Monat: November 2017

Projekt Elchkanu Tag 4

Das konsequente Abspannen des Schlafplatzes mit Planen gestern hat dazu gefuehrt, dass der Rauch des Feuers genau in die Richtung meines Kopfes gewirbelt wurde. Die ganze Nacht ueber. Dementsprechend geraedert wache ich auf und registriere die sommerlich anmutenden 6 Grad mit maulwurfigen Augen.

Neben dem Schlafentzug ueberreicht mir Mutter Natur ein weiteres Geschenk: Ich habe meine Tage.

An dieser Stelle moechte ich nochmals auf den Besuch meines Bruders Anfang September verweisen. Hier praesentierte er mir die Frage, die ihm von Freunden/ Kollegen bezogen auf meine Person am haeufigsten gestellt wurde:

Wie macht sie das denn, wenn sie ihre Tage hat im Winter?!

An seiner Stelle haette ich ja direkt zurueckgefragt, wie das denn die Schwestern der Fragesteller macht, wenn sie ihre Tage hat… im Winter! 😀 Aber da es durchaus Leute zu beschaeftigen scheint, moechte ich gerne aus meinem Menstruationstaeschchen plaudern.

Schon im Jahre 2012 beschloss ich, der Damenhygieneindustrie ein Schnippchen zu schlagen und umzusteigen. Keine Binden mehr (verklebt und laeuft ueber) und auch keine Tampons (laeuft entweder ueber oder legt die Schleimhaeute trocken, wenn man nicht eine Blutungskurve vorliegen hat, an der man minutioes die Wechselintervalle anpassen kann).

Stattdessen benutze ich eine sogenannte Menstruationstasse aus Silikon. Die Vorteile haben mich total ueberzeugt!

  • Wiederverwendbar fuer ca. 10 Jahre -> spart eine Menge Geld und Muell.
  • Sehr scheimhautfreundlich, nichts wird ausgesaugt oder laeuft ueber.
  • Nur zweimal Ausleeren pro Tag.
  • Keine Duft-, Bleich- oder Schadstoffe werden an die Haut abgegeben.
  • Man spuert sie ueberhaupt nicht.

Fuer mich ist noch ein weiterer, entscheidender Vorteil, dass das Blut im Koerper gesammelt wird und so in der Wildnis keine hungrigen Baeren anlockt. Man kann es an einem Ort ausleeren, den man gleich wieder verlaesst.

Okay, das war der Exkurs. Nun zurueck zur Exkursion! 🙂

Obwohl ich aeusserst zufrieden bin mit meinem Blutungsmanagement, habe ich trotzdem aeusserst schlecht geschlafen und weiss nicht genau, wie ich den heutigen Paddeltag ueberleben soll. Aber zuerst beginnt dieser Tag eh wie jeder andere auch: Morgentoilette, Feuer mit Holz fuettern, Wasser im Topf holen und ueber dem Feuer platzieren, gewuenschtes Fruehstueck im Container platzieren (heute Ramen-Nudelsuppen) und darauf warten, dass das Wasser kocht.

Dann schliesslich kochendes Wasser in Behaelter giessen, Deckel druff, Container in warmer Jacke einpacken und warten, bis es einigermassen weichgekocht ist. Schliesslich essen, sitzend auf unseren kleinen, gelben Plastikkisten, hier milk crate genannt (zu deutsch: Milchkasten).

Tyrel reisst mich aus der Essseligkeit: „ELCH!! Ohne Witz!!!“

Tatsaechlich, am anderen Flussufer tritt aus dem Gebuesch… eine Elchin.

Beigeistert zuecke ich die Kamera und kann ein paar brauchbare Bilder schiessen, obwohl die Dame mit blossem Auge nicht so gut zu erkennen ist.

Tyrel ist damit beschaeftigt, seine persoenliche Interpretation einer riemigen Elchkuh durch die Gegend zu toenen, damit eventuell der Liebhaber der Elchin in Erscheinung tritt. Doch nichts geschieht, die Elchin zieht schliesslich weiter und wir wenden uns wieder der nun eher kuehlen Nudelsuppe zu.

Als wir die letzten Bissen verschlingen, zeigt sie sich noch einmal.

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Lady Elch stapft durchs Wasser und sucht anschliessend im flachen, pflanzigen Gewaesser nach Nahrung.

Einige Zeit noch verbringen wir mit Rufen – doch nichts tut sich. Noch eine Nacht hier verbringen moechte ich auf keinen Fall, nachdem ich so schlecht geschlafen habe. Also packen wir unsere Sachen und ziehen weiter.

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In den schnellfliessenden Aussenseiten der Kurven im Fluss finden sich immer haeufiger Klippen aus hellem Kies.

Das erste Mal halten wir, weil Tyrel eine kleine Flussmuendung entdeckt, in die kein Motorboot hinein fahren kann. So haben wir einen Vorteil mit unserer Kanu-Paddlerei, falls wir auf ein belebtes Elchgebiet stossen sollten.

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Ein kleines Rinnsal schlaengelt sich durch eine saftige Wiese, auf die die Sonne scheint.

„Jetzt muessen wir Geduld haben und rufen!“ stellt Tyrel fest. „Und sonst ganz leise sein!“ Wir setzen uns aufs Feld und warten und rufen und warten… und ich schlafe nach zwei Minuten ein.

Doch kein lauter Knall reisst mich aus meinem wohlverdienten Nickerchen, sondern Tyrel’s Einsicht, dass wir besser weiter ziehen sollten. Na gut, so lange es nicht allzu weit ist.

Als wir die naechste geeignete Bucht finden, wo Tyrel nach Elchen Ausschau halten moechte, mache ich klar, dass ich Schlaf brauche, um weiter paddeln zu koennen. Ich schnape mir einfach meine dicke Jacke und Tyrels Schwimmweste, die er ausgezogen hat, kraxle das Flussbett hinauf bis der Grund nicht mehr nass ist und lasse mich fallen. Kopf auf die Schwimmweste, Jacke als Decke und fertig ist das selige Nickerchen. Nach einer Stunde werde ich von selbst wach und frage mich, wie lange ich wohl geschlafen habe und wo Tyrel ist. Doch als ich mich aufrapple, sehe ich, wie er die Angelrute wieder im Kanu verstaut. „Kein Fisch beisst. Meinst du, du kannst weiter paddeln oder sollen wir lieber hier unser Lager aufschlagen?“ „Mein Akku ist wieder voller, lass uns noch paddeln.“

Schliesslich kamen wir noch auf 28 km am heutigen Tage und fanden einen schoenen Platz zum schlafen. Waehrend Tyrel sich ums Feuerholz bemuehte, ging ich den vielen Eulenrufen nach in den dunklen Wald hinein. Eine Eule kann ich fuer einen Augenblick sogar auf einem Baum sitzend entdecken, allerdings flattert sie schnell lautlos davon. Mit Hilfe meines Vogelbuches identifiziere ich sie schliesslich als great gray owl, zu deutsch Bartkauz. Ein grosses Voegelchen mit knapp 70 cm Koerperhoehe.

Unser Camp ist diese Nacht nicht komplett winddicht abgespannt und so kann der Rauch gut entweichen und wird nicht verwirbelt. Die Kaesemacaroni haengen mit mittlerweile wie zu erwarten zum Halse raus. Grossmuetig biete ich Tyrel den Rest meiner Portion an, welche er gern verschlingt.

Den Eulenrufen in der Nacht lauschend krabble ich tiefer in meinen roten Schlafsack und schlafe ganz friedlich ein.

Projekt Elchkanu Tag 3 (mit Bild von totem Vogel)

Nach einem unglaublich erholsamen Schlaf wache ich neben der alten Huette auf. Es ist so warm, dass ich in der Nacht meinen Schlafsack ein bisschen oeffnen musste, um nicht zu schwitzen. Der morgendliche Blick auf das Thermometer verraet, dass es dann doch nur 1 Grad ist. Fuehlt sich im Vergleich zu gestern morgen wie 10 Grad an!

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Neben einer verfallenen Holzhuette mit Grasdach schlief ich wie ein Baby. Nur unter einer aufgespannten Plane neben einem kleinen Feuer.

Diese Nacht lagen wir nicht beide direkt neben dem Feuer, sondern in der Reihe Feuer, Tyrel, ich. Dadurch lag die Verantwortung, das Feuer am Leben zu halten, ganz bei Tyrel. Oder fast, denn alle zwei Stunden erwachte ich in einen halbbewussten Zustand und leitete Tyrel an, mehr Holz ins Feuer zu legen. Rueckblickend wundere ich mich, warum ich diese Nacht trotzdem so selig schlief. Macht nichts, jetzt wird nach vorne geblickt!

Oder erstmal in die Plastikschuessel zum Fruehstueck. Der Reis ist zum Glueck vollstaendig verzehrt. Ab jetzt sind wir so lange Beilagenvegetarier, bis wir uns selbst etwas jagen. Immer noch stimmen mich die matschigen Kaesenudeln froehlich. Und selbst meine Eingeweide beschliessen, die althergebrachte Tradition der morgendlichen Defaekation wieder aufzugreifen, nachdem die letzten beiden Tage alles auf Streik stand.

Wie erledigt man nun seine Morgentoilette im Wald? Man schnappt sich einen Spaten, entfernt sich mindestens 150 Meter von der naechsten Wasserquelle und sucht sich ein schoenes Plaetzchen. Je nach Laune und Gegebenheiten kann man vielleicht einen dicken, parallelen Ast als Donnerbalken missbrauchen oder man koert ein leicht abschuessiges Gelaende zum perfekten Hockplatz. Dann heisst es buddeln. Da moechte niemand reintreten und auch die oertliche Fauna sollte nicht in Versuchung gefuehrt werden.

Nachdem der Hauptakt vollzogen wurde, verfuellt man die ausgehobene Grube, schnappt sich das beiseite gelegte, gebrauchte Klopapier und schmeisst es in die immer noch funktionstuechtige Feuerstelle. Und dann ist es schon Zeit, zusammenzupacken und sich in das Kanu zu begeben.

Nach kurzer Zeit faengt es an zu regnen, was fast den ganzen Tag ueber anhalten wird. Ich frage mich, ob das gruene Kanu wohl wieder Pause macht und nur bei gutem Wetter paddelt. Uns begegnet es jedenfalls nicht.

Die Zeit und Flusswindungen folgen ziehen sich langsam dahin. Wenigstens gibt es keinen bemerkenswerten Gegenwind, der uns noch zusaetzlich aergert. Paddel, paddel, paddel.

„Elch!!!!“ Fluestert Tyrel von hinten und gerade so sehe ich noch einen grossen Schatten ins Gebuesch huschen. „Das ist es! Schnell, wir muessen ans Ufel paddeln!“ Das ist bei der starken Stroemung des Flusses gar nicht so einfach. Aber mit vereinten Kraeften und einer Menge Geraeusch legen wir an. Tyrel schnappt sich die Flinte und wir schleichen uns an. Bedroeppelt stehen wir schliesslich dort, wo wir den Elch erblickten. Doch er war zu weit weg, als dass man ein Geweih haette erkennen koennen. Wir wissen also nicht, ob es sich um Maennlein oder Weiblein handelte. Also stehen wir im Regen und rufen. Rufen. Gehen umher. Und rufen. Nichts.

Wir sind heute noch nicht so lange unterwegs, als dass wir hier das Lager aufschlagen koennten, ausserdem gibt es auch keinen geeigneten Platz ohne Steine oder Sumpf. Zusaetzlich faehrt zweimal ein Motorboot an uns vorbei. Mit haengenden Schultern ziehen wir zurueck zum Kanu und paddeln fort.

Wenige Fllusswindungen spaeter treffen wir auf die Lagerstelle der Motorboot-Jaegergruppe. Gestern waren sie erfolgreich und haben einen Elch flussabwaerts geschossen. Heute versuchen sie ihr Glueck flussaufwaerts. Sie wollen unbedingt wissen, wie wir den Elch denn in unser Kanu puzzeln wollen, falls wir einen schiessen. Fuer diesen Fall haben wir ein kleines aufblasbares Ruderboot dabei, lassen wir sie wissen. Ersstaunt-unglaeubige Gesichter lassen wir zurueck, als wir den Fluss entlanggleiten. Und schliesslich hoert auch der Regen auf.

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Der Himmel ist aufgeklart ueber dem Fluss, jedoch wird es langsam dunkel.

Einen geeigneten Lagerplatz finden wir bei einem alten Goldgraebercamp. Nach 53 km vorwiegend regnerischem Fluss ist es schoen, fuer heute angekommen zu sein. Ein kurzer Rundgang auf schmalen Pfaden im Wald zeigt eine Menge zurueckgelassene Ausruestung aus vergangenen Zeiten.

Etwas weiter inland hoeren wir ein vertrautes, aufgescheuchtes Flattern ueber unseren Koepfen. Grouse!! Tyrel laeuft schnell zurueck zum Camp, waehrend ich das Federvieh im Auge behalte. Es scheint mich interessant zu finden, reckt den Kopf und gluckt vor sich hin, wechselt den Ast und beaeugt mich noch mehr. Tyrel ist wieder da mit der Schrotflinte und unser Abendessen ist bereichert.

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Das Huehnchen war sofort tot. Eine Schrotkugel hat zusaetzlich den Fuss getroffen.

 

Waehrend ich den warmen Vogel zerlege, wirft Tyrel die Kettensaege an und macht reichlich Feuerholz fuer den Abend, die Nacht und den Morgen.

Es ist sehr windig und regnet vielleicht bald wieder, der Himmel ist noch stark bewoelkt. Zur Sicherheit spannen wir eine Plane als Regenschutz ueber uns und zwei als Windschutz von der Seite. Das sorgt dafuer, das der Feuerrauch ziemlich herumgewirbelt wird, aber was soll man machen? Ich bin sehr muede und schlafe nach etwas Grouse mit Kartoffelbrei auch Kartoffelflocken bald ein.

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Unser Camp am naechsten Morgen: Drei Planen auf einer Anhoehe am Fluss bieten Schutz.

Projekt Elchkanu Tag 2

Ich wache auf und… mein Naeschen ist kalt. Das Feuer ist zum Glueck die ganze Nacht am Leben gehalten worden von Tyrel und mir, wenn wir abwechselnd wach wurden und im Halbschlaf ein paar Kloetze Holz nachgelegt haben. Aber warum ist meine Nase kalt und wollten wir nicht ganz frueh starten, um dem Wind ein Schnippchen zu schlagen?

Ich schaue rueber zu Tyrel, der sich in seinem roten Schlafsack auch schon hin- und herbewegt. Wenn in der Nacht ein Baer vorbeigekommen ist, hat er sich bestimmt gefragt, warum zwei riesige, rote Zahnpastatuben um ein Feuer herum liegen. Ich versuche hinter Tyrel zum Fluss zu sehen und sehe… nichts. Alles ist voller dichtem Nebel. Nur den engsten Kreis Baeume um uns herum koennen wir sehen, der Rest ist im grauen Dunst verschwunden. Wortlos stimmen wir ueberein, dass es sich bei diesen Witterungsbedingungen lohnt, noch ein Muetzchen Schlaf nachzuholen.

Gesfuehlte fuenf Minuten spaeter ist es schon viel heller und der Nebel hat sich groesstenteils verzogen. Raus aus dem Schlafsack, Wasser vom Fluss holen fuer das Fruehstueck und Tee fuer zwischendurch und… Moment, was ist das auf dem Thermometer?

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Mein deutsches Kuehlschrankthermometer ist voller Frost und zeigt -7 Grad an.

Naja, wir haben auch schon um einiges kaelter geschlafen als – 7 Grad. Aber da wir sehr warme Schlafsaecke besitzen, waren wir komplatt mollig warm die ganze Nacht ueber… Okay fast komplett. Meine Nase war damit beschaeftigt, die kalte Luft anzuwaermen und ist nun selbst reichlich kalt. Aber nach ein paar komischen Grimassen zwecks Nasengymnastik fuehlt sich alles wieder normal an.

Unsere Schlafsaecke haben wir in selbstgenaehte Leinenueberzuege gesteckt, damit kein Funkenflug des Lagerfeuers Schaden anrichten kann und sie vor Schmutz und Rissen geschuetzt werden.

Schon ging es ans Essen (REIS MIT CHILI!!! BAEH!), dann ans Packen und Verschnueren am Kanu und es wurde wieder gepaddelt.

Nach einiger Zeit des freudigen Paddelns ohne Gegenwind erspaeht Adlerauge Tyrel etwas am Ufer! Ist es Elchkacke? Nein, es bewegt sich. Ein Biber?!? Ich freue mich schon, mein erster Biber!! Mit meiner Kamera zoome ich komplett heran und kann mich immer noch nicht entscheiden, ob es jetzt ein Biber ist oder nicht.

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Ein braunes Fellknaeul mit langem, platten Schwanz am Strand des Ufers.

„Es ist ein muskrat!!“ Schrei-fluestert Tyrel begeistert! Okay, es ist auch die erste muskrat, zu deutsch Bisamratte, die ich aus naechster Naehe sehe.
„Wollen wir sie mit nem Paddel totkloppen und essen?!“ schlaegt Tyrel begeistert vor.
„Nein, verdammt! Das ist die erste muskrat, die ich sehe und die hat verdammt nochmal Bestandschutz!!“
„Na gut. Komm, wir paddeln zum Ufer und gucken sie uns genauer an.“

Ich bleibe im Kanu und versuche, die plueschige Niedlichkeit des kleinen Vegetariers mit der Kamera einzufangen und Tyrel geht langsam auf die muskrat zu und… streichelt sie?!?!

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Tyrels gelber Handschuh streichelt ueber das Fell der muskrat, die davon komplett unbeeindruckt bleibt.

Was bitte passiert da? Wie kommt er auf die Idee, die muskrat zu streicheln und wie kommt die muskrat auf die Idee, so verdammt cool zu bleiben?! So ganz durchblicke ich die Situation nicht, mache aber fleissig Fotos.

Dann sieht Tyrel das gruene Kanu von gestern herannahen und winkt die Kanuten heran, die auch zuegig heranpaddeln.
„Hi, wie gehts?“
„Gut und euch?“
„Auch gut. Wir haben eben eine muskrat gestreichelt und dachten das wollt ihr bestimmt sehen!!!“
„Aha… aehhh… braucht ihr irgendwie Hilfe?“
„Nein, wir wollten das euch nicht vorenthalten.“
„Okay… Dann habt noch einen guten Tag.“
*weiterpaddel*

Na dann… mehr muskrat fuer uns!!! Tyrel streichelt sie noch einmal aber der Zauber des Anfangs ist wohl fuer die muskrat verflogen. Wie in Zeitlupe dreht sie sich zum uebergrossen Handschuh, nagt einmal daran und gleitet ins Wasser. 1,5 Meter fluessabwaerts geht sie wieder an Land undsucht weiter den Boden nach Futter ab. Wir behelligen sie nicht weiter. Ich mache noch ein paar Bilder und auch wir stechen wieder in See.

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Muskrat – die plueschigste Versuchung, seit es Nagetiere gibt.

„Ich moechte wirklich gerne noch einen Biber in freier Natur sehen!“ erzaehle ich Tyrel. Er entgegnet: „Biber sind asoziale Arschloecher. Die schlagen mit ihrem Schwanz aufs Wasser und tauchen unter, nur um dir zu zeigen, wie doof sie dich finden. Und sie zerstoeren so viele alte Wege in der Wildnis durch das Aufstauen von Fluessen und Seen.“

Aber aber aber der Biber war doch immer so ein nettes kanadisches Maskottchen in meinem Kopf… Frueher hat er uns sogar in Deutschland Spanplatten und Rostschutzfarbe bei OBI verkauft, bis er Insolvenz anmelden musste. Ob ihn das hat zum Soziopathen werden lassen?!

Ich sinniere noch so vor mich hin beim Paddeln, da schreit es wieder fluesternd hinter mir: „eeeeeelch!!!!!!“ Oh, tatsaechlich! Ein Riesenvieh steht im Fluss und schaut angestrengt zum Ufer herueber. Allerdings fehlt das Geweih, es handelt sich um eine Elchin. „schnell, wir paddeln zum ufeeer!!! ein maennlicher Elch ist bestimmt nicht weit!“
Doch noch einigen Paddelhieben koennen wir schon besser in die Kurve des Flusses sehen. Dahin, wo die Elchkuh starrt. Rauch steigt auf. Einige Jaeger werkeln ums Feuer und zerlegen den potentiellen Liebhaber der Elchkuh.

Mir tut sie ziemlich leid. Warum sie wohl weiter zusieht und nicht einfach zum anderen Ufer schwimmt? Ich hoffe, dass sie morgen einen schoeneren Tag erlebt.

Schliesslich kommt erneut Wind auf und es faengt an zu regnen. Ganz leicht zunaechst und der Himmel ist auch nicht so duester… also paddeln wir erstmal weiter? Nein, es scheint nicht aufzuhoeren, so legen wir eine Pinkelpause ein und kleiden uns angemessener. Tyrel streift seinen Militaer-Poncho ueber und ich begnuege mich mit einem organgenem Muellbeutel. Ja, an das Loch fuer den Kopf und die Arme habe ich gerade noch so gedacht. 🙂

Waerend wir so durch den Regen paddeln, ueberholen wir die Mitpaddler im gruenen Kanu. Sie haben Zuflucht vor dem Niederschlag gesucht, eine Plane gespannt und ein kleines Feuer aus abgebrochenen Aesten entzuendet. Wir winken nett und gleiten davon.

Der Fluss wird schliesslich anspruchsvoller. Gut, dass wir die Flusskarte dabei haben. Sie zeigt uns naemlich an, ob wir rechts oder links an den Inseln und Sandbaenken vorbei muessen. Wo grosse Steine versteckt sind. Und manchmal auch, wo sich ein potentieller Lagerplatz versteckt.

Schliesslich halten wir im Abendgrauen an einem Platz, wo schon eine alte, verfallene Blockhuette steht und schlagen unser Lager auf. Es steht wieder Reis auf dem Speiseplan und schon beim Gedanken daran drehen sich meine Eingeweide gegen den Uhrzeigersinn. Grosszuegig biete ich Tyrel meine Potion Reis mit Dosenchili an, ich wuerde mich auch mit Kaesenudeln begnuegen. Er beisst an! Und ich beisse gierig in matschige Kaesemacaroni. Wohlwissend, dass die mir wahrscheinlich ebenso schnell aus dem Hals haengen werden. Aber heute ist es purer Luxus.

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Das Kanu liegt an Land fuer das abendliche Lager, waehrend die Wolken ueber dem Fluss sich grau-rosa-gelb faerben.

Die alte Blockhuette finde ich interessant, aber auch ein bisschen gruselig im Dunkeln, weil sie so verfallen ist. Ob ich hier gut schlafen werde, unter der Plane direkt neben dem Haus?
Noch waehrend ich mich das frage, fallen mir im Schlafsack die Augen zu und nach den heutigen 52 km auf dem Fluss falle ich in einen himmlischen, erholsamen und sorgenlosen Schlaf.