Bio

Die vier kleinen Schweinchen

Es ist Sonntagabend, besser gesagt die Nacht von Sonntag auf Montag. Tyrel und ich fuehlten uns irgendwie nach Autokino. Daher gab es einen daenischen Kriegsfilm auf meinem Laptop im Truck zu sehen. Um Mitternacht bewegt sich etwas hinter dem Stacheldrahtzaun auf Nachbars Grundstueck. Man bedenke, dass es hier nicht mehr dunkel wird. Mitternacht waere also hoechstens als daemmrig zu bezeichnen. Was regt sich hinter dem Zaun? …Nein, dieses mal kein Baer! Vier Ferkel gehen spazieren, als sei es das Natuerlichste der Welt.

VERDAMMT! Ich wusste ja, dass die Ferkel die Tage ankommen sollten. Aber anscheinend sind sie jetzt schon da und zwar nicht, wo sie hingehoeren. Tyrel war muede und fragte kurz, ob wir nicht so tun koennten, als haetten wir nichts gesehen. Nein! Da laeuft unser Schinken davon, schliesslich werden wir im Herbst eine Schweinehaelfte erwerben!

Also muss der Film warten, Tyrel steigt durch den Stacheldrahtzaun und ich renne zur Farm, um die unglueckliche Nachricht zu ueberbringen. Barts Partnerin Kate war gerade in der Draussenkueche am Geschirrspuelen (warte mal, war nicht Mitternacht? Warum schlaeft denn eigentlich niemand?!), weckte Bart, schnallte sich den einjaehrigen Sohn auf den Ruecken und kam mit in die vermutete Richtung der Schweine. Tyrel huetete die Schweine derzeit zurueck auf das Farmgrundstueck, allerdings liefen die Schweine prompt in ein Waldstueck hinein.

Was folgte, war eine ca. einstuendlige Hetzjagd. Aeste, Schweine, Stacheldraht flogen im Wechsel nur so an mir vorbei. Der emotionale Hoehepunkt folgte, als Bart aus Verzweiflung sein Messer nach einem Schwein warf. Er verfehlte. Die Schweine sind uebrigens nicht das erste Mal an dem Tag entwischt, wie sich herausstellte. Dann bekamen wir Verstaerkung von einer Mitarbeiterin, die gerade nach Hause fuhr.

In dieser Stunde lernte ich, warum man „Schweinsgalopp“ sagt, die Viecher sind erschreckend schnell!!!

Auch eine weitere Erinnerung schlich sich in mein weicher werdendes Hirn: In meinem alten Job soll mein damaliger Direktor einmal einfach so von einem Mitarbeiter geduzt worden sein. Ein Affront, wir sind schliesslich ein intergriertes Huettenwerk und nicht bei Ikea! Die Antwort des Direktors darauf: „Herr XY, ich kann mich nicht erinnern, dass wir mal zusammen Schweine gehuetet haben!“

Mit wem ich zusammen Schweine gehuetet habe, werde ich jedenfalls nicht vergessen. Nach einer Stunde haben wir es geschafft, die Schweine in einen Pferch aufgestellter Gefluegeltransportkisten zu jagen. Dann schlossen wir den Kreis sofort mit weiteren Kisten und machten den Kreis enger und enger, bis sich die Schweine nur noch um sich selbst drehten. Ein Schwein lief dankenswerterweise in eine Oeffnung der Kisten hinein, die daraufhin verschlossen wurde. Die Haxen von Schwein Nummer zwei fielen in Tyrels gnadenlose Haende. Das Geschrei des Ferkels drang durch Mark und Bein, ich haette bestimmt vor Schreck losgelassen. Aber Tyrel zeigte keine Gnade, das Schwein wurde kurzerhand in eine weitere Plastikkiste gestopft. Die beiden verbleibenden Schweine liessen sich das eine Lehre sein und liefen freiwillig in eine Kiste.

Nun befinden sich die Schweine nicht wie vohergesehen in einem grosszuegigen Waldstueck von Elektrozaun umgeben, sondern in einem kleinen Stall. Da aber jedes Schwein taeglich ein Drittel seines eigenen Koerpergewichts an Futter vertilgt, duerften sie bald fett genug fuer den Wald sein. Hoffe ich. Solange versuche ich, sie ein wenig an den Menschen zu gewoehnen durch die Gabe unverkaeuflichen Gemueses mit meinem Gelaber als Beilage. Mal sehen, ob es klappt.

Leider habe ich keine Fotos der Schweinejagd. Aber die Stimmung war… sagen wir mal leicht gereizt und uebermuedet. Zum Ausgleich gibt es Bilder von den Ferkeln im Stall und den beiden grossen, Henni und Bobba.

Zur Ernte vor dem Marktgang habe ich meine bis jetzt liebste Farmarbeit fuer mich entdeckt: Gruenkohl ernten! Ich wusste gar nicht, dass man beim Gruenkohl einfach nur die unteren Blaetter aberntet! Der Kohl selbst waechst weiter und irgendwann steht man vor einer kleinen Gruenkohlpalme. Superlecker! 🙂

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Ich freue mich ueber einen Strauss frisch geernteter Gruenkohlblaetter! 15 Blaetter ergeben ein Buendel.

Es handelt sich bei diesem Gruenkohl uebrigens um die russische Variante, die glatte Blaetter hat. Unseren kraeuseligen Gruenkohl bauen wir auch an, in gruen und in rot.

Bei einem Spaziergang haben Tyrel und ich unglaublich grosse Baerenspuren gefunden. Es muss sich um eine Grizzlymutter gehandelt haben, denn kleine Spuren von einem Jungen waren gleich daneben.

Und zu guter Letzt noch Neuigkeiten fuer alle Fans von Fuchs Louie: Allem Anschein nach bekommt sein Wintermantel Loecher und sein Sommerfell moechte endlich durchkommen.

Falls ich ihn in neuer Gaderobe erblicke, werde ich natuerlich Bericht erstatten! Dass man heutzutage keinen Pelz mehr traegt, ist ihm anscheinend voellig gleichgueltig. 😉

 

Ein schweinisches Laecheln

Mein Freund Bobba ist mittlerweile umgezogen und lebt jetzt in einem grosszuegigen Waldquartier. Gerne komme ich vorbei und fuettere ihn mit Bananenschalen und Apfelkerngehaeusen.

Sobald Bobba mich hoert, strampelt er sich aus seiner Liegekuhle hoch, was in einer Staubwolke endet. Dann steht er grunzend vor mir und hofft, dass es kein Salatrest, sondern etwas Fruchtiges ist, was ich ihm mitbringe.

Erkenntnis der Woche: Schweine koennen definitiv laecheln! 🙂

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Schwein Bobba laechelt in die Kamera! Der bananenschalige Lohn ist ihm fuer diesen Auftritt sicher!

Ich wollt ich waer ein Puthahn

Mittlerweile sind die Masthuehner und Truthaehne wohl aus dem groebsten Umzugsstress raus. Kurz nach dem Schluepfen werden die kleinen Kueken naemlich in einen Karton gesteckt, in ein Flugzeug verfrachtet und in ganz Kanada verteilt (Man erinnere sich, dass Kanada ganz doll viel groesser als wie Deutschland ist und die Post einige Wochen unterwegs waere).

Die Kueken der Farm stammen aus einem biologischen Schluepfbetrieb in Quebec. Wenn man sich ganz doll beeilt, wuerde die Autofahrt sechs Tage dauern. Aber die Kueken haben nicht so viel Zeit und werden daher ausgeflogen.

Sind sie erstmal im Yukon gelandet, werden sie abgeholt und finden in einem gut isolierten Zelt mit Propanheizung ihr neues Zuhause. Die ersten zwei Tage sind wohl besonders kritisch. Durch den ganzen Schluepf- und Umzugsstress sind die Voegel aeusserst verwirrt. Jede Stunde wird also nach ihnen geschaut. Dabei ist zu beachten, dass jedes Kueken lernen muss zu essen und zu trinken.

Bei der Auswahl der Rassen ist es Farmbesitzer Bart wichtig, dass es sich um sogenannte heritage breeds handelt, also alte Nutztierrassen. Die sind zwar nicht so schnell wachsend wie die neuen Zuechtungen und setzen auch nicht so viel Fleisch an, aber dafuer sind sie auch voll ausgewachsen noch ueberlebensfaehig. Viele „moderne“ Gefluegelrassen sind so sehr hochgezuechtet, dass sie voll ausgewachsen nicht mehr stehen koennen, da ihnen zu schnell zu viel Muskeln gewachsen sind. Von der vorsorglichen Antibioktikagabe und der ganzen Gesundheitsprobleme wegen des schnellen Wachstums moechte ich gar nicht erst anfangen.

Ich habe uebrigens erst vor ca. 1,5 Jahren begriffen, dass es sich bei Truthahn und Pute und das selbe Tier handelt!!! Irgendwie dachte ich immer, eine Pute ist etwas groesser und haesslicher als ein Huhn und der Truthahn hat die Hautlappen vom Kopp haengen und wird in Nordamerika zu Thanksgiving gegessen. Denkste. Truthahn = Puter, Truthenne = Pute. Was fuer ein Aha-Erlebnis!

Auch die Pflanzen wachsen und gedeihen. Das mit einem Holzofen geheizte Gewaechshaus wird jeden Dienstag mit neu ausgesaehter Anzuchterde gefuellt. Auf den Plastikschalen wird vermerkt, was ausgesaeht wurde und in welcher Woche.

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Die Plastikschale ist gefuellt mit jungen, gruenen Pflanzen und beschriftet mit P 18. P steht fuer pea, also Erbse und ausgesaeht wurden sie anscheinend letzte Woche in KW 18.

Zum Schluss moechte ich noch einen Skandal aufdecken:

Bart hat bislang immer behautptet, dass es auf der Farm weder Strom noch fliessend Wasser gibt. Doch ich habe in bester Detektivarbeit tatsaechlich eine Steckdose in der Wand ausfindig machen koennen!!!

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Durch eine Luecke im Palettenzaunes lugt ein neugieriger Schweineruessel. Ich habe dann doch nicht versucht, mein Handy hier aufzuladen.

Mal sehen, wie Bart gedenkt, sich da herauszureden. 😉

Ein Schwein macht noch keinen Sommer

Es ist tatsächlich sowas wie Frühling geworden! Das heißt nachts friert alles zu, morgens braucht man Mütze und dicke Jacke und nach ein paar Stunden fühlen sich die 11 Grad so warm an, dass man im Unternehmen herumturnt.

Und das beste: Jetzt turne ich auf einer Biofarm herum! Drei Tage die Woche helfe ich aus und lerne nebenbei, wie man im Yukon Essen anbaut.

Neben ganz vielen Gemüsebeeten und einem Gewächshaus mit Holzofen gibt es noch Enten, Hühner, Kaninchen und zwei Berkshire Schweine auf der Farm.

An Tag 1 habe ich 8 Stunden lang umgegraben, Wurzeln aus dem Boden geholt und geschaufelt. Beete fertig machen nennt man das. Am Ende des Tages habe ich eine Monsterportion Essen in mich geschaufelt und bin dann ins Koma gefallen.

Heute ist schon der zweite Tag gewesen. Da hieß es das Gewächshaus komplett umorganisieren, die größten Setzlinge in die Beete des Gewächshauses pflanzen, Anzuchterde nach Rezept mischen und in kleine Blöcke pressen und anschließend darin säen.

Was soll ich sagen? Es macht mir mega viel Spaß, ich bin selbst überrascht! Ich habe reichlich Muskelkater und tatsächlich einen leichten Sonnenbrand. Und meine Finger transformieren sich von Pianistenfingerchen zu Arbeiterpranken. Und ich fühle mich sauwohl dabei.

Merke: Durch die ganzen Risse in der Haut sammelt sich da der Dreck und so richtig sauber wird man anscheinend nicht mehr. Und die zarte, faltige Haut um das Fingergliedgelenk verwandelt sich in einen dicken Knubbel Hornhaut mit Furchen. Gestern Abend und heute Morgen habe ich alles übrigens mit Bepanthen eingecremt. Aber so richtig hats nicht geholfen. Tyrel ist ja der Meinung, man darf seine Hände gar nicht mit Creme verwöhnen, sonst würden sie süchtig danach werden. Ahja.

Anbei noch ein paar Impressionen meines Erlebens. 🙂

Unter den Beeten befindet sich übrigens Permafrost. Und das ganze Jahr über, auch im Hochsommer, kann es hier über Nacht frieren. Ich bin schon gespannt, wie man den ganzen Herausforderungen begegnet!