslauf. Von Schnee halten sie eher wenig. Daher streue ich ihnen jeden Morgen ein paar Leckereien auf den strohbedeckten Boden. Körner und Samen, Mais und Rosinen müssen eifrig erscharrt werden. Oft gibt es dazu noch frisches Obst und Gemüse. Für kalte Tage habe ich selbst Kraftfutter hergestellt aus dem Scharrfutter und Fett aus ausgekochten Rinderknochen aus der Fleischerei.

Bislang scheinen meine fedrigen Freunde auch mit Temperaturen bis zu -23 °C ohne Heizung gut auszukommen. Alle haben ihre dicken Daunenjacken an und kuscheln nachts – das scheint ihr Geheimnis zu sein.

Seitdem das erste Ei gelegt wurde, gab es insgesamt nur drei eierlose Tage. An alles anderen Tagen fand ich ein bis drei Eier im Hühnerhaus. Noch legen nicht alle Hennen. Ich bin schon gespannt, wann ich das erste grün-blaue Ameraucana-Ei finden werde.

Arma scheint der Wintereinbruch genauso wenig auszumachen wie letztes Jahr. Und ich spezialisiere mich immer noch auf lustige Bilder von ihr.

Arma-Derp vor malerischer Winterlandschaft.

In den letzten Tagen ist viel Schnee gefallen, ca. 20 cm. Zum Fleischer bin ich trotzdem zur Arbeit geradelt. Es ist der einzige Weg, der mit 6,4 km genau richtig zum radeln ist. Im Gegensatz zu so ziemlich allen anderen Wegen im Yukon, für die man meist erst das Auto anwerfen muss. Daher weigere ich mich bisher standhaft, die Strecke das erste Mal mit dem Auto zu fahren.

Doch ich muss einsehen, dass es bei den Straßenbedingungen hier im Winter außerhalb der Stadt zu gefährlich ist, sich mit Autos und LKW die Straße zu teilen.

Also was tun?

Ich habe mir heute mein erstes Paar Langlauf Ski gekauft. Morgen werde ich die ersten Schritte darauf laufen. Und hoffentlich kann ich kommenden Freitag zum ersten Mal zur Arbeit Ski laufen.

Ski Heil!

Schneebehangene, boreale Nadelbäume.

Besinnung

Habe schon laenger nicht mehr gebloggt und schreibe daher heute ein Update zu mehreren Themen.

Arbeit

Tyrel hat eine neue Arbeitsstelle gefunden, weg vom Tourismus und mit Instandhaltung von Maschinen, was ihn interessiert. Zunaechst einmal bedeutet das natuerlich einen Einschnitt im Gehalt, aber ich bin froh, dass er endlich auf den Karrierepfad geraten ist, der ihn erfuellt und den er langfristig ausfuehren moechte. College ist zunaechst nicht mehr auf dem Plan fuer den Herbst aber die neue Firma scheint auch Moeglichkeiten zur Weiterentwicklung zu bieten, wenn man sich gut macht.

Ich arbeite noch fuer die Fluggesellschaft. Allerdings wurden meine Wochenstunden auf 30 reduziert. Als dies verkuendet wurde, wusste ich sofort, dass ich einen Minijob haben moechte fuer einen Tag in der Woche. Mal wieder was Neues lernen und machen, das war sowieso ueberfaellig.

Also habe ich mir Gedanken gemacht, was ich am liebsten machen wuerde, wenn ich es mir aussuchen koennte. Die Antwort darauf war relativ schnell klar: Ich wuerde gern in einer Fleischerei arbeiten. Nein, nicht bei Toennies. Sondern in meiner Lieblingsfleischerei, die ausschliesslich Fleisch von Tieren aus der unmittelbaren Umgebung verarbeitet und anbietet.

Beim naechsten Einkauf ein paar Tage spaeter habe ich meine Arbeitsabsicht kundgetan und sollte direkt den kommenden Freitag anfangen. Gesagt, getan. Seitdem arbeite ich freitags in der Fleischerei. Ich zerteile Organe, schneide Aufschnitt, poekel Speck, mache Wurst, raeuchere, verpacke und einiges mehr. Die Familie, die die Fleischerei betreibt, ist sehr lieb und die Arbeit macht Spass. Ausserdem lerne ich eine ganze Menge, das gefaellt mir immer gut.

Ich habe Spass mit dem hydraulischen Wurstfueller. Heute in der Herstellung: Boerenworst nach suedafrikanischem Rezept.

Huehner

Die Huehner sind gross, keine Anzeichen mehr von Kuekenzeit oder Halbstarken. Derzeit sind fuenf Haehne klar zu identifizieren – ich finde das reicht auch. Bleiben immer noch acht Hennen. Ein Hahn ist bereits umgezogen und lebt nun auf einem Biohof mit einem Harem Legehennen auf einer gruenen Wiese.

Ein letztes Kuscheln mit Hahn Clover.
Der Hahn im Korb. Hahn Clover mit ca. 30 Hennen.

Der Hahn, den ich gern behalten haette, hat mit der Zeit schiefe Zehen und somit Gleichgewichtsprobleme bekommen. So gern ich ihn habe, er wird zum Suppenhuhn werden. Schade drum. Aber es scheint ein genetisches Problem zu sein, da kein anderes Huhn aehnliche Probleme hat. Ich habe ueberlegt, ihn zu beerdigen, aber das fuehlt sich nach Verschwendung an. Wenn er gegessen wird, hat sein Leben beziehungsweise sein Tod mehr Sinn, wie ich finde.

Hahn Jumanji mit schiefen Zehen.
Huehner Jumanji und Brave helfen mir, Huehnerartikel von meinen Eltern zu praesentieren.

Auch sonst sind die Huehner munter und nach wie vor sehr menschenbezogen.

Huehner liegem gemuetlich vor dem ehemaligen Hundehaus, jetzt Huehnerbadehaus.
Morgendliches Geflatter im Auslauf nach Toroeffnung.
Der Klassiker: Verruecktes Huhn auf Schulter.

Laufen

Leider bin ich nicht wie geplant schon einen Marathon gelaufen.

Das Rennen hat ohne mich stattgefunden, trotzd der Pandemie. Die Regeln wurden stark veraendert um die Abstands- und Hygienevorgaben einzuhalten. Das hat dazu gefuehrt, dass es sich fuer mich nicht mehr nach Spass angehoert hat. Und Tyrel, mein Staffelpartner, wollte waehrend einer Pandemie nicht an einer Gruppenveranstaltung teilnehmen.

Ausserdem hatte ich eine gereizte Sehne im Fuss und habe ein paar Wochen vorher pausieren muessen. Nun ist alles wie neu und ich trainiere fuer meinen Bergmarathon 2021!

In diesem Sommer oder Herbst will ich trotzdem noch einen Marathon oder aehnliches laufen, wenn auch nicht ueber Berge. So weiss ich wenigstens, dass ich die Distanz stemmen kann und habe eine mentale Blockade weniger.

Da ich Ende April 80 km in einer Woche gelaufen bin, denke ich, dass es im Bereich des Moeglichen liegt.

Abschlussbild einer 80 km Laufwoche im April mit Arma und mir (daher der Schnee im Hintergrund).

Derzeit laufe ich ein- bis dreimal in der Woche, fahre aber viel Rad. Wenn es wieder kaelter wird, werde ich das Radeln wahrscheinlich wieder lassen – mit Fahrtwind ist es mir dann doch zu kalt.

Mein liebes Rad und ich halten eine Rast.

Arma

Leider hat Arma eine Autoimmunerkrankung entwickelt, die zu einer chronischen Entzuendung und Pigmentierung der Augenhornhaut fuehrt. Jetzt sind lebenslaenglich Augentropfen angesagt. Allerdings macht das die Augen empfindlicher fuer Verletzungen. Wir haben also eine schneidige Schutzausruesting besorgt.

Nasser Hund mit Schutzbrille wartet auf das Werfen eines Stoeckchens.

Um Arma mit auf ausgedehntere Wanderungen nehmen zu koennen, gewoehnen wir sie ausserdem an einen Hunderucksack.

Lasthund vor Bergkulisse.

Und sonst so

In der letzten Zeit ist mir klargeworden, dass die ganze Pandemie doch nicht spurlos an mir vorbeigegangen ist, sondern mich etwas aus der Bahn warf. Ohne, dass ich das zunaechst gespuert habe.

Jetzt habe ich es erkannt und bin dabei, meine Balance wieder herzustellen.

Dazu gehoert, dass ich mir mehr Zeit nehme, den Sommer zu geniessen, statt ausschliesslich schier endlosen Projekten nachzulaufen. Ich treffe mich mehr mit Freunden, gehe mehr wandern, zelte bei den Huehnern, lese ein spannendes Buch (Danke, Anke!). Ich rede darueber, was nicht rund laeuft und merke, wie viele Leute in meinem Bekanntenkreis aehnlich fuehlen.

Auch wenn ich die ganze Krise oft gern abschuetteln und belaecheln wuerde – das macht es nicht besser.

Stattdessen kann ich mir viele Fragen stellen. Wer bin ich, was ist mir wichtig, wohin geht die Reise derzeit, wofuer und wie kaempfe ich?

Alles wichtig, um nicht irgendwann aufzuwachen und zu bereuen. Und Reue-Minimierung ist meine erklaerte Lebensmaxime. Von daher bin ich dankbar, dass mir die Krise diese Chance zum Innehalten gegeben hat.

Meine erste Fahrt in einem Kajak. Hat viel Spass gemacht.
Der Weg ist das Ziel – vor allem in alpinen Hoehen.
Freie Sicht oberhalb der Baumgrenze auf ca. 1300 Hoehenmetern.

Ich glaube, das musste ich erst fuer mich klaeren, bevor ich diesen Blogeintrag schreiben konnte. Also danke fuer die Geduld!

Dass WordPress den Editor komplett geaendert hat und immer noch aendert, hat auch nicht unbedingt die Schreiblaune gefoerdert. Aber jetzt hab ichs ja geschafft.

Ich wuensche euch eine schoene Woche! 🙂