Deutschland

Gastbeitrag – Auf neuen Wegen

Wenn ich Besuch von Freunden aus Deutschland hatte, fragte ich regelmäßig, ob der Besuch einen Gastbeitrag aus deren Perspektive verfassen will.

Jetzt hatte ich schon länger keinen Besuch, aber meine Freundin und Nachbarin Berenike beschloss, in ihr Heimatland Deutschland zurückzukehren. Sie hat tatsächlich zugestimmt, einen Beitrag zu verfassen. Ganz lieben Dank dafür!

Wir hatten eine schöne Zeit gemeinsam im Yukon, seht selbst wie wir uns über meinen Monster-Osterzopf gefreut haben.

Berenike, ein monströses Hefegebäck und ich.

Während ich weiterhin sehr glücklich bin, hier zu sein, führte sie ihr nächster Schritt zurück über den Atlantik. Ihre Entscheidung finde ich sehr mutig und ich wünsche ihr vom Herzen alles Gute.

Am besten lest ihr aus ihrer Feder:


Seit genau vier Wochen bin ich nun wieder in Deutschland, nach dreieinhalb Jahren in denen mein Leben im Yukon statt fand. Dort lebte ich auf einem benachbarten Grundstück von Luisa, ebenfalls im Tiny House gemeinsam mit Partner, Hund und Ziege.

Das letzte Jahr über merkte ich, wie sehr ich meine Familie in Deutschland vermisse, gerade da meine Schwester einen Sohn bekam und meine Verwandten dadurch noch mehr zusammen wuchsen. Ich hatte richtiges Heimweh (es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich dieses Gefühl so deutlich spürte, davor war ich immer die „Nestflüchterin“ und war schon als junges Kind viel unterwegs).  Durch den Corona Virus und die Reiseeinschränkungen war es unabsehbar wann ich (wie so viele andere) wieder in die Heimat reisen kann. Im August war dann ein Besuch möglich, doch das Heimweh wurde dadurch nicht gestillt, sondern zu meinem Erschrecken gestärkt. Zurück in Kanada gab mein Herz mir ziemlich deutlich den Weg vor, den es zu gehen galt und trotz sehr schmerzlichen Abschieds ging es wenige Wochen später zurück nach Deutschland- dieses Mal mit gepackten Koffern.

Im Flieger über nordwestamerikanischen Bergketten.

Seit dem Moment in dem ich in meinem Geburtsort ankam, empfingen mich offene Arme, Herzen und Haustüren. Es erfüllte mein Herz mit tiefer Dankbarkeit und Liebe zu sehen, wie viele Menschen sich freuen, dass ich wieder in der Nähe lebe. Allen voran meine drei Patenkinder, mit denen ich nun viel Zeit verbringen darf, nachdem ich drei Jahre in ihren kurzen Leben verpasst hatte.

Entspannen im Kajak.

Ich bin sehr dankbar für die wundervolle Lebenszeit, die ich im Yukon verbracht habe und für die tiefen Verbindungen zu Menschen, Tieren und der atemberaubenden Landschaft.

Reiten im deutschen Wald.

Falls ihr euch irgendwo hingezogen fühlt, sei es ein Land, eine Person, ein Abenteuer, ist mein größter Rat einen Schritt darauf zu zugehen. Ich habe gelernt, dass meine Intuition der beste Kompass ist und mein Gefühl mir ziemlich genau sagt, was nun dran ist.

Berenike und Neffe genießen den Moment.

„Wohin du auch gehst, gehe mit ganzem Herzen“

Zwei Welten

Kuerzlich waren Tyrel und ich fuer eine Woche in Deutschland. Das erste Mal seit den drei Jahren, die wir jetzt schon in Kanada leben.

Eine Woche ist nicht viel. Daher habe ich einen Plan entworfen und fuer jeden Tag zu mindestens einer Gelegenheit eine offene Einladung ausgesprochen. Ich war ueberrascht und sehr gluecklich, wie viele Freunde und Verwandte uns trotz dieser kurzfristigen Umstaende sehen wollten. Bescheid gesagt habe ich allen alten Freunden plus Familienmitgliedern, deren Emailadresse ich hatte.

Zu Hause habe ich festgestellt, dass ich kaum Bilder gemacht habe. Und wenn, dann hab ich die beteiligten Personen nicht gefragt, ob das okay ist, wenn ich unser Bild hochlade auf den Blog… Von daher ist die Bilderauswahl mau.

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Unsere feudale Behausung in Deutschland. Mein Schwager hat es sich nicht nehmen lassen, zu unserem gewuenschten Zelt auch noch ein Wohnzimmer im Pavillon plus Kueche mit Feuerschale herzurichten.

Sofern diese Woche mit taeglichen Programmpunkten einen Hoehepunkt haben kann, war das wohl die Doenerparty am Mittwoch. Nach drei Jahren mal wieder in einen richtigen Doener beissen!!! Dazu hat die liebe Anna supertolle Muffins gebacken, die 1A aussahen wie Cheeseburger! Unglaublich lecker waren auch die Kaesekuchenmuffins mit Oreo-Boden. Schmatz! Und das noch abgerundet durch leckeres Eis von der besten Eisdiele im Umkreis. Vor der kulinarischen Kulisse kamen bestimmt 40 liebe Leute zusammen und das Wetter spielte auch mit.

Aber dann war da ja auch noch das Spargelessen bei meinen Eltern, die Soljanka in der Waldgaststaette im Harz, die Weihnachtskekse und Bayernburger beim Spaziergang, der Sucuktoast bei Pelin, die Grillfackeln, Berner Wuerstchen und die Kraeuterbutter auf Maiskolben beim Willkommensgrillen, das asiatische Essen beim Teppanyaki, die Suelze auf der Alm, die frischen Broetchen und suessen Gebaeckstuecke bei meiner Schwester, der Waffelladen, bei dem man sich alles nach Wunsch zusammenstellen kann… Und die vielen Male bei denen Tyrel und ich im Supermarkt einkaufen waren und einige Spontankaeufe direkt auf dem Parkplatz im Auto in uns hineinschaufelten. So isst man dann auch mal ne kalte Pizza extra belegt mit Zwiebelmett.

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Pizza mit Zwiebelmett sorgt auf dem Penny-Parkplatz fuer Freude.

Meine Katzen konnten ihre Wiedersehensfreude wirklich gut verbergen. *huestel* Aber ich habe mal wieder gesehen, wie gut es den beiden geht, von daher sei ihnen nachgesehen. *schnueff* Immerhin liess sich Katze Evi nach kurzer Zeit wieder mit Begeisterung den Hintern versohlen. Kater Stalin konnte ich kurzzeitig mit einer grossen Dosis Katzenminze ausser Gefecht setzen, sodass ich auch mit ihm ein Bild schoss. Er sieht nur irgendwie… ausgestopft aus.

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Evi zeigt was sie hat beim Hintern versohlen.

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Stalin unter Drogen. Kurze Zeit spaeter hat er trotzdem reissaus genommen.

Vor allem jedoch meine Freunde und Familie. Ich fuehle mich wirklich gesegnet, dass mir nach der langen Zeit mir und uns immer noch so viele liebe Menschen die Treue halten! Selbstverstaendlich ist das ganz sicher nicht. Und auch jetzt bringt mich der Gedanke an die vielen schoenen Begegnungen noch zum Laecheln. 🙂

Schliesslich kamen wir wieder im Yukon an. Die Berge standen noch da, wo wir so zurueckgelassen hatten. Hund Arma hat uns stuermisch begruesst. Leider regnet es seitdem jeden Tag, sodass unser Bauvorhaben weiterhin in den Kinderschuhen ruht. Aber auch das wird sich aendern. Immerhin leben wir in der trockensten Stadt Kanadas. Da ist so ne Woche Regen auch ganz praktisch bezueglich Waldbrandgefahr.

Hier im Yukon bin ich zuhause. Da ich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin, ist dort meine Heimat.

Wie gluecklich ich mich schaetzen kann, dass ich an beiden Orten gut aufgehoben bin.

Reichtum

Es war wieder so weit und ich bin um ein Jahr gealtert. Gefreut habe ich mich auf einen schoenen, unaufgeregten Tag. Erst zur Arbeit, wo eine Kollegin angedeutet hat, dass sie einen Kuchen fuer mich backen wird. Anschliessend eine grosse Bestellung japanischer Koestlichkeiten aus dem Restaurant abholen, nach Hause eilen und auf dem Sofa versumpfen.

Am Morgen meines Geburtstags klingelt der Wecker um 3:29 h. Als erstes erreicht mich die Neuigkeit, dass ich mir diesen Tag fortan mit meinem Neffen teilen darf, der heute geboren wurde. Was fuer schoene Neuigkeiten und alle Beteiligten lassen mich so nah daran teilhaben, als waere ich nur auf einer kurzen Dienstreise. Genauso wie es schon bei meiner niedlichen Nichte war.

Auf der Arbeit wurden tatsaechlich zwei Obstkuchen mit Muerbeteig fuer mich hergestellt, die ausserordentlich lecker waren. Zur Feier der Geburt meines Neffen steuere ich ein kleines Kaesebrett zu, damit wir uns nach dem Kuchen noch auf einen Nachtisch freuen koennen. Oder ist der Kuchen der Nachtisch?

Auf der Arbeit erreichen mich zahlreiche gute Wuensche, und auch nachdem ich zu Hause den Berg Sushi und Co vernichtet habe, bin ich noch damit beschaeftigt, Briefe, Karten und ein Paket zu oeffnen (zwei weitere befinden sich wohl noch im Zulauf) und die lieben Worte, Wuensche und Gedanken aufzunehmen.

Ich lehne mich in die Couch und sinniere. Wie verdammt reich ich doch bin. Schon fast drei Jahre bin ich weg aus Deutschland und schaffe es auch nicht immer, auf jeden Brief und jede Email zu antworten. Wie einfach waere es doch fuer alle, sich dem zuzuwenden, was sie taeglich beschaeftigt? Wie aussergewoehnlich waere es schon, wenn ich mit ein oder zwei meiner Freunde im Kontakt geblieben waere? Und ich habe so viele, so gute Freunde, mit denen ich weiterhin so eng verbunden bin.

Das will ich gar nicht an Glueckwuenschen zum Geburtstag festmachen: Ich neige selbst dazu, Geburtstage zu vergessen. Nur den von meinem Neffen werde ich mir jetzt wohl merken koennen. 😉 Es ist ein unbeschreiblicher Reichtum, dass ich so viele liebe Menschen kenne. Ich weiss ganz genau, wenn ich morgen bei denen an die Tuer klopfen wuerde, oder auch erst in 20 Jahren, es waere wieder genau so, wie in den alten Zeiten, als wir uns vor Lachen gekruemmt oder schweigend beigestanden haben.

Auch hier im Yukon habe ich mittlerweile gute Freunde gefunden. Und verrueckterweise hat dieser Blog, der ja eigentlich nur statt Kettenemail an Freunde und Familie gedacht war, zu neuen Kontakten, Gedankenaustaeuschen und sogar Freundschaften gefuehrt.

Ich fuehle mich sehr reich und beschenkt, dass ich hier in diesem Land leben darf und meine Freunde in Deutschland dafuer nicht aufgeben musste. Ich fuehle neugierig auf das naechste Kapitel, dass ich in meinem Leben auf weisse Seiten schreiben darf. Ich fuehle mich stark und zuversichtlich, dass ich den Herausforderungen gewachsen sein werde.

Zurueck auf das Sofa, das Tyrel und mich mit unseren bis zum Rand gefuellten Baeuchen traegt. Dieses Jahr hatte ich mich mit ihm im Vorfeld darauf geeignet, dass er mir nun wirklich nichts schenken soll. Zu Weihnachten hat er schon tief in die Geldboerse gegriffen und mir die Nintendo Switch Spielkonsole gekauft, auf die ich schon ueber ein Jahr scharf war. Und irgendwie muessen wir beide ja die Geschenke auch bezahlen. Doch Tyrel erklaert feierlich, er habe ein Gedicht verfasst. Na gut, ein Gedicht lasse ich mir gern gefallen. Doch wozu bitte muss er dazu erst in den Keller gehen, ich meine Augen schliessen und er etwas Schweres hinter die Couch legen? Ohoh…

Mein lieber Ehemann konnte es nicht lassen. Zu viel mit den Augen rollen wollte ich auch nicht, es ist ja lieb gemeint. Ich bin jetzt Besitzerin eines SKS Gewehrs.

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Ich ziele fuer den ersten Schuss mit dem Gewehr in unserer Einfahrt.

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Die SKS besitzt ein ausklappbares Bajonett. Munition wird von oben mit Hilfe von Clips in das Magazin eingefuehrt.

Was ich ueber mein Gewehr weiss:

  • Es wurde 1953 in Russland beziehungsweise damals der Sowietunion hergestellt und ist gebraucht, aber professionell ueberholt.
  • Es ist guenstig (puuh…) aber sehr verlaesslich und wird daher gern von fraglichen Gruppen in Krisengebieten benutzt *schwitz*.
  • Die Produktion wurde eingestellt, weil die AK-47 guenstiger herzustellen war bei gleichem Kaliber 7,62 x 39 mm.
  • Bei manchen Militaerzeremonien in Russland wird es noch benutzt.
  • Es ist halbautomatisch. Das heisst das Gas, was beim Abfeuern einer Patrone entsteht, wird dazu verwendet, die naechste Patrone abfeuerbereit zu machen. Es ist kein Fertigladen nach jedem Schuss notwendig, solange Patronen im Magazin sind.

Halbautomatische Waffen waren mir eher suspekt. Eigentlich ist es ja einfacher, nur den Abzug zu betaetigen statt immer nachzuladen aber ich habe gesehen, dass sich die Patronenhuelsen manchmal verklemmen und nicht richtig herausbefoerdert werden. Das muss man natuerlich nicht unbedingt haben.

Tyrel ist jedenfalls der Meinung, dass dieses Gewehr meine halbautomatischen Vorbehalte aufloesen kann… und falls es so toll ist, wie er glaubt, moechte er vielleicht auch eins haben. Ahaaa! Also nicht so ganz uneigennuetzig. 😉 Mit der Nintendo Switch spielt er uebrigens auch wie ein Grosser.

Die SKS ist uebrigens die erste Feuerwaffe, der ich einen Namen gegeben habe. Ich habe sie Yuri genannt. Und zwar, weil ich jetzt aussehen muss wie ein richtiger Russe. Wer den Bezug nicht versteht, schaue sich bitte folgendes Video an.

Spielen da die Kinder nicht auch mit einer SKS?!

Wie auch immer, Waffen beiseite.

Ich danke Dir von Herzen fuer Deinen Kommentar, deinen Brief, deine Email, dein Paket oder auch einfach nur, dass du an mich gedacht hast und ich weiss, dass ich jederzeit an Deiner Tuer klopfen koennte und warm empfangen werde. ❤

Markenuebertragung

Manchmal gehe ich durch die Stadt und ueberlege mir, wie die normalen Szenen von hier im deutschen Kontext wirken wuerden. Es folgt eine kurze Markenuebertragung um die Gedankenspiele zu verdeutlichen.

 

  1. Jiffy Lube

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Einer von drei Oelwechseldiensten in Whitehorse. Man faehrt hin, laesst abschmieren und faehrt wieder. Sonst machen die nichts. Hier sind Oelwechsel hoch geschaetzt und ob der winterlichen Temperaturen wechselt so mancher Autobesitzer im Herbst die Oelsorte zu einer mit niedrigerer Viskositaet.

Wenn in Deutschland ein ausschliesslicher Oelwechseldienst aufmachen wuerde, wuerde ich mir als erstes denken „Lohnt sich das? Koennen die nichts anderes? Scheint nicht sehr kompetent zu sein.“ Der uebersetzte Name „Ruckzuck Schmiermittel“ hilft uebrigens auch nicht weiter.

Wir haben unseren Oelwechsel selbst durchgefuehrt, ruckzuck hin oder her.

 

2. Canadian Helicopters

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Wie der Name sagt. Kanadische Helikopter. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Analogie waere hier Deutsche Helikopter. Kein freundlicher gelber ADAC-Rettungshubschrauber, nein ein deutscher Helikopter. Er ist deutsch. So deutsch, dass er immer fuenf Minuten zu frueh abhebt. So deutsch, dass er einen Beschwerdeknopf eingebaut hat, falls man beim Rundflug Herrn Schulz beim Rasenmaehen von 13 bis 15 Uhr beobachtet. Es ist schliesslich Mittagsruhe, wie in der Geraete- und Maschinenlaermschutzverordnung klar geregelt!!!

Aufgrund des Namens ist in nicht zu langer Zeit eine Intervention von Hans-Christian Stroebele zu erwarten, der die Hubschrauber oeffentlich diskreditiert, da ihn dieser Nationalstolz doch stark an die Nazizeit erinnert. Daraufhin verfuenffachen sich die Rundfluege ueber Sachsen.

 

3. Canadian Living

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Eine Zeitschrift, die der kanadischen Hausfrau hilft, die Familie mit den neusten Rezepten und Ratschlaegen zusammenzuhalten.

Der Gegenentwurf dazu: Deutsches Leben.

Finn Luca bringt eine Fuenf nach Hause in Werte und Normen. Thema Wahrnehmung und Vorurteile. Und dass, obwohl ihm sein Vater den Abend vorher noch eingepraegt hat, dass Vorurteile nur Verallgemeinerungen sind. Und Verallgemeinerungen sind generell falsch. Alle.

Also bekommt Finn Luca fuer eine Woche Internetverbot, damit er sich besser konzentrieren kann. Am Abend sieht der Arme aber so geknickt aus, dass sich alle einig sind, er habe seine Lektion gelernt. Er bekommt den WLAN-Zugang und ein Happy Meal von McDonalds, allerdings mit Apfelschnitzen statt Pommes. Strafe muss sein.

 

Und hier mein ungeschlagener Liebling:

4. Canadian Tire

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Eine Institution in Kanada. Sie nennen es General Store und es ist eine Mischung aus Baumarkt, ATU, Waffengeschaeft, Supermarkt und Haushaltswarengeschaft mit angeschlossener Autowerkstatt. Wenn man auf der Einkaufliste Motoroel, Farbe, Schrotflinten, Einmachglaeser, Reifen, Kuechenwaage, Katzenwaage und Schlafsack stehen hat: hier bekommt man alles. Und kann nebenbei noch den Keilriemen wechseln lassen, was bei jiffy lube ja leider nicht moeglich war.

 

Ich wollte nicht voreingenommen sein bei meinen Assoziationen zu „Deutscher Reifen“. Daher habe ich einfach die Google-Bildersuche bemueht und wurde nicht enttaeuscht. Das dritte Bild in der zweiten Reihe bestaetigte die schlimmsten Befuertungen.

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Das Bild ist am 31. Mai 1943 aufgenommen worden und traegt den Titel „Bukarest: 1. Staatsjugendtag, Bund Deutscher Mädchen, Reigen mit Reifen, Kreis, von oben“. Ein typischer deutscher Reifen(-Reigen) halt.

Ich fuerchte, es wird nie einen General Store in Deutschland geben…

Yogi Tee und die Weisheit der Welt

Ich bin immer noch hier.

Ein plausibler Grund dafür ist, dass ich in einer Abschieds-Schleife in der Matrix gefangen bin. Oder aber, dass mein Flugzeugt erst in drei Tagen abhebt. Wer weiß das schon so genau? Fühlt sich jedenfalls gleich an.

Jedenfalls habe ich wieder ein paar Dinge gelernt die letzten Tage. Und während ich jetzt seit 4:43 Stunden versuche, meinen Computer zu formatieren und es immerhin so weit geschafft habe, dass das Startmenü abhanden gekommen ist, schreibe ich diese Dinge einfach mal auf:

  1. Das Einwohnermeldeamt begnügt sich mit meiner neuen Adresse „Kanada“. Das reicht anscheinend voll aus und erklärt auch endlich, warum die Sendungen „Bitte melde Dich“ und „Vermisst“ ständig neue Folgen drehen können.
  2. Alles, wo IKEA dran steht, verkauft sich gut bei ebay Kleinanzeigen. Außer Spiegelschränke ohne Beleuchtung. Aber ganz ehrlich? Beim Benutzen der Zahnseide im Abstand 1 cm vor dem Spiegel ist mir eine diffuse Beleuchtung doch lieber.
  3. Das Samsung S4 mini scheint ein wasserdichtes Handy zu sein. Jedenfalls, wenn die Toilettenspülung nicht betätigt wird.
  4. Beim täglichen Wahnsinn fällt das Verdrängen der Realität gar nicht so schwer 🙂

An meinem vorletzten Arbeitstag habe ich angefangen, meinen Schreibtisch aufzuräumen. Ein Unterfangen, welches seit ca. 3 Jahren überfällig ist. In einer Schublade habe ich ca. 142 Teebeutel-Schnipsel von Yogi-Tee gefunden. Auf jedem Schnipsel ist ein mehr oder weniger geistreicher Spruch aufgedruckt, analog zum Glückskeks beim Asiaten um die Ecke.

An den unteren Rand meines Computer-Bildschirmes habe ich drei dieser Schnipsel vor einigen Jahren geklebt. Die für mich drei schönsten Sprüche, die ich mir immer vor Augen halten wollte. Und doch habe ich sie mir schon lange nicht mehr angesehen.

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Yogi Tee, Collage, 2013 – 2014

 

Schöner hätte ich nicht ausdrücken können. Muss ich auch nicht, dafür habe ich schließlich ca. 165 € in esoterisch angehauchten Bio-Tee investiert!

Nur die Botschaft meines letzten Glückskekses habe ich bis jetzt noch nicht ganz durchdringen können: „Pflaumenduft erwächst aus Kälte“

Ahja.

Ich bin dann mal weiter mit Formatieren beschäftigt. Das nächste Mal berichte ich hoffentlich schon aus dem Land wo Ahornsirup und Whisky fließen.

Glück Auf!

Der Abschied ist ein schweres Schaf

Ja, ich gehe.

Aber bedeutet das wirklich, dass man über einen Monat lang Abschied nehmen muss? Abschiedsessen, Abschiedstreffen, Abschiedswünsche und Abschiedsumarmungen. Schön, dass man so liebe Menschen kennt aber warum ist „Tschüss“ sagen eigentlich so schwierig? Manchmal wünsche ich mir ein wenig mehr nordischen Charme. Dann könnte ich in Gedanken meinen Elbsegler zurechtrücken (in Wirklichkeit würde eventuell ein Nasenhaar flirren) und wäre einfach weg mit einem knappen „Jo.“. Aber so cool bin ich nun mal nicht.

Seit ich viele Sachen zum letzten Mal mache, stehen sie im ganz anderen Licht da. Eine schöne Liste an Dingen entsteht, über die ich mich sonst geärgert hätte. Die aber, da sie im Lichte dieses Abschiedes stehen, mir fast ein wenig Wehmut bereitet haben.

  • Flug der Dämonen 2016

    Das letzte Mal Heide Park – eine Offenbarung

    Das letzte Mal die Mülltonnen vor das Haus stellen (Wer weiß, ob es im Yukon eine Müllabfuhr gibt!)

  • Das letzte Mal die kratzigen Socken anziehen (Sie kommen nicht mit ins Gepäck, daher schmeiße ich sie einfach weg nach dem Tragen.)
  • Das letzte Mal beim Gynäkologen (Wer mikroskopiert in Zukunft meine Körperflüssigkeiten?)
  • Das letzte Mal freitags arbeiten (Macht man eine Mittagspause oder lieber pünktlich Feierabend? Jede Woche eine spannende Entscheidung!)
  • Das letzte Mal 5 Stunden in einer Vollsperrung auf der A2 festhängen (Mit ganz viel Zeit zum Abschiednehmen vom Rasen auf der Autobahn)
  • Das letzte Mal einen Chili Cheese Burger mit extra viel Jalapenos und extra viel Chili Cheese Sauce bei Burger King bestellen und nichts extra bezahlen (Es gibt keinen Burger King in Whitehorse… ich muss die extra-Politik der anderen Läden erst austesten)

Aber – was solls? Ich wollte es so und ich will es so und würde ich so ganz sang- und klanglos entschwinden, würde ein Teil der Geschichte einfach fehlen. Also nehme ich ihn mit und an, heule, wenn mir danach ist und bin den Rest der Zeit einfach fröhlich und freue mich auf die neuen Ufer… oder Berghänge ^^.

Nur ein Zitat geht mir seit Tagen nicht aus dem Kopf. Mein Lieblings-Radio-Versprecher von einer verwirrten älteren Dame, die sich im Radio ein Lied von Roger Whittaker wünschen wollte. Doch statt „Abschied ist ein scharfes Schwert“ brachte sie nur hervor „Abschied ist ein schweres Schaf“.

Schwer. Aber auch plüschig. Und es mäht den Rasen und hilft Dir beim Einschlafen, wenn es den Sprung über den Zaun noch schaffen sollte.

Mäh.

Der letzte Monat im alten Leben

Und schon sind es nur noch vier Wochen bis zum langen Flug…

Vor ziemlich genau drei Monaten habe ich einen Entschluss gefasst: Ich werde nach Kanada ziehen, um dort zu leben. Gesagt, getan: Job und Wohnung gekündigt, Flug gebucht. Und heute bricht mein letzter Monat im alten Leben an.

Wie kommt man darauf, so eine Entscheidung zu treffen?

Nun, eigentlich ganz einfach. Anfang 2015 war ich als Urlauberin im Yukon und habe mich gleich bei Ankunft in der Flughafenhalle in Whitehorse so heimisch gefühlt wie bisher noch nirgends. Und einen Tag später lernte ich einen Kanadier kennen, den ich mittlerweile geheiratet habe und mit dem ich gern mein Leben verbringen möchte.

Auch wenn mein Gefühl mir von Anfang an deutlich machen wollte, dass sich meine Zukunft im Land der Biber und Bisons abspielen sollte und nicht zwischen Bereitschaft und Bio-Tee: es hat mich ein Jahr Nachdenken gekostet, um mich auch danach zu richten. Letzendlich entsprang meine Entscheidung aus einem logischen Dreiklang:

  1. Wenn ich es nie ausprobiere, im Yukon zu leben, werde ich es später bereuen.
  2. Wenn ich jetzt nicht gehe, gehe ich wahrscheinlich nie.
  3. Also muss ich jetzt gehen, um später nicht verbittert zurück zu blicken.

Eigentlich ist es auch egal, was später dabei rumkommt. Entweder mein Gefühl bestätigt sich und ich finde hoch oben im Norden meine Heimat. Oder es bestätigt sich nicht und ich komme wieder zurück. Dann habe ich aber wenigstens meinen Frieden wieder und muss mir nicht die Frage stellen „Was wäre wenn…?“ oder „Hätte ich mal…“.

Hopp oder Topp! Ganz oder gar nicht! Ex oder Kelly-Fan!

Und auf die Frage, ob ich nicht ein großes Risiko eingehe, kann ich nur antworten mit einem Zitat von Frank Drebin (Die Nackte Kanone):

„Man geht schon ein Risiko ein wenn man Morgens aufsteht, über die Straße geht und sein Gesicht in einen Ventilator steckt.“

In diesem Sinne: Letzter Monat, halt Dich fest, ich komme! 🙂