Whitehorse

Huettenzauber

Ende September 2021.

Das oertliche College bietet Gartenhuetten zum Verkauf an. Die Huetten wurden als Lernobjekt von angehenden Zimmermannazubis errichtet und jetzt sollen sie an den Meistbietenden verkauft werden um die Materialkosten wieder reinzuholen.

Das Mindestgebot ist niedrig – wahrscheinlich beziehen sich die Materialkosten auf Preise vor 2020. Eventuell noch abschreckend ist die Tatsache, dass die Huette innerhalb von 72 Stunden nach Auktionsende vom Gelaende selbst abzutransportieren ist.

Tyrel und ich beschliessen, ein niedriges Gebot fuer jeweils eine Huette abzugeben – hoffentlich bekommen wir eine von beiden!

Huette 1: Satteldach, Tuer und Fenster auf gegenueberliegender Seite.
Huette 2: Pultdach und Scheunentor.

Wir bekamen beide.

Die Kreditkarten gluehten. Doch wir waren uns einig, dass es eine sinnvolle Investition ist, die wir da taetigen. Ein wenig Ausweichraum ist vielleicht gar nicht schlecht, wenn man seit gut zwei Jahren mit Hund zusammen auf ca. 12 Quadratmetern lebt. Und so haette jeder seinen eigenen Raum, der je nach Belieben gestaltet werden kann. Tyrel schwebte ein Werkzeugraum mit Werkbank vor. Mir eher eine Art Studio mit Holzofen.

Der Umzug gestaltete sich abenteuerlich. Wir liehen uns einen geeigneten Anhaenger samt Truck. Dann mussten die Huetten per Winde knirschend auf den Haenger gezerrt und festgezurrt werden.

Der Schotter knirscht und die Huette naehert sich dem Anhaenger.

Wieder Zuhause angekommen stellte sich die Frage, wie Huette Nummer 1 vom Haenger runtergezogen wird. Es war nichts in der Naehe, woran man eine Winde befestigen koennte.

„Komm, wir machen es wie die Rednecks!“, schlug ich vor. Und gesagt getan, unser Truck wurde als Zugpferd eingespannt und zog die Huette vom Anhaenger. Dabei mussten wir uns beeilen, da es zu regnen anfing und wir uns nicht festfahren wollten, daher gibt es keine Bilder von der Aktion.

Ausserdem gab es noch die zweite Huette zu transportieren und es wurde bereits Abend.

Schliesslich war es stockdunkel, als wir mit Huette Nummer 2 Zuhause ankamen. Dieses Mal funktionierte meine Idee mit dem Truck nicht, da nicht genuegend Platz vorhanden war.

„Wie bekommen wir diese Huette jetzt vom Haenger?“, fragte ich Tyrel.

„Ganz einfach: So, wie die alten Aegypter es damals gemacht haben!“, antwortete er ganz selbstverstaendlich.

Nun dachte ich eigentlich, dass ich in der Schule ganz gut aufgepasst hatte, wenn wir im Geschichtsunterricht mal wieder das alte Aegypten besprachen. Aber wie die alten Aegypter damals Gartenhuetten vom Anhaenger runterbekommen haben, das wollte mir einfach nicht einfallen.

Waehrend ich meinen Kopf kratzte, zersaegte Tyrel einen Besenstiel in mehrere Rundhoelzer. Dann zauberte er eine riesige Brechstange hervor und hob die Huette damit an waehrend ich die Rundhoelzer vorsichtig unter die Huette plazierte. Tyrel sorgte mit der Brechstange fuer Anschub, bis der bewegliche Teil des Anhaengers kippte und die Huette die schiefe Ebene runterrollte. Die Huette stand nun mit einer Kante auf dem Feld und mit dem Rest noch auf dem gekippten Haenger.

Da wechselten wir unsere Strategie von „Aegypter“ zu „Magier“ und zogen den Anhaenger geschwind unter der Huette weg.

Umzug vollendet.

Tyrels Huettenausbau war einfach: Werkbank rein, Werkzeuge rein, Schloss vor, fertig.

Ich begann damit, Isolierung in die Waende zu stecken.

Huette von innen, Glasfaserisolierung wird zugeschnitten und an die Holzstaenderzwischenraeume angepasst.

Doch dann waren es ploetzlich -25 Grad und in unbeheizten Raeumen zu arbeiten machte wenig Spass.

Dann versank alles im tiefen Schnee.

Dann verbrachte ich jede freie Minute damit, fuer den Ultramarathon zu trainieren.

Dann war klar, dass ich den Ultramarathon nicht laufen koennen werde und ich versuchte den Sommer so gut wie moeglich zu geniessen.

Und dann… Dann war es Anfang August und ich schrieb mit meinen lieben Freunden Anke und Jens, die mich aus Deutschland besuchen kommen in weniger als einem Monat. Zweimal werden sie bei uns uebernachten.

Hmm…

Fuer sie waere es auch okay, im Zelt zu schlafen. Aber ich weiss: Wenn ich die Huette nicht vor ihrer Ankunft winterfertig kriege, dann steht sie einen weiteren Winter ungenutzt herum und ich aergere mich sieben Monate lang darueber, dass ich sie nicht rechtzeitig ausgebaut habe.

Also, vier Wochen lang Arschbacken zusammenkneifen und zimmern bis der Arzt kommt und sehr gestresst sein? Oder vier Wochen lang den kurzen Sommer geniessen und dann im Winter die Entscheidung bereuen?

Der geneigte Leser wird ahnen, dass ich mich fuer die stressige Variante entschieden habe. Wenn ich zwischen Stress/Erschoepfung und Reue waehlen muss, dann waehle ich Stress/Erschoepfung. „Was waere, wenn…“ oder „Haette ich doch mal…“, damit kann ich schlecht umgehen. Dann lieber mit nem Flachkoepper in das naechste Wahnsinnsprojekt.

Wobei diese Dinge immer in folgenden Phasen in meinem Kopf ablaufen:

  1. Soo schwer kann das doch gar nicht sein. Ich muss doch keinen Raketenantrieb konstruieren. Dem Inschenoer ist nichts zu schwoer.
  2. Ich eigne mir die Theorie an und fuchse mich ins Thema ein. Dabei habe ich einige Aha-Momente und alles klingt gut, logisch und machbar.
  3. In der Praxis ist letztendlich doch alles ganz anders und einige Dinge gehen auch gruendlich schief. Hier verzweifele ich gern und moechte eigentlich alles hinschmeissen.
  4. Ich bin komplett gestresst aber bin zu stur um tatsaechlich aufzugeben. Damit muesste ich mir naemlich eingestehen, dass Phase 1 nicht der Wahrheit entspricht.
  5. Irgendwie kriege ich es tatsaechlich hin und verdraenge Phasen 3 und 4 nach einigen Wochen. Was in Erinnerung bleibt, sind Phasen 1, 2 und 5. Was mich in der Zukunft wieder dazu verleitet, Phase 1 einzulaeuten.

Gerade bin ich in Phase 4. Mein Koerper droht mir schon mit einer bevorstehenden Erkaeltung, falls ich mein Pensum nicht zurueckschraube. Aber ich versuche zu vertroesten: Bitte, bitte, halte noch ein paar Tage durch. Ich trinke auch ganz viel Tee!

Was in den letzten drei Wochen geschah, folgt in einer Bilderschau.

Waende fertig isoliert, das zukuenftige Schornsteinloch eingerahmt und das Dach mit Styroformplatten vorisoliert.
Das Dach mit Glasfaser fertig isoliert, Dampfsperre eingebaut.
Dampfsperre abgeklebt.
Waende und Decke mit Sperrholz verkleidet.
Decke und drei von vier Waenden gestrichen, Eine Box mit Lueftungsschacht gebaut, auf der irgendwann der Holzofen stehen soll.
Ofenunterlage vorbereitet um eine Betonschicht draufzugiessen.
Ofenunterlage samt Betonschicht stehen.
Fliesen sind auf der Ofenbox verlegt, hier noch ohne Moertel.
Fliesen auf Ofenbox sind verfugt, letzte Wand ist gestrichen (ein bisschen mehr als ich dachte) und Hitzeschutzschild zurechtgeschnitten und lackiert.
Feuerschutzbox fuer die Ofenrohrinstallation ist drin und ein Loch ist im Dach an passender Stelle. Befestigung fuer Hitzeschutzblech angebracht.
Selfie im nigelnagelneu installierten Schornstein.
Schornstein mit saemtlichen Schutzblechen. Sieht im Bild schief aus, ist er aber nicht.
Huette mit Schornstein und rauchig posierender Wolkenformation.
Schornsteininstallation von innen, links unten im Bild Frischluftzugang.
Hitzeschutzblech installiert, Decke um den Schornstein isoliert und verkleidet, Ofen samt Box auf Schornstein ausgerichtet, Bodenbelag angefangen zu verlegen.

Jetzt sind noch ganze zwei Tage uebrig, bis meine Freunde ankommen und in der Huette naechtigen. Meine Prognose ist, dass die Huette bis dahin schlafbar ist, das Grundstueck und unser Haus aber aussehen, als wenn ne Bombe eingeschlagen hat. Naja, man muss eben Priotitaeten setzen.

Blick vom Dach: Hier ist die Welt noch in Ordnung.

Wenn ich den Beitrag so schreibe, merke ich erst, dass ich doch ne ganze Menge geschafft habe. Gar nicht schlecht, dafuer dass ich alles ganz alleine geplant und ausgefuehrt habe. So neben Arbeit, Sport, Japanischkurs und sonst allem. Es war aber ne schwere Geburt – vor allem die Schornsteininstallation so als Hoehenaengstler. Ausserdem wurde ein wichtiges Teil, das ich online bestellt habe, in falscher Groesse geliefert. Da musste ich mir was anderes einfallen lassen und habe in der Stadt Sonderteile anfertigen lassen, damit es doch weitergehen kann. Meist gibt es ja doch ne Loesung, wenn man fleissig sucht.

Vorgestern ging es mit Hahn Daisy steil bergab. Sein gesundes Bein schien eine Infektion bekommen zu haben, sodass er nur noch mit grosser Muehe aufstehen konnte. Ich habe ihm einen weiteren Tag Gnadenfrist gegeben, aber quaelen soll er sich ja nicht. Gestern war es unveraendert. Da hiess es Abschied nehmen.

Danke Daisy, fuer die schoene Zeit! Du warst ein toller Hahn zu deinen Hennen und nie gemein zu Menschen. Es tut mir Leid, dass ich es nicht geschafft habe, dich gesund zu pflegen. Ich werde dich immer als stolzen, schwarzen Gockel in Erinnerung behalten!

Hahn Daisy auf letzter Fahrt.

Da wir mit dem Huehnerblut nicht unnoetig Kojoten und Nachbarshunde zum Huehnerstall locken wollten, hat Daisy eine erste und letzte Quadfahrt in die Wildnis gemacht. Dort fand er ein schnelles Ende im Stil der franzoesischen Revolution.

Der ein oder andere mag sich jetzt fragen, warum ich einen Blogbeitrag schreibe statt den Bodenbelag in der Huette zuende zu verlegen. Hierfuer gibt es mehrere Gruende:

  • Seit meinem letzten Beitrag ist schon wieder viel Zeit vergangen,
  • In dieser Zeit habe ich es wieder kaum bis gar nicht geschafft, Emails zu beantworten,
  • Somit wollte ich ein Lebenszeichen senden und bestaetigen, dass es mir gut geht (wenn auch leicht gestresst),
  • Ausserdem werde ich in den naechsten Wochen wieder nicht dazu kommen einen Beitrag zu schreiben,
  • Weil in den Wochen wieder viel geplant ist,
  • Sodass ich vom Huettenausbau vielleicht gar nicht berichten wuerde
  • Und dann waeren die Erinnerungen floeten gegangen, obwohl sie doch vielleicht interessant sind (jedenfalls fuer mich).

Was mir in diesen Tagen besonders viel Freude bereitet, sind die Mohnblumen, die ich in einem meiner Beete ausgesaeht habe. Eigentlich war ich kein grosser Mohnfan. Er ist halt rot und welkt schnell. Aber diesen Sommer hat er mich in seinen Bann gezogen. Seht selbst!

Morgensonnenmohn.
Nur vier Bluetenblaetter und doch so viel Ausdruck!
Frisch erwacht und noch ein wenig zerknittert.
Vielfalt in Farbe und Form.
Bluetenblaetter wie aus feinstem Seidenpapier.

Trotz allem Stress, dem man sich so macht, lohnt es sich immer, kurz anzuhalten und zu staunen. 🙂

Ausgelaufen

Anfang Mai.

Mein Schienbein tut weh. Erst links, dann auch rechts.

Ein scharfer Schmerz, nicht das wohlbekannte dumpfe Ziehen von beanspruchten Muskeln.

Ich hoere auf zu laufen um mich nicht ernsthaft zu verletzen.

Stattdessen mache ich einen Termin beim oertlichen Ultralauf-Physio-Spezialisten. Ich hoffe, dass er mir sagt, ich habe ein typisches Schienbeinkantensyndrom. Und dass ich fuer ein paar Wochen radfahre oder sonst was mache und dann wieder voll durchstarten kann, puenktlich zum Lauf, fuer den ich jetzt seit 10 Monaten wirklich hart trainiere.

Aber er sagt mir, dass meine Muskulatur nicht betroffen ist und meine schmerzhaften Stellen sich direkt auf meinem Knochen befinden, wo keine Sehnen oder Baender verankert sind.

Wir reden ueber meinen sonstigen Gesundheitszustand und er fragt, wie lange ich eine Schilddruesenueberfunktion hatte, bevor sie behandelt wurde.

„So ca. 4 bis 18 Jahre lang.“

„Dein Trainingsprogramm ist ausgewogen, das sollte dich eigentlich unverletzt zum Ziel bringen. Ausserdem sind deine Beschwerden in einer Entlastungswoche aufgetreten, das ist sehr untypisch fuer eine Ueberlastungsverletzung. Aber eine Schilddruesenueberfunktion fuehrt zum Abbau der Knochendichte. Vor allem, wenn sie ueber laengere Zeit unbehandelt blieb. Das kann dazu fuehren, dass Stressfrakturen auftreten.“

„…und was ist mit meinem Lauf?“

*trommelt verlegen auf den Behandlungstisch* „…sieht derzeit eher schlecht aus. Tut mir Leid, dass ich dir das sagen muss.“

Zurueck im Auto heule ich Rotz und Wasser. Ich weiss, das ist wirklich nicht das Ende der Welt. Was fuer ein Luxusproblem: Ich kann an dem wahnwitzigen Lauf nicht teilnehmen, bei dem mir schon bei der Anmeldung klar war, dass der meilenweit ausserhalb meiner Komfortzone liegt und es eine Million Gruende gibt, warum es nicht klappen koennte. Jetzt ist halt einer davon eingetreten. Und ich bin traurig und enttaeuscht. Und das ist okay.

Ich heule also meinen Weg zurueck ins Buero. Die Kollegen sollen sich nicht dran gewoehnen, dass ich immer gut drauf bin! Verquollen gehe ich ins Buero meiner Kollegin, deren Vater heute Todestag hat.

„Komm mit, wir fahren zur Dairy Queen!“

Dairy Queen (zu deutsch Molkereikoenigin) ist ein vor ein paar Wochen hier neu eroeffnetes Restaurant einer amerikanischen Fastfoodkette. Die sich ums Gebaeude wickelnde Autowarteschlange war mir seit Eroeffnung deutlich zu lang um mich einzureihen. Doch heute haben wir Glueck, heute warten wir nur ein paar Minuten. Genau lang genug um meiner Arbeitskollegin zu erklaeren, warum ich immer noch heule und mich dann fuer eine Eiscremesorte zu entscheiden. Ein Softeis mit allem moeglichen Kram eingeruehrt – in meinem Fall Reese’s Pieces (Schoko-Erdnussbutterlinsen), Erdnussbutter und Keksteig. Erhaeltlich in den Groessen mini, klein, mittel und gross. Ich hatte schon Mittag gegessen und entscheide mich fuer ein kleines Eis. Bekomme dann aber einen 500 ml Kuebel ueberreicht. Achja, ich vergass. Amerika.

Zwei Tage lang heule ich immer mal wieder, doch am dritten Tag wird mir das zu lahm und ich mache mich an die Wiederauferstehung.

Bestandsaufnahme. Was habe ich und was geht noch? Ich habe ne ganz ordentliche Grundfitness und zwei Fahrraeder, die ich straeflich vernachlaessigt habe ich den letzten 10 Monaten. Und laut meinem Physiotherapeuten kann ich radfahren, „bis die Kuehe heimkommen.“ Wieder mal eine neue Redewendung gelernt. Wann genau die Kuehe heimkommen, weiss ich nicht. Abends? Oder im Herbst? Jedenfalls sind die doch den ganzen Tag ueber draussen, wenn man sie laesst. Also kann ich radfahren.

Ich radle und melde mich zu einem lustig klingenden Gravel Race an (Radrennen auf Schotterpisten) in 1,5 Wochen.

Auf einer windigen Testfahrt bemerke ich, dass meine normale Brille keinen Schutz vor Wind bietet und kehre mit gefriergetrockneten Augaepfeln heim. Eine weitere windige Ausfahrt unternehme ich mit Kontaktlinsen und meiner Sonnenbrille, die jedoch staendig von innen beschlaegt, dank der nun vor Anstrengung schwitzenden und schlecht ventilierten Augaepfel.

Also fahre ich ins Radgeschaeft und kaufe mir eine Astronautenbrille, die mich schneller aussehen laesst, als ich bin. Ausserdem eine kleine Lenkertasche fuer Baerenabwehrspray. Nach einer groesseren Tasche fuer eine Schrotflinte frage ich lieber nicht.

So ausgeruestet kann doch gar nichts mehr schief gehen und beim Rennen wird niemand bemerken, dass ich nicht dazu gehoere, oder?

Am Tag vor dem Rennen wird eine Email an die Teilnehmer verschickt: Aufgrund der schmelzenden Schneemassen und des weichen Bodens werden Teile des Kurses auf einspurige Mountainbikestrecken verlegt. Man soll jederzeit bereit sein, abzusteigen und sein Rad zu tragen und ausserdem solle man sein Rad mit den duennsten Reifen lieber Zuhause lassen.

Ich starre auf meine zwei Raeder, eins mit duennen und eins mit ueberdimensional dicken Reifen. Ich habe wenig Lust darauf, im Schlamm festzustecken oder ueber Wurzeln und Steine zu fliegen und die angeknacksten Haxen durchzubrechen. Also sind dicke Reifen angesagt: Jegliche Gefahr wird ueberrollt.

Ich, dicke Reifen und dicke Brille.

Mit meinem ungewoehnlichen Gefaehrt, der vollgestopften Laeuferweste und der fehlenden Lycrakleidung steche ich trotz schneidiger Brille aus der Teilnehmerreihe heraus. Macht nichts, im Ueberholtwerden bin ich eh am besten. Und die 40 km Strecke, die ich gewaehlt habe, ist anspruchsvoll aber gut markiert und das Wetter spielt mit. Ich habe Spass und erhalte im Anschluss sogar ein paar anerkennende Kommentare.

Teilnehmerfeld mit einem Paar Monsterreifen.
Zielgerade nach 40 km: Immerhin so schnell, dass ich nicht umkippe.

Mittlerweile sind die Ergebnisse der Roentgenaufnahmen von meinen Schienbeinen da: Nichts zu sehen, jedoch nicht ungewoehnlich fuer Stressfrakturen. Ein MRT wuerde Gewissheit liefern, jedoch liegt die Wartezeit fuer nicht dringende Faelle bei ueber einem Jahr. Bis dahin moechte ich eigentlich schon wieder verheilt sein.

Es ist wie es ist. Das mit dem Lauf wird nichts dieses Jahr. Gestern habe ich meine Anmeldung annulliert.

Spaeter im Sommer hatte ich mich noch fuer einen Halbmarathon angemeldet. Was bis dahin ist, steht noch in den Sternen aber wenn alles ordnungsgemaess verheilt, koennte ich mit dabei sein.

Und bis dahin werde ich schon noch ein paar weitere Abenteuer aus dem Sommer herauskitzeln. Ich bin schon gespannt, in welche Richtung die Wellen des Universums mich dieses Mal tragen! 🙂

Sportwoche im April

Ist es komisch, wenn man seine eigenen Beitraege interessant findet?

Jedenfalls fand ich meinen Beitrag ueber eine Woche Sport letzten Monat sehr interessant. Ein Teil meines Hirns denkt immer noch, ich sei so sportlich wie im Mai 2018 und die 30 Jahre davor, also eher wenig. Im Juni 2018 habe ich angefangen zu laufen, ganze 60 Sekunden am Stueck und ich war fertig mit der Welt. Ich konnte mich zwar fuer einzelne Betaetigungen begeistern und mich durchquaelen, doch eine Grundfitness war nicht vorhanden.

Mittlerweile ist doch ne ganze Menge mehr drin. Auch an zeitlichem Aufwand, obwohl ich immer der Meinung war, dass ich fuer Sport keine Zeit oder Energie haette. Aber anscheinend ist das oft eine Frage der Prioritaet.

Wenn ich aber zurueck auf die Statistik einer Sportwoche blicke, dann sehe ich ein paar Zahlen, sonst nichts. Keine Wehwehchen, keine Gefuehle, nichts was wirklich zaehlt. Und erinnern kann ich mich auch schlecht, dafuer bin ich jeweils zu sehr in der jeweiligen laufenden Woche drin.

Von daher hier ein Memo an mich: So sah eine Sportwoche in deinem Leben im April 2022 aus!

Montag

Mein Plan hat sich geaendert, wie alle ca. fuenf bis sechs Wochen. Leider steht Treppensteigen nicht mehr auf dem Programm. Die liebe Treppe ist mir im letzten halben Jahr ans Herz gewachsen, fast woechentlich habe ich sie aufgesucht um sinnbefreit hoch- und runterzuwandern.

Eigentlich komisch, was einem so ans Herz wachsen kann, wenn man es oft genug macht. Ist das eine Art Stockholm Syndrom?

Jedenfalls wars das erstmal mit Treppensteigen und auch mit Skilanglauf. Bis zu meinem Lauf im Juli werde ich vor allem laufen. Macht ja auch Sinn, vom Laufdokus gucken wurde ich bislang noch nicht schneller oder ausdauernder.

Der Skitag wird im April ersetzt durch einen Lauftag und die Treppe durch eine huegelige Strasse, die es auf- und abzulaufen gilt. Laut meinem Plan kann ich das entweder Montags oder Mittwochs machen. Doch wenn ich geht, laufe ich die Huegelstrasse gerne schon Montags, dann habe ich es hinter mir.

Also Montag: Huegelstrassenlauf.

Anfang der Strasse, derzeit noch bis zum Sommeranfang gesperrt.

Die 21,1 km, die ich gestern gelaufen bin, sind meinen Beinen heute kaum anzumerken. Gestern wurde ich von Wadenkraempfen geplagt aber heute laufe ich einfach ohne groessere Sorgen erst bergauf, dann bergab. Klar, es ist anstrengend. Huegel sind fuer mich auch mental schwierig zu erlaufen. Schon am Fuss des Huegels meldet sich Genosse Schweinehund und gibt hilfreiche Ratschlaege: „Es ist jetzt schon so anstrengend und es geht noch viel hoeher bergauf. Guck – du kannst den Gipfel noch nicht mal sehen! Du solltest wirklich gehen, das waere die einzig vernuenftige Massnahme.“

Aber ganz langsam, Laufschritt fuer Laufschritt, kurbele ich mich jeden einzigen der fuenf Huegel hoch und wieder runter. Wenn es wieder bergab geht, freue ich mich ueber meine nicht-krampfenden Beine.

Bergab (Vordergrund), Berg (Hintergrund)

Das einzige, was heute nicht gut laeuft ist mein Schuhwerk. Letzte Woche befanden sich auf einigen schattigen Strassenabschnitten noch grosse Eisflaechen, daher griff ich auch diese Woche zu meinen Laufschuhen mit Spikes. Doch die Eisflaechen sind wie weggeschmolzen (harhar) – trotz der frischen -13 °C heute morgen scheint der Fruehling langfristig nur schwer aufzuhalten sein.

Bergauf, -auf, -auf.

Die Metallstifte unter meinen Sohlen geben den musikalischen Lauftakt vor mit lautem KRACK-KRACK-KRACK auf der mehr oder weniger versiegelten Schotterflaeche. Die naechsten Laeufe ueber werde ich also meine neuen, minimalistischen Laufschuhe einlaufen. Hoffentlich wird die Umstellung gut klappen – ich reihe doch eine ganze Menge Schritte aneinander und moechte nichts ueberlasten.

Bergauf mit Bremsstreifen auf der Strasse.

Ich beende diesen Lauf nach 5,8 km und ca. 200 Hoehenmetern mit einer ausgedehnten Bergabstrecke und fuehle mich wirklich gut und irgendwie erfuellt. Ist das ein Laeuferhoch?

Ich, noch ein wenig eingefroren aber irgendwie gluecklich.

Dienstag

Manche Dinge bleiben doch beim alten: Dienstag und Donnerstag sind weiterhin Doppelsporttage, die mit Krafttraining eingelaeutet werden. Die neue Routine durchlaeuft vier unterschiedliche Krafttrainingseinheiten, die sich alle 14 Tage wiederholen. Ein bisschen gemein ist das schon, so ist der Koerper immer frisch ueberrascht von der ungewohnten Bewegung. Aber wahrscheinlich ist das der Sinn der Sache.

Hanteln mit Bueropflanzen – Das Basilikum ist gut angewachsen.

Heute schwitze ich so stark auf meine Matte, dass ich sie anschliessend ein paar Stunden trocknen muss, bevor ich sie zusammenrollen und in meiner Bueroecke verstauen kann. Aber trotz der harten Anstrengung haben mir die Uebungen eigentlich ganz gut gefallen. Nur der Teeloeffel, mit dem ich mein Fruehstueck esse, scheint heute extrem schwer zu sein.


Spaeter am Tag steht noch ein saftiger Intervalllauf an. 15 Minuten langsam laufen zum Aufwaermen, dann 10 Wiederholungen a la zwei Minuten hart und schnell rennen und zwei Minuten langsam laufen. Abschliessend 10 Minuten langsam laufen zum Runterkuehlen. In Summe 65 Minuten.

Intervalllaeufe sind und bleiben sehr herausfordernd fuer mich. Wenn man mit einer gewissen Lauferfahrung eine bestimmte Distanz oder Zeit laeuft, dann kann man die Intensitaet so herunterschrauben, dass der Lauf nicht zu anstrengend wird. Aber zwei Minuten hart und schnell laufen bleibt zwei Minuten hart und schnell. Das faellt mir jetzt genauso schwer wie zu der Zeit, als ich maximal 2 Minuten am Stueck laufen konnte. Aber es steht auf dem Plan und moechte daher auch gelaufen werden. Eine Verletzung oder ein Notfall waeren natuerlich solide Gruende um die eine oder andere Uebungseinheit ausfallen zu lassen. Jedoch ist der einzige Grund, der mir heute einfaellt: „Ich mag nicht, das ist so anstrengend.“

Gut, dass es anstrengend wird, wusste ich auch bevor ich mich fuer einen 80 km Berglauf eingeschrieben habe. Letztendlich zahlt sich die Anstrengung aus, das steht fest. Und daher schnuere ich auch heute meine Laufschuhe und gehe raus. Es sind -5 Grad, aber wenigstens scheint die Sonne.

Die 15 Minuten Aufwaermlauf fallen mir erstaunlich leicht. Die 10 Intervalle sind wie zu erwarten hammerhart. Zwei Minuten lang hart hart hart, so hart es geht. Am Ende der zwei Minuten pfeife ich aus dem letzten Loch, nichts ist mehr rauszuholen. Doch die Beine sind an die Laufbewegung gewohnt und die zwei leichten Minuten jogge ich ganz gemaechlich dahin. Jedes Intervall aufs Neue bin ich erstaunt, dass ich nach den zwei leichten Minuten wieder zwei Minuten lang hart rennen kann. Vielleicht nicht ganz so schnell wie in den ersten Intervallen, doch die Beinbatterien scheinen sich wie durch Zauberhand in den zwei leichten Minuten ganz gut aufladen zu koennen.

Die beeindruckende Wetterfahne am Flughafen Whitehorse und neben bei die groesste Wetterfahne der Welt: Ein ganzes Flugzeug, eine restaurierte Douglas DC-3. Heute Suedwind.

Schon waehrend des Laufs merke ich, dass meine Oberschenkel ein wenig brennen. Zurueck im Buero auf meinem Hocker merke ich, wie die Muskeln zucken. Als wenn sie sich erst wieder in die richtige Form bringen wollen. Heute Abend gibt es viel Fisch und Gemuese und vor allem viel Schlaf. Morgen sehen wir weiter.

Mittwoch

Mein Koerper hat ueber Nacht ganze Arbeit geleistet: Meine Beine scheinen wieder einsatzfaehig. Nur die armen Aermchen haengen schlaff aus dem Tshirt und wollen nicht angehoben werden. Damit kann ich arbeiten. Zum Glueck habe ich einen Schreibtisch und eine Tastatur – ein Grossteil der Schwerkraft lastet nicht auf meinen Schultern.

Trotzdem, auch heute ist die Laufspeisekarte gut gefuellt mit einem 10 km Lauf. Zum Glueck nur 10 km – und ich haette nie gedacht, dass ich diesen Gedanken mal so formulieren wuerde. Jemand der 5 km laufen konnte erschien mir vor drei Jahren noch uebermenschlich fit. Uebrigens finde ich immer noch, dass 5 km laufen eine stattliche Leistung ist, daran hat sich nicht viel geaendert!

Fuer die heutigen 10 km brauche ich ein Ziel um meine Motivation zu foerdern. Ich waehle die Kaeseladenroute. Mit einem Extraschlenker komme ich auf 5 km pro Weg, passt perfekt. Ausserdem kann ich so meine liebe Treppe begehen. Das Wetter spielt mit, -2 °C und bewoelkt. Da kann ich getrost ohne Jacke loslaufen.

Treppe, dramatisch.

Der Weg runter in die Stadt zum Kaeseladen laeuft erstaunlich gut. Mein Oberkoerper und meine Arme sind ziemlich verspannt und verkatert, doch der Rest laeuft (ha!). Im Kaeseladen selbst kaufe ich ordentlich ein und verquatsche mich ein wenig. Der beladene Rueckweg faellt mir schwerer – liegt es an der Beladung oder daran dass ich etwas haette essen oder trinken sollen? Nach dem Treppenaufgang melden sich die Waden leicht, doch sie beruhigen sich wieder und fangen nicht an zu krampfen. Ich bin zufrieden, aber merke mir fuer die Zukunft, eine Trinkflasche mitzubringen wenn der Lauf 10 km oder laenger andauert. Vor allem, wenn sich die Gesamtlaufdauer durch Pausen noch verlaengert.

Donnerstag

Doppeldonnerstag steht an, dabei habe ich mich vom Doppeldienstag noch nicht ganz erholt.

Aber wie trainiert dafuer, 80 km lang bergauf und -ab zu laufen? Wahrscheinlich muss der Koerper lernen, trotz Ermuedung weiterzuarbeiten. Der naechste Ruhetag ist schon uebermorgen und der Geist ist willig und ist immer noch schrecklich neugierig, was alles moeglich ist, wenn man sich ausreichend herausfordert. Wenn der Geist willig ist, wird das Fleisch schon folgen.

Hanteln im Buero. Der Grossteil der Basilikumpflanzen ist in Jogurtbecher umgetopft worden.

Die ersten Wiederholungen der heutigen Kraftuebungen sind wirklich herausfordernd durch den Muskelkater, der sich noch in meinem System befindet. Doch interessanterweise wird es im zweiten Set schon weniger unangenehm. Ein gutes Zeichen dafuer, dass alles nur muede ist und keine Verletzungen drohen. Sogar der Schweiss fliesst nicht so uebertrieben wie am Dienstag! Aber sind ja auch andere Uebungen – vielleicht arbeite ich schon aktiv auf den Ruhetag hin?


Fuer den Laufteil des Tages steht eine Stunde Laufen auf dem Plan. Ich bin wirklich sehr muede und mag nicht. Trotzdem ziehe ich mich um und schnuere die Laufschuhe. „Ich mag nicht“ lasse ich nicht gelten. Ich laufe und gehe einen steilen Berg hinauf bis ich nach einiger Zeit am Haus meiner Freundin ankomme. Sie schliesst sich mir an und wir fuehren ein tolles, angeregtes Gespraech ueber Gott und die Welt. So wird der Fokus von meinen Wehwehchen gelenkt und wir haben einen wirklich tollen Lauf zusammen. Ausserdem laeuft sie mich noch zurueck zum Buero, so muss ich den Rueckweg nicht alleine angehen. Nach dem Lauf fuehle ich mich viel besser, sowohl mental als auch koerperlich. Zudem freue ich mich schon sehr auf meine Sportmassage spaeter am Nachmittag, die ich schon vor gut zwei Monaten gebucht habe. Der Masseur ist ein echter Fachmann und die Nachfrage ist gross.

Freitag

Fleischerfreitag steht auf dem Programm, aber vorher heisst es noch 45 Minuten laufen gehen. Letzten Freitag hat das nicht gut geklappt, die Waden haben schlimm gekrampft. Aber diese Woche hatte ich eigentlich wenig Beschwerden, da wird es bestimmt besser klappen. Um sicher zu gehen, waerme ich mich ein wenig auf mit dynamischen Dehnungsuebungen.

Das Wetter ist auch gut mit Morgensonne und -12 Grad. Kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen, oder?

Die ersten richtigen Fruehlingsboten sind schon da: Die Autos werfen sich in ihr Fruehlingsfell: Eine dicke Schlammkruste.

Anscheinend doch, denn es ist genau die gleiche Misere wie schon letzte Woche: Ein einizger Krampf. Lange Strecken muss ich gehen, ansonsten lauf-humpele ich vor mich hin.

Aber es ist gut, das jetzt herauszufinden, dass mein Koerper morgens so reagiert. Der Lauf wird auch um 6 Uhr morgens beginnen, bis dahin bleiben mir noch einige Wochen Zeit zu experimentieren. Sollte ich mich mehr aufwaermen? Oder Elektrolyte zu mir nehmen? Frueher aufstehen, damit mein Koerper nicht so geschockt ist von der ploetzlichen Belastung?

Auf Nebenwegen ist und bleibt es zunaechst Winter.

In 45 Minuten komme ich auf schlappe 5,1 km. Ist voll okay und sind immerhin 100 Meter mehr als letzte Woche.

Eine halbe Stunde nach dem Lauf fuehlen sich meine Beine uebrigens leicht und ausgeruht an wie schon seit langem nicht mehr. Ein bisschen veraeppelt komme ich mir schon vor. Aber ich werde schon noch herausfinden, wie ich meinem Koerper besser helfen kann, am Morgen in die Gaenge zu kommen.

Samstag

FREI! 🙂

Sonntag

Heute steht der bislang laengste Lauf des Jahres an mit 28 km. Nach wie vor sind uebliche und schoen gelegene Wege zum Laufen durch Schnee/Matsch/Eis oder einen beliebigen Mix daraus zum Laufen ungeeignet. Bleiben Landstrassen oder das Wildtiergehe zur Auswahl. Ich waehle das Wildtiergehe, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dort Matsch oder Eis das groessere Problem ist. Dann muss ich wohl zwei verschiedene Paar Schuhe mitbringen und vor Ort entscheiden, was die sinnvollere Wahl ist.

Auf dem Parkplatz des Wildtiergeheges steht schnell fest, dass es noch die Schuhe mit den Spikes sein muessen. Die Wege sind teilweise noch mit Eis und Schnee ueberzogen. Ich ziehe sie also an und trotte los. Doch leider stellen sich relativ bald zwei Probleme heraus: Zum einen ist laufen auf den Wegen derzeit fast unmoeglich durch tiefen, aufgeweichten Schneematsch oder weichen Schotter-Schlamm-Mix. Zum anderen krampfen die Waden und es treten auch leichte Taubheitsgefuehle in den Fuessen auf. Nach einer Runde von knapp 6 km entscheide ich mich, dass es keinen Sinn macht, hier weiterzulaufen. Meine derzeitige Mission ist nicht, mich ueber instabile Untergruende fortzubewegen, sondern lange Zeit in einer Laufbewegung zu bleiben. Und das ist hier kaum bis gar nicht moeglich.

Wapitihirsche, von hinten.

Ich steige also wieder in mein Auto ein und fahre zur naechstgelegenen Tankstelle und gleichzeitig zur Muendung der hiesigen Landstrasse zum Highway. Die Landstrasse ist auch gut huegelig und frei von Schnee und Eis. Laufen kann ich hier, auch wenn ich eher ungern auf Strassen laufe. Aber die Alternative waere, den Lauf abzubrechen und das moechte ich noch weniger.

Bisons, leise und tief grunzend.

Auf der trockenen Strasse laeuft es sich viel besser als im Wildtiergehege, soviel steht schnell fest. Aber auch hier verfolgen mich die Wadenkraempfe und Taubheitsgefuehle nach kurzer Zeit wieder. Ich versuche Strecken zu gehen, Halt zu machen um mich zu dehnen und die Schuhe lockerer zu schnueren. Natuerlich nehme ich auch Elektrolyte und Kalorien zu mir. Aber es ist der Stand der Dinge. Ich ergebe mich und mache einfach, so gut ich kann.

Strasse. Wo kein Gehweg ist, da lauf ich links!

Nach knapp 13 km entscheidet sich mein Koerper ploetzlich, dass das Krampfen nichts bringt und ploetzlich fuehlen sich meine Beine ganz wunderbar an. Die restlichen 15 km verfliegen im Nu, sodass ich fuer die insgesamt 28 km 3:38 Stunden brauche. Die ersten 14 km kosteten mich 2 Stunden, die zweiten 14 km dann ploetzlich 22 Minuten weniger.

Strasse, kurz vor dem ersten Hagelschauer.

Aber vor allem ist wichtig, dass ich ohne grosse Erschoepfung und flott ins Ziel gelaufen bin. Ganz ohne Blasen, wunde Stellen oder Schmerzen.

Strasse. Niederschlag zieht auf, aber macht die Szenerie wenigstens interessanter.

Das unterstreicht nochmal die Erkenntnis von Freitag, dass ich mich der Wadenkrampferei dringend annehmen muss. Magnesium und Kalzium nehme ich schon zusaetzlich. Und wenn ich in meiner Mittagspause laufe, ist Krampfen kein Thema. Also vermute ich, dass ich mich besser aufwaermen muss vor einem Lauf, der relativ frueh am Morgen stattfindet.

Ich habe in den letzten Wochen auch ein paar Kilos zugenommen, wahrscheinlich machen sich die Schilddruesenhemmer bemerkbar. Koennte es sein, dass das zusaetzliche Gewicht meine Waden sehr stresst?

Wieder Zuhause schreibe ich meiner Trainerin und bitte um Rat. Sie antwortet zeitnah, dass sie mir Videos mit Aufwaermuebungen zuschicken wird. Fuer das Training ab kommenden Freitag ist also schon vorgesorgt. Und falls die Problematik dann wieder auftritt, probiere ich etwas anderes. Bis zum Juli werde ich das passende Puzzleteil gefunden haben!

Wochenstatistik

Was von der Woche uebrig bleibt:

  • Gelaufene Distanz: 66.4 km
  • Gelaufene Zeit: 8:35 h
  • Hoehenmeter auf und ab: 702 m
  • Krafttraining: 2 Einheiten, 54 Sets, 1:33 h

Jetzt bin ich wirklich froh, dass ich meine Gedanken dazu zusaetzlich festgehalten habe!

Habt eine gute Woche 🙂

Entknotet

Heute morgen hatte ich meinen Termin zur Schilddruesenknotenbiopsie.

Waehrend Knoten in der Schilddruese erstmal nicht besonders selten oder besorgniserregend sind, sahen meine Knoten gross und verdaechtig genug aus um zum Wiederholungsultraschall berufen zu werden (zwei Knoten im rechten Lappen) und einer sah gemein genug aus um eine Biopsie anzuordnen (Mitte links). Das war Anfang Januar und gesellte sich froehlich zu meiner eben erst festgestellten Autoimmun-Ueberfunktion.

Ein bis drei Wochen sollte die Wartezeit bis zur Biopsie betragen, ich sei ein halb-dringlicher Fall.

Drei Monate spaeter fand der Termin dann auch tatsaechlich statt, was fuer kanadische Verhaeltnisse schon ziemlich flott ist.

Einchecken, aufgerufen werden, ueber Risiken aufgeklaert werden, nochmal alles durchlesen, unterschreiben, mit ueberstecktem Nacken auf die Liege begeben. Handtuch, ordentlich Ultraschallgleitmittel, Ultraschallkopf.

Schweigen.

Zwei Chirurginnen betreten den Raum, gewappnet mit einer Hand voll steril verpacktem medizinischem Geraet. Mit ueberstrecktem Nacken kopfueber ueber die Brillenglaeser nicht genau zu erkennen.

Alles ist bereit zur Zellentnahme. Es gibt nur ein Problem:

Meine Schilddruese hat keine Knoten mehr.

Die Bilder vom Januar werden auf einem anderen Bildschirm aufgerufen und diskutiert – jetzt sehe ich sie zum ersten Mal. Ja, es sieht ziemlich boesartig aus, wenn ich mein Suchmaschinenwissen als Massstab anlegen koennte. Klar abgegrenzt, kalkig, unregelmaessig geformt, schartig. Direkt am Isthmus angrenzend, dem mittleren Schilddruesenteil.

Es geht wieder an den Ultraschallkopf und mir an den Kragen. Die ganze Schilddruese wird langsam von oben bis unten und von links nach rechts im Querschnitt durchleuchtet, waehrend drei fachkundige Augenpaare und meine neugierigen aber kopfueber befindlichen Augaepfel auf den Monitor in Grautoenen starren.

Ultraschalltechnikerin: „Also hier waere eine Art Schatten, koennte das vielleicht ein Ueberbleibsel des grossen Knotens sein?“

Chirurgin 1: „Sind wir denn sicher, dass es genau die Stelle ist, an der der grosse Knoten war?“

Ultraschalltechnikerin: „…Nein. Es ist nur in der Naehe.“

Chirurgin 1: „Also wir werden nichts anstechen, was nicht klar abgegrenzt ist, das macht keinen Sinn.“

(Chirurgin 2 hatte keine Sprechrolle, sah aber interessiert und bemueht aus.)

Nachdem die Nadeln vom Tisch sind, wird beschlossen die geschossenen Bilder und Videos an einen Radiologen zu schicken, der einen Bericht an meine Aerzte schicken soll. Ich wische mir den verbleibenden Ultraschallglibber vom Hals und folge den blauen Pfeilen zum Ausgang des Krankenhauses.

Ich empfinde Dankbarkeit. Dafuer, dass ich mein Leben fuer mich stimmiger eingerichtet habe seit der Diagnose im Januar. Dafuer, dass mein Koerper was immer da wuchs, anscheinend absorbiert hat. Dafuer, dass ich so lange auf diesen Termin warten musste! Falls der Termin schon eine Woche nach dem Ultraschallbefund stattgefunden haette, wer weiss wie die Diagnose ausgefallen waere. Vielleicht haette ich dann jetzt schon keine Schilddruese mehr?

Ein bisschen schaeme ich mich dafuer, dass ich so sauer auf das kanadische Gesundheitssystem war. Na klar, wenn ein Verdacht besteht moechte man natuerlich alles sofort bestmoeglichst abgeklaert haben. Aber in diesem Fall brauchte mein Koerper wohl ein Anpassen der Lebensumstaende und ein wenig Zeit.

Wie sagt man so schoen: „Wer weiss, wozu es gut ist?“ Das werde ich in Zukunft versuchen, noch mehr zu beherzigen, wenn etwas in meinem Leben scheinbar schief laeuft. Mir gefaellt die Vorstellung, von den Wellen des Universums langsam in die fuer mich richtige Richtung gespuelt zu werden. Ich kann mit meinem Schlauchboot zwar hart gegen die Stroemung anpaddeln, aber letztendlich aendert es nicht viel. Ein paar kleinere Paddelschlaege, die den besten Kanal mit der Stroemung waehlen, darauf moechte ich mich konzentrieren. Meine Arbeitsstunden reduziert halten, damit ich nicht mehr als Vollzeit arbeite. Sport- und Putzroutinen befolgen, wenn es geht. Ausreichend Gemuese essen und selbst kochen. Kleine Abenteuer planen und sie selbst durchfuehren, unabhaengig davon ob sich eine Begleitung dazugesellt.

Die heutigen 40 Minuten Treppenauf- und abstieg lassen meine Gedanken fliegen. Zarte Ideen treffen auf nahrhaften Boden. Jetzt liegt es an mir, dranzubleiben.

Oftmals kommt es auf den Blickwinkel an, fluestert mir die Treppe zu.

Treppe, von unten.
Treppe, von oben.

Einschub – Privates

Eigentlich bin ich ja noch dabei, von meinem Flusstrip in der Wildnis zu berichten. Seit meiner Wiederkehr in die Zivilisation ist aber einiges passiert, sodass ich einen Einschub schreiben moechte.

Als ich wieder zur Arbeit erschien, fragte ich natuerlich ob es Neuigkeiten von meinem Chef (Marc) gibt. Ja, die gaebe es, aber die solle er selbst verbreiten. Den naechsten Tag wuerde er in die Firma kommen.

Der naechste Tag kam und mit ihm Marc. Mit Rollator und Hilfe. Man setzt sich zusammen. Die Behandlungen sind abgebrochen, er wird jetzt palliativ behandelt. Keiner kann sagen, wie die Krankheit voranschreiten wird, da sie so extrem selten ist und erst wenige Male ueberhaupt dokumentiert wurde.

Jedenfalls reiche seine Kraft nicht aus, sich ausreichend um seine Arbeit zu kuemmern. An manchen Tagen kann er das Bett nicht verlassen vor Schmerzen. An anderen Tagen hat er etwas mehr Energie. Aber die will er dafuer nutzen, Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Daher wird er morgen aus dem Unternehmen ausscheiden.

Wie es jetzt mit unserer Abteilung weiterginge, frage ich. Der Direktor kam mittlerweile dazu. Das stehe nicht fest. Und wir sollten uns ungestoert unterhalten.

Zum ungestoerten unterhalten gingen wir in unseren altern Buerocontainer. Ob ich mir vorstellen koenne, die Ingenieursabteilung zu leiten, fragt Marc. Das komme drauf an zu welchen Bedingungen, antworte ich. Ich wuerde verlaessliche Hilfe benoetigen bei einigen Themengebieten, einiges muesse fremd vergeben werden. Und ich haette keine Lust, mein Privatleben hintenanzustellen und keine Freizeit mehr zu haben.

Und ausserdem, und jetzt muss auch ich schluchzen, ist es doch total doof, dass ich davon profitiere, dass er krank ist!

Ich solle es auch einer anderen Perspektive sehen: Wenn ich es mache, helfe ich dem Unternehmen und allen Beteiligten. Als Marc vor ein paar Jahren gekuendigt hatte, war seine Stelle 1,5 Jahre lang weltweit ausgeschrieben und nicht eine Bewerbung ist eingegangen. Ich bin vielleicht nicht sehr lange angelernt worden, lerne aber blitzschnell und bin auch faehig, mir Sachen selbst beizubringen aus dem Kontext. Ausserdem stehe Marc mir weiterhin bei Fragen zur Verfuegung. Nicht weil er muesse, sondern weil er gerne moechte. Seine Arbeit haette ihm immer grossen Spass gemacht und ausserdem ist es gut fuer ihn, sich nicht nur mit der Krankheit zu beschaeftigen.

Na gut… dann bin ich wohl Chef. Wie verrueckt das Leben manchmal spielt.

Marc bewundere ich dafuer, wie stark er ist. Mit seiner Partnerin und vier kleinen Kindern als Alleinversorger auszufallen, ist ein starkes Stueck. Und seine Partnerin kann jetzt noch nicht mal arbeiten gehen, da er die Kinder allein nicht betreuen kann, geschweige denn Essen zuzubereiten oder den Haushalt zu machen.

Aus meinem Gefuehl des Mitleides und der Hilflosigkeit versuche ich etwas Positives zu schaffen. In Canada ist man zwar stolz auf die soziale Absicherung und medizinische Versorgung aber in Wirklichkeit ist das Gebotene eher ein Bruchteil von dem, was ich aus Deutschland kenne. In Wirklichkeit kann Marcs Familie vielleicht ihr Haus nicht halten. Fuer mich steht fest, dass ich Geld sammeln moechte. Und ich finde, die Firma sollte sich daran beteiligen nach allem, was Marc fuer sie getan hat.

Nach einigen Gespraechen, Emails an leitende Personen und produktiven Besprechungen habe ich das tatsaechlich geschafft, die Firma wird $2500 spenden, wenn $2500 an Privatspenden zusammenkommen. Hier ist der Link zur Spendenseite und somit ein wirklicher Einblick in mein Privatleben:

https://www.gofundme.com/marc-bergeron

Ausserdem besuche ich Marc alle zwei bis drei Wochen wenn die Kinder in der Schule sind. Wir haben beschlossen, eine Kuchentherapie zu machen. Ich bringe Kuchen zum Besuch und entweder die Krankheit wird davon geheilt und wir gewinnen einen Medizin-Nobelpreis oder aber es bringt nichts und wir haben wenigstens gute Kuchen zusammen gegessen. 🙂 Den restlichen Kuchen lasse ich natuerlich da, so koenne die Kinder ihn vernichten wenn sie auch der Schule kommen.

Mein neuer Job macht mir Spass. Ich kann gut mit Verantwortung umgehen. Zunaechst habe ich viel Aufraeum- und Umstrukturierungsaufgaben vor mir fuer die naechsten Monate. Und wenn ich damit fertig bin, werden neue Projekte in Angriff genommen. So gut wie taeglich flattert sowieso etwas Dringliches auf den Tisch, so wird es nicht langweilig.

Zu Halloween wurde zum kanadischen Buffet (potluck) aufgerufen. Jeder bringt was mit, keiner spricht sich ab. Und bitte im Kostuem! Mir ist nur ein Kostuem eingefallen, das angebracht war, so hab ich es selbst geschneidert und bemalt am Abend vorher.

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Ich arbeite an meinem Schreibtisch im Flugzeugkostuem.

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Meine Arme sind die Fluegel, an denen sogar kleine Triebwerke baumeln.

Das Leben ist vielleicht nicht gerade gerecht, aber es ist doch schoen!

Diese Lektion kann man von Menschen wie Marc lernen, wenn man es an sich heran laesst.

Unerwünschter Besuch zum Jubiläum

Es ist Mitternacht. Heute bin ich seit zwei Jahren in Kanada.

Eigentlich wollte ich mich nach einer guten Mütze Schlaf in Ruhe hinsetzen und mein zweites Jahr resümieren.

Doch gerade kommen wir nach Hause von einen schönen Abendessen mit James. Komisch, die Eingangstür ist blockiert, war der Wind so stark, dass die Holzblöcke einfach umgefallen sind? Wir versuchen, die Tür zu entsperren und zu öffnen, dabei knallt mir Tyrel die Tür volle Elle an den Kopf. Sauer gehe ich in den Vorraum und schließe die Haustür auf.

Was… Warum ist der Abstelltisch umgeworfen? Und so viel liegt auf dem Boden… Ich verstehe nichts und starre auf das Chaos.

„Das ist ein verdammter Einbruch, schnell weg hier!!!“ Tyrel zieht mich am Arm wieder nach draussen.

„NICHT LAUFEN! Geh einfach zum Auto und setz dich rein! Ich hole die Schrotflinte aus meinem Auto.“

Wir gehen ums Haus. Jemand hat die Insektennetze herunter gerissen. Das Schlafzimmerfenster steht komplett offen. Tyrel brüllt ins offene Fenster und horcht. Nichts regt sich.

Schließlich betreten wir das Haus durch die Haustür. Tyrel ruft und lauscht. Ich halte Abstand.

Chaos. Die Kettensäge ist noch da. Alles andere auch. Und Bärenscheiße. Gegessen hat er nichts, nicht einmal die Mülltüte mit den Küchenresten durchwühlt. Der Kühlschrank ist geschlossen. Die Dusche ist zerstört. Ein Sofa angenagt. Ein Fenster kaputt. Viel kleine Sachen.

 

Wir telefonieren mit unserer Hausverwaltung, unserem Vermieter und schließlich der Jagdbehörde. Ein Schwarzbär hat in unserer Gegend schon viel Schaden angerichtet. Erst heute war er bei unserer Hausverwalterin auf der Veranda und hat sich von Menschen nicht stören lassen.

Der Herr von der Jagdbehörde kommt gleich vorbei und stellt eine Bärenfalle auf. Wenn wir den Bären sehen, sollen wir ihn sofort erschießen und nicht erst versuchen, zu verjagen.

Wo oder ob ich heute schlafen werde, weiß ich noch nicht.

Happy Canada Day!

Update: Dave von der Jagdbehörde ist mit uns durch das Haus gegangen, hat Haarproben mitgenommen. Dass Bären in Häuser einbrechen, ist mehr als unüblich. Oft plündern sie Hütten im Nirgendwo. Aber erst, wenn seit Monaten kein Mensch mehr drin war und es nicht mehr nach Mensch riecht. Dieser Bär hatte aber wohl Angst bekommen, als er im Haus war. Daher hat er nichts gegessen, wollte einfach nur raus aus irgendeinem Fenster und hat dabei ne Menge zerstört. Und uns in den Flur geschissen.

Dave holt jetzt eine Bärenfalle, die derzeit eine Strasse weiter steht, um ebendiesen Meister Petz zu fangen. Die Bärenfalle wird nun in unseren Vorgarten gestellt.

Ob sie auch Köder in die Falle legen, frage ich.

Ja, ne Menge!

Und was für Köder?

Einen Haufen Biberfleisch. Das sind die fettigsten Tiere, die hier rumlaufen.

Wird der Bär getötet, wenn er in die Falle getappt ist?

Ja, er ist gefährlich und kann nirgendwo freigelassen werden ohne dass er andere Menschen gefährdet.

Ist es sicher, heute Nacht hier zu schlafen?

Ja, der Bär würde wahrscheinlich gleich reißaus nehmen, wenn er euch hört oder riecht. Ausserdem wurde er nicht dafür belohnt, hier einzubrechen. Er hat nichts gegessen, hat kein positives Erlebnis gehabt. Wenn er nochmal in die Nähe kommt, würde er eher in die Falle gehen.

 

Ich habe beschlossen, heute zu zelten. Im Wohnzimmer. Nur im Innenzelt, so können wir sehen, was draussen los ist. Und die 688632 Moskitos, die jetzt unsere Mitbewohner geworden sind, saugen uns nicht leer.

Was für ein Jubiläum. Ich baue dann mal ein Zelt im Wohnzimmer auf. Kann die Situation aber schon wieder positiv sehen. Nichts wirklich Schlimmes ist passiert. Wir müssen morgen nicht arbeiten. Und lustigerweise hat der Bär unsere beiden Schwarzbärenfelle von der Wand gerissen, den Grizzly, Wolf und das Bison aber hängen lassen. Dieses Mal 1:0 für den Bären!

Liebe Grüße und macht euch keine Sorgen, mir geht es gut. 🙂

Bleiberecht

Es ist soweit.

Laut einer neuen Verordnung hatten die kanadischen Behoerden genau ein Jahr Zeit, um zu entscheiden, ob ich dauerhaft bleiben darf oder nicht. Am genau letzten Tag vor Ablauf dieser Frist erhielt ich einen Bescheid per Email. Man habe eine Entscheidung getroffen und wuerde mich kontaktieren.

Ich wurde nach einiger Zeit per Email kontaktiert, dass ich doch bitte innerhalb von 30 Tagen mit meinem Ehepartner, Pass, Bildern und einigen Formularen zu den Behoerden erscheinen muss. Ein Nichterscheinen innerhalb dieser Frist fuehre dazu, dass mein Antrag abgelehnt wird.

Wir sind erschienen… und ich habe einen Stempel im Pass!

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Ich beisse in meinen Pass, um die Echtheit zu ueberpruefen.

Wie alles bei den kanadischen Behoerden will auch die dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung gut Weile haben. Von daher muss ich jetzt noch auf meine sogenannte permanent resident card warten. Die bescheinigt dann zweifellos, dass ich mich in Kanada ohne weiteres auhalten darf und sorgt so fuer die sorgenfreie Ein- und Ausreise.

Allerdings sollte man dazu wissen, dass der gemeine Kanadier ueber nicht allzu viel Urlaubstage verfuegt. Genau genommen sind es zwei Wochen Urlaub pro Jahr, also fuer mich 8 Tage. Die bekommt man aber erst voll, wenn man ein ganzes Jahr durchgearbeitet hat. Ohne Urlaub. Das in deutschen Arbeitskreisen uebliche „Ich arbeite jetzt schon vier Monate ohne einen Tag Urlaub zu haben!“ schockt mich nicht mehr so ganz. ^^

Mit einer Woche Mexiko (das Mallorca der Kanadier) oder sogar Deutschland kann ich dieses freudige Ereignis also nicht feiern. Tyrel und ich waren lecker japanisch essen, das bei mir auch fuer Hochstimmung gesorgt! 😀

Zwei Tage spaeter erhielt ich dann ganz unerwartet noch ein Geschenk von Tyrel anlaesslich meiner Aufenthaltsgenehmigung.

Geschenke sind eigentlich nicht so seins. Und der Karton war auch zu gross und laenglich, eine Katze war da sicher nicht drin.

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Die Schrotflinte und ich auf dem Schiesstand.

Es war dann doch eine neue Schrotflinte, eine Stevens 320.

Tyrel ist ja schon seit laengerem der Meinung, dass der Trend zur Zweitschrotflinte geht, er hat naemlich schon eine. Warum ich dann noch eine brauche? Naja, zur Baerenabwehr, sagt er. Da muss ich einwaenden, dass Baerenspray viel sicherer wirkt und Statistiken zufolge auch zu weniger Verletzungen auf beiden Seiten fuehrt. Man sollte nur hoffen, dass man nicht gegen den Wind spruehen muss!

„Aber wenn du auf der Jagd bist und etwas auf kurze Distanz schiessen musst… Oder Zugvoegel im Herbst!“

Na gut. 🙂 Lieber als ein Diamentenring, Parfum oder ein paar Schuhe ist mir die Flinte allemal. Und es trainiert wohl auch die labberigen Arme beim Wandern, wenn man ein paar Kilo Schrotflinte mit sich umher traegt.

Ausserdem kann ich so endlich ein Lied der Bullyparade stilecht nachsingen, welches mich im Maschinenbaustudium beim Lernen fuer die Dynamikklausur mit Ohrwurm fast zum Wahnsinn getrieben hat:

 

Was tut man nicht alles, um sich dieser exotischen, kanadischen Kultur anzupassen! 😉

Job 5: Nochmal die Fluggesellschaft

Jawohl, ein neuer Job.

War ja auch mal wieder Zeit, oder? Immerhin habe ich den letzten ganze 4 (in Worten: vier) Monate durchgezogen!

Um ehrlich zu sein, bin ich in Job 5 reingerutscht. Oder er in mich? Hmm… Wie auch immer. 🙂

Vor einigen Wochen kam der Ingenieur der Airline auf mich zu und fragte mich, ob ich gut in Logik bin. „Ich liebe Logik!“ antwortete ich, woraufhin er nur noch von elektrischen Schaltkreisen sprach. Ich nickte und laechelte abwechselnd, bis er verabredete, mir seine Entwuerfe zu geben, damit ich sie nachvollziehen kann.

Nachdem er hinter der Stellwand meines Buerowuerfels verschwunden war, begann ich die Internetrecherche zu diesem Kommunikationsproblem und wurde schnell fuendig.

Die schlechte Nachricht: Ich habe soeben verkuendet, dass ich Elektronik liebe und damit impliziert, dass ich mich gut auskenne, obwohl ich als Maschinenbauer der natuerliche Feind des Elektrotechnikers bin und ebensowenig Ahnung davon habe.

Die gute Nachricht: Es scheint ja irgendwie logisch zu sein, wenn es Logic heisst. Und ich liebe Logik wirklich. Ausserdem kann Elektronik auch nicht schwerer sein als zum Beispiel die Festlegung der Profilverschiebung eines zu konstruierendes Zahnrades, dessen komplettes Getriebe in einer zufaellig besetzten Gruppenarbeit bearbeitet wird. Oder so.

Und immer, wenn ein Elektriker mich als Mechaniker ueberheblich behandelt, spielt sofort folgendes Lied von Torfrock in meinem Kopf:

Im schlimmsten Fall sage ich dem Ingenieur einfach, dass er eine richtig gute Arbeit abgeliefert hat und ich nicht einen einzigen Fehler finden konnte. 🙂

Ein paar Tage spaeter habe ich dann tatsaechlich die Arbeit in der Hand. Das Internet stellt mir freundlicherweise genug Ressourcen zur Verfuegung, um mir das Thema selbst naeherzubringen und dann nachzuvollziehen, was er da eigentlich gemacht hat. Und Matheregeln spielen auch eine Rolle: Allerdings sind die Boolschen Regeln anders als die ueblichen.

Ich wurstel mich durch, nach ein paar Stunden habe ich alles in einem Elektronikprogramm nachgebildet und mache mich an die mathematischen Vereinfachungen, suche Gemeinsamkeiten, klammere aus und stelle um. Auch die bilde ich nach und vergleiche die Logiktabellen.

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Ein Ausschnitt aus meiner ersten elektronischen Schaltung.

Als ich beim Herunterscrollen der Tabellen erkenne, dass meine Loesung die gleichen Ergebnisse liefert, wie die des Ingenieurs, rauschen ein paar Glueckshormone durch meine Blutbahn. Ich habs!!!

Schliesslich suche ich noch die passenden Hardware-Module mit Bestellnummern heraus, die in einem Flugzeug verbaut werden koennen. Ich grinse vor mich hin, weil der alte Rechenschieber auf meinem Hals doch noch nicht allzu verrostet ist.

Dem Ingenieur faellt die Kinnlade herunter, als er meine Loesung sieht. „Pro Flugzeug sparen wir damit $2000!“ merkt er an. Wieder laechel und nicke ich, wie am Anfang des Projekts.

Kurze Zeit spaeter taucht eine ominoese Stellenausschreibung auf, die wie fuer mich gemacht scheint. Engineering Support Specialist, zu deutsch heutzutage wahrscheinlich der gleiche Begriff. Ein Spezialist, der die Ingenieursarbeit unterstuetzt. Kann ich, mach ich.

Bekam ich.

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Dunkle Moebel, weisse Waende. In diesem Buero kommt der Bregen in Wallung.

Freitag bin ich umgezogen in mein eigenes Buero. Es steht in einem Container, zusammen mit dem Buero des Ingenieurs. Ich freue mich schon drauf, was als naechstes verruecktes passiert. 🙂

Elchfreitag

Freitag. Karfreitag.

Elchfreitag.

Es ist morgens, ich putze meine Zaehne im Badezimmer. Tyrel ruft mich in die Kueche, ich soll unbedingt kommen!

Schliesslich stehe ich in der Kueche und gucke ihn fragend mit Zahnbuerste im Hals an. „Wow, du wachsamer Jager! Guck aus dem Fenster!!“ Vor dem Fenster, so wie letzte Woche: Elchi! Durch Fenster und Fliegengitter schiesse ich ein paar Bilder.

Eine ganze Weile sitze ich im Sessel am Kuechenfenster. Wie schoen es ist, dass wir so viele Buesche haben, dass Elchi immer noch genug Futter findet. Mittlerweile wissen wir dank Nicoles Kommentar auf dem letzten Beitrag, dass Elche Heu nicht gut verdauen koennen. Seit dem liegt ein halber Heuballen elchsicher im Vorraum zu unserer Haustuer und duftet vor sich hin.

Schliesslich bleibt Elchi stehen… und legt sich einfach in den Schnee! Natuerlich muss ich das wieder festhalten.

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Elchi hat uns den Ruecken zugekehrt und sonnt sich im Schnee.

Ich freue mich, dass Elchi uns so sehr vertraut, dass sie sich so nah am Haus sonnt und uns sogar dabei den Ruecken zukehrt!

Ein wenig beobachte ich sie noch, sie liegt einfach da und kaut. Nicht mal der Kopf bewegt sich, nur die Ohren ein wenig.

Schliesslich muss Tyrel zur Arbeit fahren. Hmmm, Elchi liegt nur ca. 35 Meter entfernt vom Auto, das wir nun starten muessen. Wahrscheinlich muss ich sie aufschrecken, wenn ich das Auto starte. Es sind -15 Grad, da sollte das Auto etwas warmlaufen, bevor man faehrt.

Ich schleiche mich mit Kamera und Autoschluessel raus. Knarze ueber den Schnee zum Auto. Elchi weiss, dass ich da bin, laesst sich aber nicht stoeren.

Dann ist es wirklich Zeit, das Auto zu starten. Ich oeffne die Tuer, Elchi macht sich nichts draus. Ich starte das Auto, Elchi steht auf.

Einerseits finde ich es schade, dass ich Elchi aufschrecken musste aus der Siesta aber andererseits ist es gut, dass sie nicht zu sehr an den Menschen gewoehnt ist. Der Schrecken haelt sich jedoch in Grenzen. Sie galloppiert fuer zwei Schritte, dann geht sie im Elchtempo fuer weitere fuenf Schritte.

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Elchi hat keine Lust auf Autolaerm. Ihr Fell glaenzt wunderschoen im Sonnenlicht.

Nach ihrer aeusserst kurzen Flucht steht sie am naechsten Gebuesch und faengst schliesslich wieder an zu fressen.

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Elchi verschwindet im Gebuesch.

Nach ein paar Minuten, als wir mit dem Auto wegfahren, steht Elchi immernoch da und frisst. Jetzt haben wir sie schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Ich wuensche ihr alles Gute auf ihrem mit langen Beinen beschrittenen Weg. 🙂 Vielleicht sieht man sich ja mal wieder!

Euch allen wuensche ich eine schoene, kurze Woche!

Gartenbesuch

Am vorletzten Samstag ging ich wie jeden Tag, den ich nicht arbeite, spazieren. Der schmelzende Schnee ist nicht mehr puderig und knischt so schoen unter den warmen Stiefeln. Ich versuche, verschiedene Toene zu erzeugen auf den ersten 30 Metern vor unserer Haustuer.

Ploetzlich kracht es im Gebuesch von links. Es scheint ein sehr grosses, verschrecktes Tier zu sein, was da einen Rabatz veranstaltet. Die Eisdecke vom Fluss zerbricht sogar.

Ganz ruhig stehe ich in unserer Einfahrt. Was immer da den Laerm veranstaltet, es ist eh schneller als ich. Ganz untaetig will ich trotzdem nicht sein, ich rufe ein lautes „EY!!“ hinterher. Was besseres faellt mir nicht ein.

Schliesslich setze ich meinen Spaziergang fort. Vor zwei Wochen habe ich Elchspuren am anderen Ende unseres Grundstuecks gesichtet. Ist der Elch vielleicht immer noch in der Gegend?

Nach meinem Spaziergang gehe ich in die Richtung, aus der die Geraeusche stammten. Tatsaechlich finde ich eine Menge Elchspuren. Sie fuehren in dichtes Gestruepp, was den Laerm erklaert. So dicht, dass ich nicht nachfolge. Die Spuren sind relativ klein, es muss sich um einen jungen Elch handeln.

Zwei Tage spaeter geht Tyrel aus dem Haus, um unser Grundstueck mit dem Morgenurin abzustecken. Begeistert kommt er zurueck: „Der Elch ist in der Einfahrt, komm schnell!“ Schnell wie ein Blitz, der nicht ganz so schnell ist, greife ich Jacke und Kamera und gehe auf die Pirsch. Am Platz, wo Tyrel den Elch gesehen hat, ist er nicht mehr. Aber kurz darauf erspaeht Tyrel ihn im Gebuesch!

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Die Umrisse eines Elchs sind im Gestruepp zu erkennen.

Nach einem Foto schreitet der Elch von dannen. Wenigstens flieht er nicht mehr kopflos! 🙂

Die Pferdebesitzer, die im Sommer ihre Pferde auf der Weide vor unserem Haus grasen lassen, haben etwas Heu zurueckgelassen, welches langsam von Rehen aufgezehrt wird. Um diesen Heuballen finden sich in den folgenden Tagen immer mehr Elchspuren und der Ballen schrumpft merklich. Eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit steht der Elch in ploetzlich in der Einfahrt und springt ueber den Zaun, um mir aus dem Weg zu gehen. Ein Schauspiel, das ich wohl nicht vergessen werde.

Jetzt sind reichlich Elchspuren auf unserem Grundstueck verteilt, so dass wir gar nicht mehr wissen, ob der Elch noch in der Gegend oder schon weitergezogen ist. Heute haben wir darueber diskutiert und schliesslich eine Dokumentation im Internet angesehen. Dann kam die Antwort auf unsere Spekulationen direkt ins Wohnzimmer geliefert.

Ganz langsam und gemaechlich schlendert der Elch, von dem wir nun wissen, dass es eine Elchin ist, durch die Einfahrt. Nach 10 Minuten schleichen wir hinaus um sie nun auf frischer Tat bei den letzten Heuresten zu ertappen… und wir haben Glueck!

Es ist ganz aufregend, sich an ein so grosses Tier heranzuschleichen, wohlwissend, dass es einen laengst bemerkt hat. Ich moechte es nicht stoeren und auch nicht zu sehr auf die Pelle ruecken. Aber die Elchkuh beobachtet mich aufmerksam wenn ich mich bewege und beruhigt sich kurz darauf und frisst weiter.

Beim Beobachten der Bilder faellt mir auf, dass das rechte Hinterbein der Elchkuh auffaellig ist. Wenn man genau hinsieht, kann man erkennen, dass sie ein Loch hat zwischen Fersengelenk und Achillessehne. Die Wunde scheint schon aelter zu sein, sie ist nicht blutig oder geschwollen. Und auch scheint es ihr keine Probleme zu bereiten. Das Gangbild ist klar, Frau Elch humpelt nicht und belastet beide Seiten gleich stark.

Tyrel ist der Meinung, dass die Wunde so gut verheilen konnte, weil Elche sich mit Schmerzmitteln vollpumpen. Immerhin essen sie gern Weiden, deren Rinde zur Herstellung von Aspirin verwendet wird. Ich weiss noch nicht, ob ich der Logik ganz folge, finde den Grundgedanken aber gut! 🙂

Jetzt noch ein paar Antworten auf Fragen, die mir juengst von einer Mitbloggerin gestellt wurden:

Tally von Tallyshome stellt gerne Fragen, wenn sie nicht von den Irrungen und Wirrungen ihres verrueckt-schoenen Alltags berichtet. Und ich antworte gerne. 🙂

1. Es gibt Leute, die der Meinung sind, in eine solche Welt sollte man keine Kinder mehr setzen. Siehst du das genauso? Und wenn nicht, was würdest du diesen Menschen sagen wollen?

Das ist durchaus eine Meinung, die man akzeptieren kann und wo ich nicht mit einem Gespraechspartner an seiner Meinung ruetteln muss. Wer sich nicht fortpflanzen moechte, soll das bitte auch nicht tun! Vielleicht brauchen wir aber noch ein paar Weltverbesserer auf dieser Welt, die erst noch geboren werden muessen, wer weiss das schon so genau.

2. Die Medizin entwickelt sich stetig weiter. Künstliche Organe, Klonen etc. Eine gute Sache? Oder gefährlich?

Ich habe mich einige Zeit mit Leih- ung Eimutterschaften und deren psychologischen Folgen auseinandergesetzt, weil ich das Thema spannend finde. Es scheint so zu sein, dass es fuer Eizellspenderinnen und Leihmuetter aus Laendern wie den USA (nicht aus Armutsverhaeltnissen) keine negativen psychologischen Folgen gibt. Das ist anders, wenn eine Frau gleichzeitig Ei- und Leihmutter ist, da das geborene Kind sie eventuell an Verwandte erinnert und sie es behalten moechte. Von daher denke ich, dass das eine gute Sache ist, um kinderlosen Paaren zu helfen. Bei anderen Verfahren wie kuenstlichen Organen, Klonen und weiterem wuerde ich mich jedes Mal neu informieren und vor allem die Fragen stellen „Zu welchem Zweck?“ und „Zu welchem Preis?“.

3 . In CERN forschen sie seit einigen Jahren schon mit Antimaterie. Das, woraus die schwarzen Löcher sind. Kritiker und auch diverse Verschwörungstheoretiker fürchten, dass es irgendwann einmal zu einem riesigen Fehler kommen könnte, so dass die Antimaterie sich selbstständig macht und somit ein riesiges schwarzes Loch auf der Erde entsteht. Macht dir so ein Gedanke Angst? Wie stehst du zu solchen Forschungen?

Ich kann mich noch an die Zeit des ersten Versuchs erinnern, zu der einige Physiker Eilklagen vor Gericht gebracht haben, um alles abzublasen. Auch mit meinem vielleicht dazu nicht ausreichendem physikalischen Basiswissen erschien mir die gefuehlte Gefahr eher gering. Und falls ein tatsaechlich ein schwarzes Loch die Erde verschlingen sollte, haette einem der Bunker im Vorgarten oder der Extravorrat Teelichter von IKEA auch nicht weiter geholfen. Von daher hab ich keine Angst und lebe einfach. 🙂

4. Thema Übernatürlich: Ist dir schon mal etwas passiert, was du trotz jeder Wissenschaft nicht erklären konntest und das du deshalb als „übernatürlich“ bezeichnen würdest?

Ja, das passiert mir recht regelmaessig. Dass man zum Beispiel aus dem Nichts heraus sehr intensiv an bestimmte Leute denken muss, von denen man Monate nichts gehoert hat und am naechsten Tag haben sie Kontakt zu dir gesucht. Ich glaube aber auch, dass da schon etwas Erklaerbares dahinter steckt, wir wissen nur noch nicht was. Wenn man sich nur vorstellt, was die Leute noch im Mittelalter geglaubt haben, wo Krankheiten herkommen usw. und wie nah das Mittelalter an unserem Zeitalter ist, gemessen am Alter der Welt… dann ist es vermessen zu glauben, dass wir ploetzlich so weit sind, alles zu wissen und alles erklaeren zu koennen. Ich glaube, es ist wichtig mit offenen Augen durch die Welt zu sehen und sich keine Eindruecke zu verbieten, nur weil sie keinen Sinn machen mit den bisher erlernten Erklaerungsmodellen.

5. Ist das Schicksal vorherbestimmt oder selbstbestimmt?

Beides. Ich glaube es gibt verschiedene Szenarios, die moeglich sind. Letzendlich muessen wir uns dafuer entscheiden, jeden Tag. Ich entscheide mich gerne immer wieder fuer das, was mein Leben jetzt ausmacht. 🙂

6. Ich persönlich glaube nicht an einen personifizierten Gott. Und du?

Wenn ich ganz allein in der Natur umherwandere und meine Gedanken streifen lasse, dann habe ich das starke Gefuehl, das alles eins ist und alles zusammen haelt mit etwas Gutem, Liebenden. Nein, ich habe nicht das Gefuehl, dass das ein Mann mit langem, weissen Bart ist, obwohl ich ja pro Bart bin. Aber ich glaube, da ist etwas.

7. Wenn du die Welt in der du Leben könntest, selbst gestalten könntest, wie sähe sie dann aus? Mit Drachen und Einhörner? Sience fiction pur? Eher das was wir jetzt haben aber besser? Entschärftes Mittelalter? Schadowrun?! Erzähl mir davon!

In Deutschland habe ich mir mehr Abenteuer, Winter, Nordlichter, Berge, Wildnis und Bisons gewuenscht. Das habe ich alles im Yukon gefunden. Jetzt wuensche ich mir, dass wir bald reisen koennen, wie wir wollen. Ich moechte eine Revolution wie das Internet fuer Information und Kommunikation, nur fuer Transport. Und nein, das Elektroauto ist keine richtige Innovation fuer mich. Ich moechte auf Energiebahnen reisen koennen ganz ohne Motor. Beamen waere auch okay. Ansonsten bin ich ganz zufrieden. 🙂

Habt eine gute Woche!