Eule

Mit den Augen des Bruders Teil 2

Da in Teil 1 geklaert wurde, wie unser Grundstueck sowie Whitehorse denn nun aussieht, wenn man einen unverwohnten Blick hat, schweifen wir jetzt ein wenig mehr in die Ferne. Es geht zunaechst in die naechstgelegene „Stadt“ im Yukon, die auch nur sechs bis sieben Autostunden entfernt ist.

Trip nach Dawson City

Eine Autofahrt von sechs oder sieben Stunden hört sich für den gemeinen Europäer nicht nur wie eine Weltreise, sondern auch für totalen Stress an, den man nicht einfach so auf sich nimmt. Doch hier ticken sowohl die Uhren, als auch der Verkehr etwas anders.

Zum Beispiel ist ein Navigationssystem ziemlich überflüssig. Die Wegbeschreibung, die ich meinen Bruder für die sechsstündige Fahrt gab, war: „Fahr am Ende unserer Straße rechts auf den Highway.“ Das wars. Nach einigen Stunden kommt man an. Und die Fahrt an sich ist durch die fehlenden Verkehrsteilnehmer, die einfache Streckenführung und die wunderschöne Landschaft äußerst angenehm.

Doch dies sollte nicht der letzte Ausflug gewesen sein: Zusammen mit mir waren Johannes und Sarah dann auch noch im Kluane (sprich Klu-a-nie) National Park.

Wanderung im Kluane National Park

Obwohl wir drei alle unterschiedliche Ausmasse von Wanderlust hatten, konnten wir uns gut auf einen 15 km langen Rundweg einigen, der nicht allzu viel Steigung, jedoch tolle Ausblicke im Angebot hatte.

Auf unserem Weg bergauf sahen wir eine Menge sehr frische Baerenhaufen… Oder Beerenhaufen? Jedenfalls Haufen voller Beeren, frisch aus dem Baeren! Das ist ein untruegerisches Zeichen dafuer, dass einem jederzeit Meister Petz ueber den Weg laufen kann. Wir aber hatten Baerenspray dabei und auch alle Regeln der Baerenettikette verinnerlicht (nicht weglaufen, nicht in die Augen sehen, mit ruhiger fester Stimme sprechen und rueckwaerts gehen), sodass wir uns gut vorbereitet fuehlten.

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Jetzt wissen wir, warum gutes Kauen wichtig ist: Im Baerenkot sind eine grosse Menge unverdauter Beeren zu finden!

Ausserdem laesst sich an der Loesung gut erkennen, was die Hauptnahrung der Teddys ist: Beeren und nicht Menschen. Sonst haetten wir wahrscheinlich ein Iphone oder Schnuersenkel im Haufen gefunden.

Zur grossen Freude von Sarah haben wir dann noch Spuren von anderen Tieren gefunden. Sie wurde direkt zum Elch!

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Die grosse, abgeworfene Elchschaufel scheint gut in Sarahs Haenden zu liegen. Gut erreichbar wurde das Baerenspray am Rucksack verstaut.

Gesehen haben wir dann weder Elche noch Baeren. Die Wanderer, die uns aufgrund unserer Fotografiererei ueberholt hatten, sahen jedoch eine Baerin mit zwei Jungen vor ihnen in den Bueschen verschwinden. Einerseits waren wir ein wenig neidisch auf das Erlebnis, andererseits auch wieder nicht. 🙂

Schoene Aussichten gab es vor allem zur Mitte des Rundweges. Die ganze Lauferei hat sich ausgezahlt und die Blicke schweifen ueber malerische Berge und See.

Auf dem Weg zurueck zum Auto kommen wir noch an einem kleinen Ausblick vorbei, der uns eine Sicht ueber das Ortchen Haines Junction verschaffen soll. Kaum gucken wir um uns herum, kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf einen nahe gelegenen Baum. Ein pruefender Blick durch die Linse der Kamera bestaetigt: Es handelt sich um eine hawk owl, eine Sperbereule.

Fuer lange Minuten nimmt sie uns genau in Augenschein und posiert fuer die Kamera, bevor sie sich ein paar Baeume weiter niederlaesst.

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Die hawk owl schaut uns forschend mit gelben Augen an, waehrend wir fleissig fotografieren.

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Die Eule fliegt ein paar Baeume weiter.

Sonstiges

Die Fahrt nach Skagway, Alaska habe ich jetzt auf die beiden schoensten Bilder kondensiert: Emerald Lake und Windy Arm vom Tagish Lake.

Dann gibt es noch zwei Einblicke in die kulinarische Seite Kanadas. Zum einen das groesste belegte Brot, dass es zu kaufen gibt und zum anderen meinen persoenlichen Lieblingsburger im Yukon.

Zu guter Letzt moechte ich euch meinen Briefkasten nicht vorenthalten. Er liegt auf dem Weg in die Stadt, ca. 25 Minuten mit dem Auto entfernt und ist in etwa eine Packstation fuer Briefe. Pakete muss man dann im Postzentrum abholen oder wenn man Glueck hat ist eins der zwei Packchenfaecher nicht belegt gewesen und man hat den Fachschluessel im Briefkasten.

Der Besuch von Johannes und Sarah war sehr schoen und wenn ich die Bilder so sehe ziemlich postkartenverdaechtig! Und ich freue mich, wenn ich mit meiner kleinen Welt auch anderen eine Freude machen kann. 🙂

Elktastisch!

Eine ganze Weile schon nehme ich auf alle meine Streifzuege meine schwere Kamera mit – es koennte mir ja wieder eine Eule ueber den Weg flattern. Leider ist das bis jetzt noch nicht geschehen. Aber ausgezahlt hat es sich trotzdem bereits! Am Rande des Highways erspaehten Tyrel und ich einen Sprung Elk.

Elk steht im amerikanischen Englisch nicht etwa fuer Elch, sondern fuer Hirsche. So dachte ich zumindest bis ich eben nochmal sicher ging und es gegoogelt habe. In Wirklichkeit handelt es sich bei den Vertretern der Gattung Edelhirsche um Wapitis. Die sind um einiges groesser und schwerer als die Bambis, die in Europa anzutreffen sind. Laut Wikipedia erreichen sie eine Schuterhoehe von bis zu 1,5 Metern und ein Gewicht bis zu 450 Kilogramm.

Mit Freunden bin ich die Tage auch auf dem Lake Laberge spazieren gewesen. Es hatte den Tag vorher ordentlich geschneit und ein paar Fissel waren immer noch in der Luft. Das hatte zur Folge, dass die Berge im Hintergrund einfach nicht mehr zu sehen waren und der zugeschneite See farblich mit dem weissen Himmel verschmolz. In einem kleinen Schieferberg am Ufer war der Abdruck eines Ammoniten zu sehen. So jung ist das Land dann doch nicht, auch wenn Kanada dieses Jahr erst den 150ten Geburtstag feiert. Aber wenn man es genau nimmt, wird die Bundesrepublik dieses Jahr auch erst 68!

Beim Durchsehen meiner Bilder fand ich uebrigens, dass die Sperbereule trotz Handykamera soooo schlecht auch nicht getroffen wurde. Man kann erahnen, dass es sich um etwas Euliges handeln sollte. Also moechte ich es euch nicht vorenthalten. 🙂

Eule mit Weule

Die Schatten hinter Bäumen werden kürzer, die Tage heller und die Eichhörnchen lauter. Auch wenn das Thermometer seit einer Woche morgendlich höchstens -30 Grad anzeigt, scheint es hier sowas wie Frühling zu werden. Tyrel und ich gingen einen neuen Weg erkunden und erneut wurde eine schöne Wanderung durch eine Eulensichtung gekrönt. Dieses Mal habe ich keine great horned owl gesehen, sondern eine hawk owl, zu deutsch Sperbereule.

Wieder war ich mächtig beeindruckt, was Eulen doch für zauberhafte Kreaturen sind. Im Zoo waren sie mir etwas unheimlich, wenn sie mich mit ihrem durchdringenden Blick durch das Drahtgeflecht ansahen. Aber hier draußen in der wilden, weitläufigen Kälte? Hier erlebe ich es als sehr inspirierendes Ereignis. Der große Vogel könnte schließlich sonst wo hineulen, ich gehe auf einem winzigen Pfad in seinem Wohnzimmer spazieren. Und trotzdem gönnt er mir seine Aufmerksamkeit und starrt mich mit gelben Augen an. Dreht den Kopf wie R2D2 nach hinten und starrt mich wieder an. Nur um mir klar zu machen, dass Smartphone Kameras nicht für Tierbeobachtungen ausgelegt sind. So ein Mist.

Gestern Morgen lauschte ich ein wenig dem Ofen in der Dunkelheit. Bis sich ein weiteres Geräusch dazugesellte. Draußen, vor dem Trailer, singt eine great horned owl ihr hoo hohoo hoo. Im Zwielicht begegne ich den -31 Grad mit langer Unterhose, Pulli und Crocs über den nackten Füßen. Aber die Eule sehe ich nicht.

Zurück im angewärmten Bett überkommt mich eine Idee. Mir stehen eine Kamera und Spaziergänge zur Verfügung. Wie wäre es, wenn ich beides kombiniere und zu einem kleinem Hobby-Stalker der heimischen Fauna werde?

Gesägt, tun getan. Nach einem anständigen Fußmarsch ging und stellte ich mich dann auf die Lauer… Fürs legen lag mir dann doch zuviel Schnee herum. Nachdem meine Finger und einige Gesichtspartien von meinem Nervensystem als nicht mehr vorhanden gemeldet wurden, machte ich mich auf den Rückweg mit fetter Beute: Ich hatte doch glatt drei Bilder geschossen!!!

*hust*
Okay, ich kann mich bestimmt noch verbessern. Wäre ja auch frustrierend, wenn ich der geborene Ornithologe wäre und die ersten 29 Jahre davon keinen blassen Schimmer davon gehabt hätte, oder? Vielleicht gehe ich erstmal auf Jagd im Buchladen und schaue, ob ein Buch mit beschrifteten Piepmätzen vorrätig ist. Aber die Kamera will ich jetzt häufiger mitschleppen auf meine Erkundungstouren. Man kann ja nie wissen!

Bei einer unserer Wanderungen in einem uns noch unbekannten Gebiet hier in der Gegend sind Tyrel und ich auf eine Art kanadischen Zen-Garten gestoßen. Der Berg im Hintergrund hat wohl vor einiger Zeit mächtig gebröckelt und einige Findlinge hinterlassen. Bis jetzt ist dieser Berg mein liebster im Yukon. Ich mag ihn richtig gerne und würde ihn gerne mal besteigen (ja, ich weiß, die Frühlingsgefühle…). Dabei kannte ich noch nicht mal seinen Namen!

Nach einigen Recherchen stellte er sich heraus, dass er fieshafterweise überhaupt keinen richtigen Namen hat! Für meine Verhältnisse ist er groß und toll und schön und in Deutschland hätte jeder Gipfel bestimmt einen geschichtsträchtigen Namen. Hier heißt er einfach nur „Ibex Area Mountain“. Weil er irgendwo in der Nähe vom Ibex Mountain und dem Ibex River rumsteht. Das wird ihm nicht gerecht. Ich werde ihn Karrrsten nennen. Und wenn Tyrels Arbeitskollegin Bella in ein paar Wochen wieder zum Sommerjob aufschlägt, können wir Karrrsten vielleicht zusammen erzwingen (mein Wanderbuch sagt, das dauert neun Stunden! *keuch*).

Letzte Woche Samstag habe ich übrigens meinem ersten Konzert im Yukon beigewohnt und dann auch noch mit lokaler Musik! Claire Ness wurde in Whitehorse geboren und ist hier aufgewachsen. Ihre Musik ist eher im Bereich Country oder Folk einzuordnen, macht gute Laune und verleitet zum Träumen.

Der Vorband-Musiker war Fleetwood Holly, ein junger Mann aus Ostdeutschland (so wurde er angekündigt! Ist das nicht irre, dass die Kanadier da unterscheiden?), der jetzt auf einem Hausboot auf dem Yukon River bei Dawson City hier im Yukon wohnt und fleißig Musik macht.

Viele Wege führen nach Rom… Und noch viel mehr, viel buntere zum eigenen Glück. 🙂 Zum Beispiel auf den zugefrorenen Yukon-River zum Sonnenuntergang.