Es war wieder so weit und ich bin um ein Jahr gealtert. Gefreut habe ich mich auf einen schoenen, unaufgeregten Tag. Erst zur Arbeit, wo eine Kollegin angedeutet hat, dass sie einen Kuchen fuer mich backen wird. Anschliessend eine grosse Bestellung japanischer Koestlichkeiten aus dem Restaurant abholen, nach Hause eilen und auf dem Sofa versumpfen.
Am Morgen meines Geburtstags klingelt der Wecker um 3:29 h. Als erstes erreicht mich die Neuigkeit, dass ich mir diesen Tag fortan mit meinem Neffen teilen darf, der heute geboren wurde. Was fuer schoene Neuigkeiten und alle Beteiligten lassen mich so nah daran teilhaben, als waere ich nur auf einer kurzen Dienstreise. Genauso wie es schon bei meiner niedlichen Nichte war.
Auf der Arbeit wurden tatsaechlich zwei Obstkuchen mit Muerbeteig fuer mich hergestellt, die ausserordentlich lecker waren. Zur Feier der Geburt meines Neffen steuere ich ein kleines Kaesebrett zu, damit wir uns nach dem Kuchen noch auf einen Nachtisch freuen koennen. Oder ist der Kuchen der Nachtisch?
Auf der Arbeit erreichen mich zahlreiche gute Wuensche, und auch nachdem ich zu Hause den Berg Sushi und Co vernichtet habe, bin ich noch damit beschaeftigt, Briefe, Karten und ein Paket zu oeffnen (zwei weitere befinden sich wohl noch im Zulauf) und die lieben Worte, Wuensche und Gedanken aufzunehmen.
Ich lehne mich in die Couch und sinniere. Wie verdammt reich ich doch bin. Schon fast drei Jahre bin ich weg aus Deutschland und schaffe es auch nicht immer, auf jeden Brief und jede Email zu antworten. Wie einfach waere es doch fuer alle, sich dem zuzuwenden, was sie taeglich beschaeftigt? Wie aussergewoehnlich waere es schon, wenn ich mit ein oder zwei meiner Freunde im Kontakt geblieben waere? Und ich habe so viele, so gute Freunde, mit denen ich weiterhin so eng verbunden bin.
Das will ich gar nicht an Glueckwuenschen zum Geburtstag festmachen: Ich neige selbst dazu, Geburtstage zu vergessen. Nur den von meinem Neffen werde ich mir jetzt wohl merken koennen. 😉 Es ist ein unbeschreiblicher Reichtum, dass ich so viele liebe Menschen kenne. Ich weiss ganz genau, wenn ich morgen bei denen an die Tuer klopfen wuerde, oder auch erst in 20 Jahren, es waere wieder genau so, wie in den alten Zeiten, als wir uns vor Lachen gekruemmt oder schweigend beigestanden haben.
Auch hier im Yukon habe ich mittlerweile gute Freunde gefunden. Und verrueckterweise hat dieser Blog, der ja eigentlich nur statt Kettenemail an Freunde und Familie gedacht war, zu neuen Kontakten, Gedankenaustaeuschen und sogar Freundschaften gefuehrt.
Ich fuehle mich sehr reich und beschenkt, dass ich hier in diesem Land leben darf und meine Freunde in Deutschland dafuer nicht aufgeben musste. Ich fuehle neugierig auf das naechste Kapitel, dass ich in meinem Leben auf weisse Seiten schreiben darf. Ich fuehle mich stark und zuversichtlich, dass ich den Herausforderungen gewachsen sein werde.
Zurueck auf das Sofa, das Tyrel und mich mit unseren bis zum Rand gefuellten Baeuchen traegt. Dieses Jahr hatte ich mich mit ihm im Vorfeld darauf geeignet, dass er mir nun wirklich nichts schenken soll. Zu Weihnachten hat er schon tief in die Geldboerse gegriffen und mir die Nintendo Switch Spielkonsole gekauft, auf die ich schon ueber ein Jahr scharf war. Und irgendwie muessen wir beide ja die Geschenke auch bezahlen. Doch Tyrel erklaert feierlich, er habe ein Gedicht verfasst. Na gut, ein Gedicht lasse ich mir gern gefallen. Doch wozu bitte muss er dazu erst in den Keller gehen, ich meine Augen schliessen und er etwas Schweres hinter die Couch legen? Ohoh…
Mein lieber Ehemann konnte es nicht lassen. Zu viel mit den Augen rollen wollte ich auch nicht, es ist ja lieb gemeint. Ich bin jetzt Besitzerin eines SKS Gewehrs.

Ich ziele fuer den ersten Schuss mit dem Gewehr in unserer Einfahrt.

Die SKS besitzt ein ausklappbares Bajonett. Munition wird von oben mit Hilfe von Clips in das Magazin eingefuehrt.
Was ich ueber mein Gewehr weiss:
- Es wurde 1953 in Russland beziehungsweise damals der Sowietunion hergestellt und ist gebraucht, aber professionell ueberholt.
- Es ist guenstig (puuh…) aber sehr verlaesslich und wird daher gern von fraglichen Gruppen in Krisengebieten benutzt *schwitz*.
- Die Produktion wurde eingestellt, weil die AK-47 guenstiger herzustellen war bei gleichem Kaliber 7,62 x 39 mm.
- Bei manchen Militaerzeremonien in Russland wird es noch benutzt.
- Es ist halbautomatisch. Das heisst das Gas, was beim Abfeuern einer Patrone entsteht, wird dazu verwendet, die naechste Patrone abfeuerbereit zu machen. Es ist kein Fertigladen nach jedem Schuss notwendig, solange Patronen im Magazin sind.
Halbautomatische Waffen waren mir eher suspekt. Eigentlich ist es ja einfacher, nur den Abzug zu betaetigen statt immer nachzuladen aber ich habe gesehen, dass sich die Patronenhuelsen manchmal verklemmen und nicht richtig herausbefoerdert werden. Das muss man natuerlich nicht unbedingt haben.
Tyrel ist jedenfalls der Meinung, dass dieses Gewehr meine halbautomatischen Vorbehalte aufloesen kann… und falls es so toll ist, wie er glaubt, moechte er vielleicht auch eins haben. Ahaaa! Also nicht so ganz uneigennuetzig. 😉 Mit der Nintendo Switch spielt er uebrigens auch wie ein Grosser.
Die SKS ist uebrigens die erste Feuerwaffe, der ich einen Namen gegeben habe. Ich habe sie Yuri genannt. Und zwar, weil ich jetzt aussehen muss wie ein richtiger Russe. Wer den Bezug nicht versteht, schaue sich bitte folgendes Video an.
Spielen da die Kinder nicht auch mit einer SKS?!
Wie auch immer, Waffen beiseite.
Ich danke Dir von Herzen fuer Deinen Kommentar, deinen Brief, deine Email, dein Paket oder auch einfach nur, dass du an mich gedacht hast und ich weiss, dass ich jederzeit an Deiner Tuer klopfen koennte und warm empfangen werde. ❤