Baer

Flusstour 2019 – Tag 2 (Achtung, Bilder von Innereien)

Die letzte Nacht war nicht so erholsam wie erhofft. Jede Bewegung liess mich vor Schmerzen aufschrecken. Nein, diese Nacht in der Wildnis war nicht die Wunderheilung, die ich mir fuer meinen Nacken gewuenscht habe.

Dafuer war Arma ueberraschend ruhig und hat in ihrem Koerbchen geschlafen. Ich hatte befuerchtet, dass sie sehr unruhig ist und weint. Immerhin war dies ihre erste Nacht, die sie draussen in unbekannter Umgebung verbracht hat. Und kalt war es auch.

Der erste Gang fuehrt mich zu der Stelle, an der wir den Baeren gestern verarbeitet haben. Ist das Fleisch unberuehrt? Welche Tiere waren am gut pile und haben sich an Innereien genaehrt? Meine Bedenken sind unbegruendet. Bis auf ein grosses Stueck Baerenleber, welches sich zur Zeit anscheinend in Arma befindet, ist alles so, wie ich es gestern abend verlassen habe.

Anschliessend inspiziere ich das Fell. Tyrel hat es gestern abend zum Auswaschen auf unser Boot drapiert.

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Das Grizzlyfell samt Kopf und Tatzen haengt ueber einer Holzlatte unseres Bootes.

Leichte Panik steigt auf – ich kann den Hodensack am Fell nicht finden. Aber die Jagdvorschriften sehen vor, dass ein Geschlechtsmerkmal am Grizzlyfell verbleiben und vorgezeigt werden muss. Ich bin mir nicht sicher warum, denn auch Baerinnen duerfen gejagt werden. Aber nur, wenn sie keine Jungen haben. Bewaffnet mit einem Messer und einer Plastiktuete gehe ich zurueck zum gut pile und schneide Penis und Hoden heraus. Baeren sind eine der wenigen Tiere, die Penisknochen haben. Daher wird es der Behoerde hoffentlich ausreichen, wenn ich die maennlichen Organe separat einreiche.

Wir packen, waehrend Arma ihr Fruehstueck verweigert. Joe ist routinierter als wir und faehrt schon los. Wir lassen uns noch etwas mehr Zeit. Zum einen vergroessern wir damit unsere Jagdchancen, zum anderen nutze ich die Zeit, um mein Gewehr zu trocknen, zu saeubern und zu oelen. Nach dem regnerischen Tag gestern ist das wirklich noetig.

Flussaufwaerts sehe ich sieben Karibus, die scheinbar im Fluss spielen. Was fuer ein schoener Anblick! Leider habe ich meine gute Kamera nicht dabei, da die Akkus leer sind und ihre Bilder ausserdem einen Schatten haben.

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Die kleinen Punkte im oberen Fluss sind tatsaechlich Karibus!

 

Als alles sicher verstaut ist, fahren wir.

Arma ist immer noch ungewohnt ruhig. Sie schlaeft. Sie stinkt bestialisch. Dann wuergt sie Grizzlyleber hervor. Jetzt stinken Arma, das dampfende Stueck Leber und anschliessend meine Hand, die die Leber in den Fluss wirft. Pfui!

Wir legen ein paar kurze Stopps ein. Arma und Tyrel scheinen die gleichen Pinkelpausen zu benoetigen. Und es kann ja immer sein, dass man einen Elchbullen entdeckt, den man vom Fluss aus nicht gesehen haette.

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Pinkelpause fuer Arma vor malerischer Kulisse.

Schliesslich kommen wir am Lagerplatz an, den Joe zu unserem heutigen Ziel erklaert hat. Nur Joe ist nicht da. Ich kann verstehen warum, mir ist es hier entschieden zu windig! Das kann dazu fuehren, dass hinter der Plane ein Luftwirbel entsteht, der mir die ganze Nacht ueber Rauch vom Feuer ins Gesicht blaest. Darauf kann ich gut verzichten – ich hoffe heute Nacht kann ich besser schlafen als gestern.

Doch Tyrel ist anderer Meinung. „Der Wind hoert bestimmt auf zu blasen. Ausserdem muessen wir nicht jede Nacht mit Joe lagern. Ich geniesse durchaus Zeit in der Wildnis mit dir zusammen, sonst haette ich dich nicht geheiratet.“

Ob der Wind abflaut, da bin ich mir nicht sicher. Aber dem zweiten Argument kann ich mich nicht entziehen und verstehe den Wink mit dem Zaunpfahl. Heute abend werde ich meinen Ehemann ein bisschen bauchpinseln und mit ihm rumalbern. Das macht er naemlich nur, wenn er mit mir alleine ist.

Doch zunaechst muessen wir das Lager auch aufschlagen. Wir spannen Splanen, tragen alle benoetigten Sachen vom Boot zum auserkorenen Platz. Feuerholz ist hier genug vorhanden, nur ist es ziemlich nass durch den Regen der letzten Tage. Nach einigen Versuchen und mit wachsendem Aerger gelingt es mir trotzdem, ein loderndes Feuer zu entfachen.

Da erspaeht Tyrel ein Boot, das flussaufwaerts gefahren kommt. Es ist Joe! Er legt an und plauscht mit Tyrel, als ich dazustosse. Joe wollte nur sehen, ob es uns gut geht (ja) und ob wir wieder Jagdglueck hatten (nein). Ihm war es hier zu windig, als er vorbeikam (yup…). Aber mittlerweile ist der Wind schon deutlich abgeflacht (Tyrel hatte also recht).

Es faengt wieder an zu regnen; schon den ganzen Tag ueber gehen vereinzelte Schauer auf uns nieder. Joe zieht wieder flussabwaerts, sein Lager ist schon komplett aufgeschlagen. Morgen sehen wir uns bestimmt wieder!

Wir machen es uns gemütlich. Ich koche. Und ich habe tierisches Verlangen nach einem Abendessen, das vor Fett nur so trieft! Also zerteile ich ein wenig Speck auf Holzfaellerart.

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Warum Speck kleinschneiden, wenn man ihn auch mit einer Axt zerhacken kann?

Zum Abendessen gibt es Speck, Gnocci, Zwiebeln, Kaese. Soooo lecker!!

Arma verweigert immer noch ihre Mahlzeiten. Ein bisschen mache ich mir Sorgen. Maekelig beim Essen war sie wirklich noch nie. Aber sie trinkt und sie will weiterhin Stoeckchen spielen. Also wird es so schlimm doch nicht sein, oder? Tyrel kann sie ueberzeugen, ein paar Brocken von seiner Hand zu essen. Aber dann will sie nicht mehr.

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Lagerplatz am Abend

Wir verbringen eine ganze Weile mit Reden. Komisch, wir verbringen doch eigentlich jeden Tag zusammen. Und trotzdem haben wir uns noch soviel zu erzaehlen, hier draussen im Nirgendwo.

Mein von gestern noch nasser Innenstiefel trocknet ueber dem Feuer, als ich etwas steif in den Schlafsack krieche. Zum Glueck tut Nacken nicht mehr so hoellisch weh wie gestern, dagegen sind normale Schmerzen ganz gut auszuhalten. Kurz darauf schlummere ich schon selig.

Eine Woche Yukon

Eine Woche Yukon nur? Das lohnt doch nicht… denkste! Meine Freundin Dinah hat den Selbstversuch gewagt und ihn nicht bereut.

Eine Woche nach dem Baerenbesuch stand sie auf der Matte. Zwar unterbreitete sie das Angebot, uns bei der Baerenkotbeseitigung im Flur zu helfen, doch die meisten Spuren konnten wir schon beseitigen. Nur die Dusche war noch nicht funktionstuechtig, aber wofuer gibt es eigentlich die heissen Quellen? 🙂

Viele Seen, Berge und Fluesse haben wir in den ersten Tagen besichtigt. Schwierig ist es nur, das Fotomotiv zu waehlen, denn irgendwie sind hier die meisten Ausblicke Postkarten-geeignet.

Die schoenste Farbe hat meiner Meinung nach immernoch der Yukon River. Je nach Lichteinfall scheint er mehr gruenlich oder blaeulich zu schimmern.

Bei der ganzen Knipserei bin auch ich mal spontan fotografiert worden. Das passiert sonst eher selten.

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Ich stehe immer parat… am Fotoapperat!

Auf dem Weg nach Carcross haben wir dann beschlossen, Dinah auch mal arbeiten zu lassen in einem kanadischen Traditionsberuf.

Erst fanden wir uns in der kleinsten Wueste der Welt wieder und dann im Streichelzoo. Ziemlich abwechslungsreich die Ecke um Carcross!

Mein persoenliches Highlight war unser Ausflug nach Haines, was in Alaska liegt. Yukon liegt ja an der Grenze zu Alaska und Alaska scheint Kanada ne ganze Menge Kueste geklaut zu haben. Das Meer ist nur ein paar Stunden Fahrt von Whitehorse entfernt, doch da der Kuestenstreifen zu Alaska gehoert, muss man dafuer das Land verlassen und in die USA einreisen. Fuer kanadische Staatsbuerger ist das kein grosses Problem. Deutsche brauchen jedoch ein spezielles Visum fuer die USA und muessen bezahlen, dazu noch Formulare ausfuellen und und und.

Zum Glueck stiessen wir auf zwei knuffige US-Grenzbeamten auf dem Weg nach Haines. Diese gute Erfahrung hat mindestens zwei meiner drei bisher schlechten Erlebnisse mit US-Beamten wieder wettgemacht.

Haines ist ein niedliches, kleines Fischeroertchen mit Hafen direkt an einer Bucht. Da mein Auto nicht abschliessbar ist und wir vorhatten im Wagen zu naechtigen und uns nicht tagsueber um unsere Sachen sorgen wollten, haben wir uns auf einen Wohnmobilplatz direkt am Wasser gestellt.

Wir hatten Glueck und kein Kreuzfahrschiff legte an, als wir da waren. Dann ist das kleine Fischerdoerfchen ueberlaufen mit Horden von Gaesten.

Eine Attraktion in Haines ist das Eagle Preserve, in dem Wildvoegel gehalten werden, die wegen dauerhafter Einschraenkung nach Verletzungen nicht wieder ausgewildert werden koennen. Wir haben es puenktlich zur Adlerfuetterung geschafft.

Doch auch in der Natur koennen in Haines zahlreiche Adler bewundert werden.

Sogar einen jungen Grizzlybaeren konnten wir in Haines erblicken. Einen Tag vorher hatte jedoch schon ein Schwarzbaer direkt hinter unserem Auto die Strasse ueberquert. Davon existieren allerdings keine Bilder, wir haben den Augenblick einfach genossen.

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Neugieriger Baer im Strassengraben.

Am Tag unserer Rueckfahrt wollten wir noch die mueden Beinchen strecken bevor wieder fuenf Stunden Autofahrt angesagt ist. Kurzerhand stiefelten wir einen Weg entlang, der vielversprechend aussah. Keine Ahnung wie viele Kilometer die Strecke lang ist, wenn das Schild Meilen anzeigt. irgenwann wird man schon ankommen.

Irgendwann ging es dann bergauf. Und bergauf. Und weiter bergauf. Jedes Mal, wenn man einen Huegel erklimmt, wird deutlich, dass sich dahinter noch weitere Huegel verbergen. Berge motivieren mich sehr, umdrehen kommt nicht in Frage! Dann wuerde ich mich die naechsten Tage nur wundern, welche tolle Aussicht ich jetzt verpasst habe.

Trotz der Tatsache, dass es sich um Dinahs erste richtige Wanderung handelte, machte sie gut mit. Ich wandere zwar viel und gerne, bin aber zweimal hingefallen und einmal umgeknickt. Koerperklaus laesst gruessen. Aber macht nichts, ich stehe einfach wieder auf und hab trotzdem Spass.

Endlich ging es dann auch nicht mehr hoeher und wir wurden mit einer tollen Aussicht auf Haines und die umgebenden Berge belohnt. Leider war schon eine gefuehrte Gruppe auf dem Gipfel aber so konnte wenigstens jemand ein Bild von uns schiessen.

Wieder in Kanada haben wir Halt gemacht bei den Million Dollar Falls. Wir erspaehten zwar keine Muenzen, dafuer glitzerndes Wasser neben einem gepflegten Campingplatz.

Leider stand Fuchs Louie ja nicht mehr auf der Besuchsliste. Er ist seit ueber einem halben Jahr nicht aufgetaucht. Ein Abend bei James zeigte aber, dass bereits Louie junior seinen Job uebernommen hat und gerne fuer ein Fotoshooting zur Verfuegung steht.

Im Vorbeifahren sahen wir dann noch eine Moeglichkeit der Moewenbekaempfung.

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Ein Adler hat eine Moewe erlegt und wird sich gleich ans Essen machen.

Schliesslich stand nur noch auf Dinahs Liste, dass sie einen Elch sehen moechte. In freier Wildbahn konnten wir da leider nichts herzaubern, aber wozu haben wir schliesslich das Wildlife Preserve in Whitehorse?

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Dinah mit Elchkuh.

Die Woche ging schnell vorbei. Doch viele neue Eindruecke wurden gewonnen und die Seele konnte etwas durchatmen. Das ist doch die Hauptsache, egal ob das in zwei Jahren gelingt, in einer Woche oder vielleicht nur in den 6 Minuten, in denen du diesen Beitrag gelesen hast. 🙂

Unerwuenscher Besuch zum Jubilaeum Teil 2

Heute Nacht haben wir also gezeltet. Ganz abenteuerlich im Wohnzimmer. Nach drei Stunden Schlaf bin ich zur Toilette und nach sechs Stunden war die Nacht dann vorbei.

Die Canada Day Parade muss heute ohne uns auskommen. Mir ist es wichtiger, dass wir etwas aufraeumen und in ein schoeneres Haus zurueckkehren als das gestern abend der Fall war.

Dank Gabis Kommentar bin ich motiviert, vielleicht ein paar Pflanzen zu retten. Und tatsaechlich, zwei Tomaten und zwei Chilis koennen sich mit ganz viel Lebenswillen vielleicht nochmal berappeln. Ich besorge zwei grosse Toepfe und gruende zwei Pflanzen-Wohngemeinschaften. Jetzt muss ich sie nur noch angiessen und das mache ich besser draussen, damit ich den Teppich nicht flute.

Direkt vor der Haustuer giesse ich die traurig wirkenden Pflanzen – Da scheppert es im Vorgarten! DIE BAERENFALLE!!!

Ich stuerme zurueck ins Haus und reisse Tyrel vom Staubsauger weg. Wir schnappen unsere bereit stehenden Schrotflinten, laden Munition durch um im Ernstfall direkt schiessen zu koennen. Dann gehen wir im weiten Bogen um die Falle herum. Etwas bewegt sich darin und es scheint nicht unser Fuchs Skinny zu sein. Wir schauen, ob die Tuer der Falle richtig eingerastet ist, alle drei Laschen muessen eingehakt sein. Scheint der Fall zu sein. Dann kommen wir naeher. Sehen durch die Loecher im Metall einen Umriss. Es ist tatsaechlich ein Schwarzbaer in die Falle getappt. Ganz friedlich labt er sich am Biberfleisch, das in einem grobmaschigen Sack am Ende der Falle haengt und den Mechanismus ausgeloest hat. Scheint ein echter Leckerbissen zu sein!

Schliesslich gehen wir wieder ins Haus. Verrueckte Welt! Ich muss erstmal aufs Klo, doch es wartet nicht gerade eine angenehme Atmosphaere auf mich.

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Der Baer hat im Bad die ganze Duschwand herausgerissen und ein Fensterpanel zersplittert.

Duschen geht heute wohl nicht – da haben wir eine gute Ausrede, heute in den heissen Quellen zu baden. 🙂

Unerwünschter Besuch zum Jubiläum

Es ist Mitternacht. Heute bin ich seit zwei Jahren in Kanada.

Eigentlich wollte ich mich nach einer guten Mütze Schlaf in Ruhe hinsetzen und mein zweites Jahr resümieren.

Doch gerade kommen wir nach Hause von einen schönen Abendessen mit James. Komisch, die Eingangstür ist blockiert, war der Wind so stark, dass die Holzblöcke einfach umgefallen sind? Wir versuchen, die Tür zu entsperren und zu öffnen, dabei knallt mir Tyrel die Tür volle Elle an den Kopf. Sauer gehe ich in den Vorraum und schließe die Haustür auf.

Was… Warum ist der Abstelltisch umgeworfen? Und so viel liegt auf dem Boden… Ich verstehe nichts und starre auf das Chaos.

„Das ist ein verdammter Einbruch, schnell weg hier!!!“ Tyrel zieht mich am Arm wieder nach draussen.

„NICHT LAUFEN! Geh einfach zum Auto und setz dich rein! Ich hole die Schrotflinte aus meinem Auto.“

Wir gehen ums Haus. Jemand hat die Insektennetze herunter gerissen. Das Schlafzimmerfenster steht komplett offen. Tyrel brüllt ins offene Fenster und horcht. Nichts regt sich.

Schließlich betreten wir das Haus durch die Haustür. Tyrel ruft und lauscht. Ich halte Abstand.

Chaos. Die Kettensäge ist noch da. Alles andere auch. Und Bärenscheiße. Gegessen hat er nichts, nicht einmal die Mülltüte mit den Küchenresten durchwühlt. Der Kühlschrank ist geschlossen. Die Dusche ist zerstört. Ein Sofa angenagt. Ein Fenster kaputt. Viel kleine Sachen.

 

Wir telefonieren mit unserer Hausverwaltung, unserem Vermieter und schließlich der Jagdbehörde. Ein Schwarzbär hat in unserer Gegend schon viel Schaden angerichtet. Erst heute war er bei unserer Hausverwalterin auf der Veranda und hat sich von Menschen nicht stören lassen.

Der Herr von der Jagdbehörde kommt gleich vorbei und stellt eine Bärenfalle auf. Wenn wir den Bären sehen, sollen wir ihn sofort erschießen und nicht erst versuchen, zu verjagen.

Wo oder ob ich heute schlafen werde, weiß ich noch nicht.

Happy Canada Day!

Update: Dave von der Jagdbehörde ist mit uns durch das Haus gegangen, hat Haarproben mitgenommen. Dass Bären in Häuser einbrechen, ist mehr als unüblich. Oft plündern sie Hütten im Nirgendwo. Aber erst, wenn seit Monaten kein Mensch mehr drin war und es nicht mehr nach Mensch riecht. Dieser Bär hatte aber wohl Angst bekommen, als er im Haus war. Daher hat er nichts gegessen, wollte einfach nur raus aus irgendeinem Fenster und hat dabei ne Menge zerstört. Und uns in den Flur geschissen.

Dave holt jetzt eine Bärenfalle, die derzeit eine Strasse weiter steht, um ebendiesen Meister Petz zu fangen. Die Bärenfalle wird nun in unseren Vorgarten gestellt.

Ob sie auch Köder in die Falle legen, frage ich.

Ja, ne Menge!

Und was für Köder?

Einen Haufen Biberfleisch. Das sind die fettigsten Tiere, die hier rumlaufen.

Wird der Bär getötet, wenn er in die Falle getappt ist?

Ja, er ist gefährlich und kann nirgendwo freigelassen werden ohne dass er andere Menschen gefährdet.

Ist es sicher, heute Nacht hier zu schlafen?

Ja, der Bär würde wahrscheinlich gleich reißaus nehmen, wenn er euch hört oder riecht. Ausserdem wurde er nicht dafür belohnt, hier einzubrechen. Er hat nichts gegessen, hat kein positives Erlebnis gehabt. Wenn er nochmal in die Nähe kommt, würde er eher in die Falle gehen.

 

Ich habe beschlossen, heute zu zelten. Im Wohnzimmer. Nur im Innenzelt, so können wir sehen, was draussen los ist. Und die 688632 Moskitos, die jetzt unsere Mitbewohner geworden sind, saugen uns nicht leer.

Was für ein Jubiläum. Ich baue dann mal ein Zelt im Wohnzimmer auf. Kann die Situation aber schon wieder positiv sehen. Nichts wirklich Schlimmes ist passiert. Wir müssen morgen nicht arbeiten. Und lustigerweise hat der Bär unsere beiden Schwarzbärenfelle von der Wand gerissen, den Grizzly, Wolf und das Bison aber hängen lassen. Dieses Mal 1:0 für den Bären!

Liebe Grüße und macht euch keine Sorgen, mir geht es gut. 🙂

Es klopft an der Wand (Achtung, blutige Bilder)

Es ist Mittwoch abend. Wieder einmal stelle ich um 21 Uhr fest, dass es schon wieder viel zu spaet geworden ist. Der Wecker klingelt um 4:20 h in der Frueh und ich brauche eine gute Muetze Schlaf, um mein Gehirn im vollen Umfang nutzen zu koennen.

Gegen 21:30 h liege ich dann auch endlich im Bett und schlafe ein. Tyrel bleibt meist noch etwas auf, da er nicht so frueh aufstehen muss und schleicht dann spaeter leise ins Schlafzimmer.

Ich werde wach, da Tyrel sich neben mir ruckartig bewegt. Draussen kracht es.

„Da ist ein Baer!!“

Klare Gedanken fassen kann ich noch nicht. Was kracht da an der Aussenwand des Schlafzimmers, warum soll das ein Baer sein und was ist hier ueberhaupt los? So frage ich dann einfach „Und jetzt?!“

„Ich werde ihn schiessen!“

Achja, es ist ja Baerensaison und wir haben zusammen ganze vier Abschussgenehmigungen fuer Schwarbaeren und zwei fuer Grizzlybaeren. Aber bitte warum wuerde ein Baer gegen unsere Wand krachen?

Waehrend ich noch versuche, die Dinge in meinem Kopf zu sortieren, ist Tyrel angezogen und hat seine Schrotflinte geladen mit speziellen kupferummantelten Bleigeschossen, petetrator slugs.

Einfach im Bett liegen bleiben kann ich auch nicht. Ich ziehe einen Wollpulli ueber und gehe ins Wohnzimmer. Um auch irgendwie bewaffnet zu sein, greife ich zu unserem Baerenspray, und komme mir dabei albern vor, als ich Tyrel durchs Fenster beim Anschleichen sehe. Aber falls der Baer Tyrel am Wickel haben sollte, ist es am besten, mit Baerenspray auf das Knaeul zu spruehen. So toetet man wenigstens nicht den Falschen aus Versehen.

Tyrel legt an und es knallt.

Dann geht er zurueck zur Tuer, wo ich ihm entgegen gehe.

„Ein Schwarzbaer! Ich hab ihn getroffen aber er ist entkommen. Wir muessen ihn aufspueren!“

Schnell lade auch ich meine neue Schrotflinte mit den penetrator slugs, schnalle meine Bauchtasche mit Jagdgenehmigung, Abschussgenehmigungen und Munition um und schluepfe in bereitstehende Gummistiefel. Wir gehen zur Abschussstelle.

Der Baer hat eine kleine Gefriertruhe umgeschmissen und inspiziert. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann, denn sie ist leer. Hat sie vielleicht interessant gerochen? Schwarzbaeren sollen einen Geruchssinn haben, der sieben Mal besser ist als der von Hunden!

Tyrel geht schnell noch ins Haus und holt die Kopflampen fuer den Fall, dass es dunkel wird. Noch ist es zum Glueck hell so hoch im Norden. Ich stehe da mit meiner Flinte und schaue auf die umliegenden Buesche. Irgendwo ist der Baer, sehr wahrscheinlich verletzt und zu allem bereit. Die Pferde, die auf dem Feld neben unserem Haus stehen, sind ganz aufgeregt, laufen umher und geben blubberige Geraeusche von sich. Und dann hoere ich ein tiefes Stoehnen von weiter rechts, etwas entfernter. Da muessen wir hin!

Mit Tyrel streife ich durch das Gebuesch hinter unserem Haus. „Vergiss nicht, auch auf die Baeume zu schauen!“ fluestert er mir zu. Stimmt ja, Schwarzbaeren sind ausgezeichnete Kletterer. Ein komisches Gefuehl ist es schon, durch das Dickicht zu streifen in dem Wissen, dass ein verletzter Baer ganz in der Naehe ist und der Baer mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr genau weiss, wo wir gerade trampeln.

Wir schluepfen schliesslich durch den Zaun zur Pferdeweide um zu sehen, warum die Pferde so einen Radau machen. Beide Pferde stehen direkt in einer Ecke der Weide und starren auf einen Punkt. Als wir uns naehern, rennt das juengere Pferd wie von der Tarantel gestochen weg. Das Aeltere ist auch sichtlich nervoes und weicht uns schnell aus.

Tatsaechlich haben die Pferde auf den Baeren gestarrt, der etwas entfernt auf der anderen Seite des Weidezauns liegt und sich noch bewegt. Doch mit der Schrotflinte koennen wir keinen sauberen Schuss landen. Ich gehe zurueck, um das Gewehr mit Vergroesserungsglas (Scope) zu holen, waehrend Tyrel die Position der Pferde einnimmt und den Baeren im Auge behaelt.

Wieder streife ich durch Buesche und bewundere meine Jagdbekleidung. Ich trage einen Wollpulli und eine Schlafhose aus Fleece, dazu Gummistiefel, Brille und meine Zahnschiene gegen Knirschen neben Schrotflinte und Bauchtasche.

Im Haus muss ich erstmal dringend pinkeln, lade dann das Gewehr, packe extra Munition in meine Bauchtasche und schnalle das Gewehr auf den Ruecken. In den Haenden halte ich nach wie vor die Schrotflinte. Die ist einfach praktischer im Busch, falls man sofort auf eine Situation reagieren muss.

Tyrel hat in der Zwischenzeit seine Position gewechselt, der Baer ist aufgestanden. Mittlerweile liegt er wieder auf dem Ruecken und wir versuchen uns zu einer Position zu bewegen, in der wir einen sauberen Schuss landen koennen. „Wenn er noch mehr in diese Richtung geht, verschwindet er im Sumpf. Wir muessen ihn umzingeln!“, weist Tyrel an. Einen verletzten Baeren zu umzingeln hoert sich nicht nach der Beschaeftigung an, die man der Nachtruhe unbedingt vorziehen wuerde. Doch ich moechte in diesem Moment nur noch eins: Das Leid des Baeren beenden.

Als wir den Baeren zu umkreisen versuchen, rappelt er sich wieder auf und geht weiter. Ich kann meine Augen nicht von ihm lassen, es ist ein majestaetischer Anblick, wie der Baer in seiner Kraft trotz seiner Schmerzen noch so schreiten kann. Dann sieht Tyrel eine gute Schussposition und schiesst zwei Mal. Der Baer bricht zusammen.

Er stoehnt und windet sich, rollt einen Abhang herunter. Dann wird es sehr still. Wir beobachten den Baeren fuer ein paar Minuten. Nichts ruehrt sich.

Jetzt ist es Zeit, an die naechsten Schritte zu denken. Tyrel entwertet eine Abschusserlaubnis. Wir gehen zum Haus und ueberlegen, wie wir den Baeren transportieren koennen. Die Moskitos zerfleischen uns so nah am sumpfigen Gebiet und es waere schoen, wenn wir ihn etwas geschuetzter verarbeiten koennten. Leider ist uns ein Griff unserer Schubkarre vor zwei Wochen abgebrochen. Und wie bekommen wir den Baeren den Hang hoch? Ich schlage vor, es mit dem Plastikkinderschlitten zu versuchen, der uns schon beim Transport des Bisons gute Dienste erwiesen hat.

Beim Haus spruehen wir erstmal die anscheinend verlockende Gefriertruhe mit Chlorwasser aus, damit wir nicht noch mehr Baeren anlocken. Ich ziehe mir Handschuhe an, da es jetzt wahrscheinlich blutig wird. Mit Schlitten und kaputter Schubkarre kehren wir zurueck. Zwei Schrotflinten haben wir natuerlich noch dabei. Manchmal werden weitere Baeren von den Schuessen angelockt.

Wir stellen den Schlitten neben den Baeren und versuchen ihn hinein zu rollen. Mit ist ganz mulmig zumute, der Baer hatte sich eben noch bewegt und sieht so aus, als wuerde er nur schlafen. Da stelle ich mich lieber an das hintere Ende. Als Tyrel das Vorderbein bewegt, ertoent ein Grollen und ich erschrecke mich. Doch das Grollen wurde durch die Loecher in der Lunge erzeugt, durch die beim Bewegen Luft stroemte. Schliesslich liegt der Baer im gelben Schlitten.

Der Baer ist ein stattliches Maennchen mit geschaetzt 150 kg Gewicht. Der Geruch steigt mir in die Nase und ich verstehe nicht, dass ich diesen Geruch nicht immer im Gedaechtnis habe. Suess-feucht-herb. Meine DNA scheint ihn seit Urzeiten zu kennen, meine Nackenhaare stellen sich auf. Es scheint der Geruch der Gefahr zu sein.

Zwischen duennen Baeumen und Gebuesch zerren wir den Baeren schliesslich den Hang hoch. Neben den Schlitten legen wir die Schubkarre auf die Seite und schaffen es irgendwie, die Schubkarre samt Baeren aufzurichten. Der Weg nach Hause mit Baeren in der Schubkarre ist lang. Wir koennen nicht ueber die Pferdeweide abkuerzen und durch kein Gebuesch fahren. Doch irgendwann stehen wir vor dem Haus.

Wir raeumen den Weg frei von der Haustuer bis zum grossen Tisch in Wohnzimmer und legen aufgeschnittene Plastiksaecke aus, um das spaetere Aufraeumen zu begrenzen. Dann hiefen wir die Schubkarre Stufe fuer Stufe zur Haustuer und fahren den Baeren ins Wohnzimmer. Hier atmen wir erstmal tief durch.

Ich zuecke den Fotoapperat, irgendwie moechte ich nicht, dass der Baer so ganz gesichtslos in unserer Gefriertruhe verschwindet.

Waehrend Tyrel mehr Muellsaecke ausbreitet und den Wohnzimmertisch fuer das Verarbeiten vorbereitet, raeume ich den Kuehlschrank um und nehme Glasplatten und Schubladen heraus. Zum Glueck haben wir nicht viel im Kuehlschrank, ich wollte nach der Arbeit gross einkaufen. Jetzt denke ich, dass es in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit weise ist, den Baeren nur auszuweiden, zu Haeuten und in grosse Stuecke zu teilen, die man dann im Kuehlschrank fuer ein paar Tage aufbewahrt, bis man alles zerteilt und einfriert.

Als alles vorbereitet ist, muss der grosse Baer noch irgendwie auf den Tisch gewuchtet werden. Ich merke, wie mir die Kraefte mit jedem neuen Versuch mehr versagen und mein Koerper nach Schlaf verlangt. Tyrel schlaegt vor, dass wir drei Betonschalungssteine aus dem Garten holen und die Schubkarren an sich aufbocken. Hier lerne ich mal wieder ein neues englisches Wort, diese Steine nennt man cinder blocks, was sich mit Schlackenblock uebersetzen liesse. Nach weiteren Kraftanstrengungen helfen uns diese Steine tatsaechlich, die Schubkarre aufzubocken und den Baeren auf dem Tisch zu platzieren.

Tyrel sieht mich an und ich scheine so auszusehen, wie ich mich fuehle. Er schickt mich ins Bett. Fuer anderthalb Stunden versuche ich zu schlafen, muss aber immer wieder an den Baeren denken und wie dankbar ich bin, dass ich ihn von so Nahem betrachten konnte. Dann frage ich mich, warum ich nicht wie andere auch die Baeren bei einer Wohnmobilreise vom Strassenrand aus beobachten kann. So richtig eine Antwort faellt mir nicht ein. Die Jagd jedoch ist mittlerweile zu einem wichtigen Bestandteil in meinem Leben geworden. Es fuehlt sich ehrlich an, das Fleisch zu essen von einem Lebewesen, in dessen letzten Lebensminuten man dabei war. Es ist eine Auseinandersetzung mit Leben und Tod. Keine Auslagerung der Verantwortlichkeiten.

Schliesslich uebermannt mich noch ein kurzes Nickerchen. Ich traeume, dass Tyrel und ich unbedingt in die Pullman City Westernstadt im Harz muessen, um eine Auskunft zu erhalten. Doch die Wetsernstadt ist geschlossen. Dann klingelt der Wecker. Komischerweise fuehle ich mich nicht so schlecht wie vermutet.

Als erstes moechte ich sehen, wie sich Tyrel schlaegt. Ich oeffne die Schlafzimmertuer und ein beissender Geruch kommt mir entgegen. Eingeweide. Im Wohnzimmer treffe ich auf einen ueberraschend zurechnungsfaehig wirkenden Mann, der den Baeren komplett ausgeweidet hat. Jetzt ist nur noch das Haeuten und Zerteilen dran. Ob er das schafft, bevor er auch zur Arbeit muss? Er ist zuversichtlich, obwohl es nur noch wenige Stunden bis dahin sind.

Ich mache mich fertig und gehe zur Arbeit. Spaeter korrespondieren Tyrel und ich. Gegen Mittag schickt er mir eine Nachricht, dass ihm gerade aufgefallen ist, dass er beim Haeuten anscheinend doch etwas muede war. Ich soll in den Kuehlschrank gucken, wenn ich nach Hause komme.

Im Kuehlschrank finde ich dann Folgendes vor:

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Der Kuehlschankinhalt. Eine Menge Baerenfleisch, dann der Hals und Kopf. Doch der Kopf ist noch voll bepelzt.

Tyrel muss so geistig umnachtet gewesen sein aufgrund des Schlafmangels, dass er den Pelz um den Kopf einfach abgeschnitten hat. Okay, das sieht dann wahrscheinlich komisch aus, wenn man das Baerenfell ohne Kopf hat. Aber vielleicht verarbeiten wir es nach dem Gerben ja und machen Handschuhe daraus, oder einen Bikini. Dann faellt es gar nicht mehr auf. 🙂

Einige Teile hatten nicht mehr in den Kuehlschrank gepasst. Die hat Tyrel dann in unsere Gefriertruhe gelegt und wir haben sie nach der Arbeit wieder herausgenommen und verarbeitet. Doch an dem Rest sitzen wir immer noch dran. Der Baer ist ganz schoen gross und hatte auch gute Fettreserven. Vor allem dafuer, dass die Baeren erst vor kurzem aus dem Winterschlaf erwacht sind. Daher wundert es mich noch mehr, dass er unsere leere Kuehltruhe demolieren wollte.

Ich betrachte sein Opfer einfach als ein grosses Geschenk, fuer das ich sehr dankbar bin! Und jetzt mache ich mich an die Zubereitung des heutigen Abendessens. Es gibt Baerengulasch.

Mit den Augen des Bruders Teil 2

Da in Teil 1 geklaert wurde, wie unser Grundstueck sowie Whitehorse denn nun aussieht, wenn man einen unverwohnten Blick hat, schweifen wir jetzt ein wenig mehr in die Ferne. Es geht zunaechst in die naechstgelegene „Stadt“ im Yukon, die auch nur sechs bis sieben Autostunden entfernt ist.

Trip nach Dawson City

Eine Autofahrt von sechs oder sieben Stunden hört sich für den gemeinen Europäer nicht nur wie eine Weltreise, sondern auch für totalen Stress an, den man nicht einfach so auf sich nimmt. Doch hier ticken sowohl die Uhren, als auch der Verkehr etwas anders.

Zum Beispiel ist ein Navigationssystem ziemlich überflüssig. Die Wegbeschreibung, die ich meinen Bruder für die sechsstündige Fahrt gab, war: „Fahr am Ende unserer Straße rechts auf den Highway.“ Das wars. Nach einigen Stunden kommt man an. Und die Fahrt an sich ist durch die fehlenden Verkehrsteilnehmer, die einfache Streckenführung und die wunderschöne Landschaft äußerst angenehm.

Doch dies sollte nicht der letzte Ausflug gewesen sein: Zusammen mit mir waren Johannes und Sarah dann auch noch im Kluane (sprich Klu-a-nie) National Park.

Wanderung im Kluane National Park

Obwohl wir drei alle unterschiedliche Ausmasse von Wanderlust hatten, konnten wir uns gut auf einen 15 km langen Rundweg einigen, der nicht allzu viel Steigung, jedoch tolle Ausblicke im Angebot hatte.

Auf unserem Weg bergauf sahen wir eine Menge sehr frische Baerenhaufen… Oder Beerenhaufen? Jedenfalls Haufen voller Beeren, frisch aus dem Baeren! Das ist ein untruegerisches Zeichen dafuer, dass einem jederzeit Meister Petz ueber den Weg laufen kann. Wir aber hatten Baerenspray dabei und auch alle Regeln der Baerenettikette verinnerlicht (nicht weglaufen, nicht in die Augen sehen, mit ruhiger fester Stimme sprechen und rueckwaerts gehen), sodass wir uns gut vorbereitet fuehlten.

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Jetzt wissen wir, warum gutes Kauen wichtig ist: Im Baerenkot sind eine grosse Menge unverdauter Beeren zu finden!

Ausserdem laesst sich an der Loesung gut erkennen, was die Hauptnahrung der Teddys ist: Beeren und nicht Menschen. Sonst haetten wir wahrscheinlich ein Iphone oder Schnuersenkel im Haufen gefunden.

Zur grossen Freude von Sarah haben wir dann noch Spuren von anderen Tieren gefunden. Sie wurde direkt zum Elch!

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Die grosse, abgeworfene Elchschaufel scheint gut in Sarahs Haenden zu liegen. Gut erreichbar wurde das Baerenspray am Rucksack verstaut.

Gesehen haben wir dann weder Elche noch Baeren. Die Wanderer, die uns aufgrund unserer Fotografiererei ueberholt hatten, sahen jedoch eine Baerin mit zwei Jungen vor ihnen in den Bueschen verschwinden. Einerseits waren wir ein wenig neidisch auf das Erlebnis, andererseits auch wieder nicht. 🙂

Schoene Aussichten gab es vor allem zur Mitte des Rundweges. Die ganze Lauferei hat sich ausgezahlt und die Blicke schweifen ueber malerische Berge und See.

Auf dem Weg zurueck zum Auto kommen wir noch an einem kleinen Ausblick vorbei, der uns eine Sicht ueber das Ortchen Haines Junction verschaffen soll. Kaum gucken wir um uns herum, kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder auf einen nahe gelegenen Baum. Ein pruefender Blick durch die Linse der Kamera bestaetigt: Es handelt sich um eine hawk owl, eine Sperbereule.

Fuer lange Minuten nimmt sie uns genau in Augenschein und posiert fuer die Kamera, bevor sie sich ein paar Baeume weiter niederlaesst.

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Die hawk owl schaut uns forschend mit gelben Augen an, waehrend wir fleissig fotografieren.

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Die Eule fliegt ein paar Baeume weiter.

Sonstiges

Die Fahrt nach Skagway, Alaska habe ich jetzt auf die beiden schoensten Bilder kondensiert: Emerald Lake und Windy Arm vom Tagish Lake.

Dann gibt es noch zwei Einblicke in die kulinarische Seite Kanadas. Zum einen das groesste belegte Brot, dass es zu kaufen gibt und zum anderen meinen persoenlichen Lieblingsburger im Yukon.

Zu guter Letzt moechte ich euch meinen Briefkasten nicht vorenthalten. Er liegt auf dem Weg in die Stadt, ca. 25 Minuten mit dem Auto entfernt und ist in etwa eine Packstation fuer Briefe. Pakete muss man dann im Postzentrum abholen oder wenn man Glueck hat ist eins der zwei Packchenfaecher nicht belegt gewesen und man hat den Fachschluessel im Briefkasten.

Der Besuch von Johannes und Sarah war sehr schoen und wenn ich die Bilder so sehe ziemlich postkartenverdaechtig! Und ich freue mich, wenn ich mit meiner kleinen Welt auch anderen eine Freude machen kann. 🙂

Die vier kleinen Schweinchen

Es ist Sonntagabend, besser gesagt die Nacht von Sonntag auf Montag. Tyrel und ich fuehlten uns irgendwie nach Autokino. Daher gab es einen daenischen Kriegsfilm auf meinem Laptop im Truck zu sehen. Um Mitternacht bewegt sich etwas hinter dem Stacheldrahtzaun auf Nachbars Grundstueck. Man bedenke, dass es hier nicht mehr dunkel wird. Mitternacht waere also hoechstens als daemmrig zu bezeichnen. Was regt sich hinter dem Zaun? …Nein, dieses mal kein Baer! Vier Ferkel gehen spazieren, als sei es das Natuerlichste der Welt.

VERDAMMT! Ich wusste ja, dass die Ferkel die Tage ankommen sollten. Aber anscheinend sind sie jetzt schon da und zwar nicht, wo sie hingehoeren. Tyrel war muede und fragte kurz, ob wir nicht so tun koennten, als haetten wir nichts gesehen. Nein! Da laeuft unser Schinken davon, schliesslich werden wir im Herbst eine Schweinehaelfte erwerben!

Also muss der Film warten, Tyrel steigt durch den Stacheldrahtzaun und ich renne zur Farm, um die unglueckliche Nachricht zu ueberbringen. Barts Partnerin Kate war gerade in der Draussenkueche am Geschirrspuelen (warte mal, war nicht Mitternacht? Warum schlaeft denn eigentlich niemand?!), weckte Bart, schnallte sich den einjaehrigen Sohn auf den Ruecken und kam mit in die vermutete Richtung der Schweine. Tyrel huetete die Schweine derzeit zurueck auf das Farmgrundstueck, allerdings liefen die Schweine prompt in ein Waldstueck hinein.

Was folgte, war eine ca. einstuendlige Hetzjagd. Aeste, Schweine, Stacheldraht flogen im Wechsel nur so an mir vorbei. Der emotionale Hoehepunkt folgte, als Bart aus Verzweiflung sein Messer nach einem Schwein warf. Er verfehlte. Die Schweine sind uebrigens nicht das erste Mal an dem Tag entwischt, wie sich herausstellte. Dann bekamen wir Verstaerkung von einer Mitarbeiterin, die gerade nach Hause fuhr.

In dieser Stunde lernte ich, warum man „Schweinsgalopp“ sagt, die Viecher sind erschreckend schnell!!!

Auch eine weitere Erinnerung schlich sich in mein weicher werdendes Hirn: In meinem alten Job soll mein damaliger Direktor einmal einfach so von einem Mitarbeiter geduzt worden sein. Ein Affront, wir sind schliesslich ein intergriertes Huettenwerk und nicht bei Ikea! Die Antwort des Direktors darauf: „Herr XY, ich kann mich nicht erinnern, dass wir mal zusammen Schweine gehuetet haben!“

Mit wem ich zusammen Schweine gehuetet habe, werde ich jedenfalls nicht vergessen. Nach einer Stunde haben wir es geschafft, die Schweine in einen Pferch aufgestellter Gefluegeltransportkisten zu jagen. Dann schlossen wir den Kreis sofort mit weiteren Kisten und machten den Kreis enger und enger, bis sich die Schweine nur noch um sich selbst drehten. Ein Schwein lief dankenswerterweise in eine Oeffnung der Kisten hinein, die daraufhin verschlossen wurde. Die Haxen von Schwein Nummer zwei fielen in Tyrels gnadenlose Haende. Das Geschrei des Ferkels drang durch Mark und Bein, ich haette bestimmt vor Schreck losgelassen. Aber Tyrel zeigte keine Gnade, das Schwein wurde kurzerhand in eine weitere Plastikkiste gestopft. Die beiden verbleibenden Schweine liessen sich das eine Lehre sein und liefen freiwillig in eine Kiste.

Nun befinden sich die Schweine nicht wie vohergesehen in einem grosszuegigen Waldstueck von Elektrozaun umgeben, sondern in einem kleinen Stall. Da aber jedes Schwein taeglich ein Drittel seines eigenen Koerpergewichts an Futter vertilgt, duerften sie bald fett genug fuer den Wald sein. Hoffe ich. Solange versuche ich, sie ein wenig an den Menschen zu gewoehnen durch die Gabe unverkaeuflichen Gemueses mit meinem Gelaber als Beilage. Mal sehen, ob es klappt.

Leider habe ich keine Fotos der Schweinejagd. Aber die Stimmung war… sagen wir mal leicht gereizt und uebermuedet. Zum Ausgleich gibt es Bilder von den Ferkeln im Stall und den beiden grossen, Henni und Bobba.

Zur Ernte vor dem Marktgang habe ich meine bis jetzt liebste Farmarbeit fuer mich entdeckt: Gruenkohl ernten! Ich wusste gar nicht, dass man beim Gruenkohl einfach nur die unteren Blaetter aberntet! Der Kohl selbst waechst weiter und irgendwann steht man vor einer kleinen Gruenkohlpalme. Superlecker! 🙂

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Ich freue mich ueber einen Strauss frisch geernteter Gruenkohlblaetter! 15 Blaetter ergeben ein Buendel.

Es handelt sich bei diesem Gruenkohl uebrigens um die russische Variante, die glatte Blaetter hat. Unseren kraeuseligen Gruenkohl bauen wir auch an, in gruen und in rot.

Bei einem Spaziergang haben Tyrel und ich unglaublich grosse Baerenspuren gefunden. Es muss sich um eine Grizzlymutter gehandelt haben, denn kleine Spuren von einem Jungen waren gleich daneben.

Und zu guter Letzt noch Neuigkeiten fuer alle Fans von Fuchs Louie: Allem Anschein nach bekommt sein Wintermantel Loecher und sein Sommerfell moechte endlich durchkommen.

Falls ich ihn in neuer Gaderobe erblicke, werde ich natuerlich Bericht erstatten! Dass man heutzutage keinen Pelz mehr traegt, ist ihm anscheinend voellig gleichgueltig. 😉

 

Wenn die Muelltonne dreimal raschelt… (Achtung, blutige Bilder)

Samstagmorgen, die Welt dreht sich wie ueblich um ihre Achse, waehrend in einem Trailer in der kanadischen Wildnis sich entspannt wird.

Doch die uebliche Stille haelt nicht wie ueblich an. Erst ein Geraeusch. Vielleicht ist ein Eichhoernchen auf etwas gesprungen und es ist umgefallen? Die nachfolgenden Geraeusche machen klar: Das ist kein Eichhoernchen. Noch nicht mal ein sehr dickes Eichhorn. Da ist etwas Grosses. Und es ist maechtig mit unserer Muelltonne beziehungsweise deren Inhalt beschaeftigt.

Was ist also zu tun? Tief durchatmen, Munition in das 30-06 Gewehr und leise, leise die Lage ueberpruefen. Vielleicht ist es ja auch nur ein Nachbar? … eher unwahrscheinlich.

Ungefaehr 10 Meter entfernt bestaetigt sich der Verdacht. Ein Baer, genauer gesagt ein Amerikanischer Schwarzbaer durchwuehlt die mittlerweile geoeffnete und umgestossene Muelltonne. Mit lauten Geraeuschen wird er hoffentlich von seinem derzeitigen Projekt vertrieben werden. Tueren knallen, es wird laut gerufen und sonstiger Laerm veranstaltet um dem Kumpanen klar zu machen, dass das hier nicht in Ordnung ist.

Keine Chance, Meister Petz zeigt sich aeusserst unbeeindruckt und faehrt einfach fort.

Waere er einfach davongerannt, haetten wir den Muell aufgeraeumt und waeren wieder zur Tagesordnung uebergegangen. Aber durch sein Verhalten ist er zum Problembaeren geworden. Ein Baer, der keine Angst vor Menschen zeigt und lernt, dass es okay ist, Muell zu verspeisen, kann gefaehrlich werden.

Nach langem Warten fuer den richtigen Moment (schliesslich bewegt sich das Ziel und es sind reichlich Aeste im Weg) faellt ein Schuss. Der Baer springt und laeuft noch wenige Meter, bis er unter einem Baum zur Ruhe kommt. Dann ist Stille. Und wir warten. Schliesslich moechte man sicher sein, dass der Baer ziemlich dolle tot ist, bevor man sich naehert um sich restlos davon zu ueberzeugen.

Schliesslich naeherten wir uns dem Kollegen. Mit Waffe. Am besten ueberprueft man den Tod, indem man ins Auge piekt. Ist zwar fies, aber wer da nicht blinzelt, ist reichlich tot oder sonst wie nicht mehr zu einer Reaktion faehig. Anschliessend stellten wir das Geschlecht fest. Es handelte sich um einen maennlichen Baer im Teenageralter. Der geneigte Kanadier sagt uebrigens boar und sow zu geschlechtsspezifischen Baeren, also Eber und Sau, so wie bei Schweinen.

Der Baer war noch ziemlich jung, wahrscheinlich zwei oder drei Jahre alt und gerade von Mama Baer vertrieben worden, damit die in die naechste Nachwuchsrunde einsteigen kann. Diese Baeren machen den meisten Aerger. Sie wissen noch nicht genau, wie alles funktioniert in der Welt, in der sie jetzt ganz alleine sind. Und sie sind gerade von einem ca. 6 oder 7-monatigen Nickerchen aufgewacht und verdammt hungrig. Viele Leute halten Schwarzbaeren fuer harmlos, da sie relativ klein sind und vorwiegend Pflanzen- oder Fischfresser. Der Mensch steht also nicht auf dem Speiseplan. Aber ich weiss, wie ich reagiere, wenn ich hungrig aufwache und mir jemand mein Essen wegnehmen will. Und mehr Schaden anrichten als ein missmuetiger Rottweiler koennen sie allemal.

Nach dem Feststellen des Todes und des Geschlechts ist das Naechste, was man macht, die Abschusserlaubnis, der sogenannte tag, zu entwerten und am Baer vorschriftsgemaess anzubringen. Sowohl der Tag, Monat, das Geschlecht und die Jagszone muessen auf dem tag durch Herausschneiden des entsprechenden Feldes gekennzeichnet werden. Bei dem Baer muss der tag am Schaedel befestigt werden. Wir schnitten ein Loch durch die Unterseite des Unterkiefers und befestigten den tag mit einem Kabelbinder.

Es ist uebrigens auch legal, einen Baeren zu erschiessen, wenn er auf dem Grundstueck herumwuetet und sich nicht vertreiben laesst. Dann muss man allerdings sofort die Jagdbehoerde informieren, die dann vor Ort kommt, Fragen stellt und den Baeren einkassiert. Da Tyrel aber noch zwei Schwarzbaer tags fuer diese Saison hat, mussten wir diesen Weg nicht gehen.

Dann stellte sich die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Unser Freund James erklaerte sich nach einem kurzen Telefonat bereit, dass wir den Baeren bei ihm verarbeiten koennen. Zum einen besitzt James Tische aus Sperrholzplatten, die schnell mit Planen bestueckt werden koennen und so einfach zu reinigen sind. Und zum anderen hat er Elektrizitaet und ausserdem eine fast leere Tiefkuehltruhe, die spaeter noch wichtig wird.

Also entschieden wir uns, den ganzen Baeren zu James zu verfrachten und dann bei ihm nach kurzer Autofahrt mit dem Haeuten und Ausweiden zu beginnen. Wie transportiert man aber einen Baeren? Zwar haben wir einen Truck aber so einfach auf der Ladeflaeche ist leicht pietaetlos. Also ab mit Meister Petz in eine grosse Plastikbox, in der sonst mein Daunenschlafsack entspannt.

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Der Baer passt wirklich gut in die ca. 120 cm lange Plastikbox!

Gut zu erkennen ist die Einschussstelle am Baeren, direkt hinter dem Schulterblatt und ein wenig tiefer. Beim Ausweiden stellte sich heraus, dass das Herz komplett zerfetzt wurde. Das erklaert auch, warum der Baer keinen Ton mehr von sich gegeben hat und so schnell zusammenbrach. Waere er eines natuerlichen Todes gestorben, haette er wahrscheinlich laenger leiden muessen.

Bei James angekommen machten wir uns dann auch gleich ans Haeuten und Ausweiden. Es ist wichtig, dass das schnell geschieht, damit das Fleisch kuehlen kann und nicht verdirbt. Ausserdem weiss man nicht genau, ob man vielleicht Darm/ Magen/ Galle getroffen hat. In dem Fall moechte man die Kontaminationszeit auch so kurz wie moeglich halten und das Fleisch gut spuelen.

In unserem Fall war bis auf Herz und Lungen aber noch alles intakt. Nach dem Haeuten oeffnet man also die Bauchdecke und entfernt alle Organe. Anschliessend geht es ans quartern, also das Entfernen der Vorder- und Hinterbeine vom Rumpf. Wenn man damit fertig ist, ist der erste Teil der Arbeit geschafft und man kann erstmal durchatmen. Viele Leute haengen die Fleischstuecke fuer einige Zeit, um sie angeblich zarter zu machen. Wir haben eine kurze Pause eingelegt (immerhin hat Haeuten, Ausweiden und quartern 2,5 Stunden mit zwei Personen gedauert) und sind dann zum naechsten Teil gestartet.

Zum Fleisch schneiden und verpacken sind wir in die Kueche umgezogen. Es gab dort naemlich besseres Licht sowie einen warmen Ofen. 🙂

Ich schnappte mir also einen hind quarter (Hinterbein), legte ihn vor mir auf das Schneidebrett, nahm ein Messer und…. blickte fragend auf. Wie schneidet man das denn jetzt, damit was Vernuenftiges bei herauskommt?! Die Antwort von Tyrel und James war: „Egal. Es gibt kein richtig oder falsch, das ist alles Fleisch. Wenn du ein Steak essen willst, schneide ein Steak. Sonst schneide ein paar Muskeln zusammen raus und mach einen Braten draus. Wenn du Sehnen und sonstiges Gewebe herausschneidest, ist es gut. Wenn das nicht geht, weil es sonst zu klein wird, kein Problem. Dann koch es einfach sehr langsam und lange.“

Nach dieser Devise ging es dann zugange und Paeckchen fuer Paeckchen wurde verpackt und landete in der Gefriertruhe.

Als alles verstaut war, waren wir beschaeftigt mit Aufraeumen und Abwaschen. Knochen, Gedaerme und gebrauchte Planen und Tuecher wanderten in den Muell und wurden entsorgt. Lediglich die Gallenblase haben wir bewahrt und zum Trocknen aufgehaengt. James ist mit einer Medizinfrau befreundet, die aus Baerengallenpulver Medizin herstellt. Der Baerenkopf musste noch aus dem Fell geloest werden und wieder mit dem tag versehen, damit alles seine Richtigkeit hat. Das Zerlegen und Aufraeumen dauerte nochmals 3,5 Stunden, sodass wir nach 6 Stunden mit allem fertig waren und jetzt ca. 25 Kilo Baerenfleisch in der Tiefkuehltruhe liegen haben.

Waehrend wir mit den letzten Aufraeumarbeiten beschaeftigt waren, briet James Teile vom backstrap (heisst anscheinend Lachs auf deutsch) zusammen mit Zwiebeln und Paprika an. Erschopeft aber gluecklich liessen wir uns das erste Baerengericht zusammen mit Kaesemacaroni schmecken.

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Das Baerenfleisch ist optisch nicht von Rindfleisch zu unterscheiden. Wenn man es nicht weiss, wahrscheinlich auch geschmacklich nicht.

Der geneigte Leser fragt sich jetzt wahrscheinlich „Wie schmeckt Baerenfleisch?“ Also dieser Schwarzbaer schmeckt, wie ich finde, aehnlich wie Rindfleisch. Ein bisschen wilder, ein bisschen suesser aber nicht total anders. Bei Schwarzbaeren gibt es aber anscheinend sehr grosse Unterschiede im Geschmack des Fleisches. Im Fruehjahr schmecken sie wohl alle ganz gut. Aber im Herbst kommt es sehr darauf an, womit sie sich denn ihren Winterspeck angefuttert haben. War der Baer in den Bergen unterwegs und bestand seine Diaet groesstenteils aus Beeren, ist das Fleisch geschmacklich ausgezeichnet. Stammt der Baer aber von der Kueste oder hat er sich viel an Fluessen aufgehalten, kann das Fett und somit auch das Fleisch einen sehr tranigen, fischigen Geschmack annehmen. Auf jeden Fall sollte man Baerenfleisch aber vor dem Verzehr komplett durchgaren, da Baeren genau wie Schweine von Trichinen (Fadenwuermer) befallen sein koennen.

Es ist uebrigens bei Baeren nicht vorgeschrieben, das Fleisch zu verwerten, so wie es bei Hirsch, Elch, Reh, Bison und Karibou beispielsweise zwingend notwendig ist. Man darf nur das Fell samt Klauen und den Schaedel nicht verkommen lassen.

Bis zum 15ten Tag des Folgemonats muss man mit dem Baerenschaedel und dem daran befestigten tag zur Jagdbehoerde gehen und da den Abschuss vermelden. Wer moechte, kann fuer weitere Studien noch ein Stueckchen Fell zur Verfuegung stellen, sowie den genauen Abschussort auf einer Karte zeigen.

Das Fell kann man entweder selbst schaben um es vom Fett zu befreien und dann salzen und aufspannen oder es aber zum Gerber geben. Durch den Prozess beim Gerber bleibt die Haut geschmeidig und flexibel wie ein gekauftes Leder, beim Salzen wird es hart.

Bislang ruhen Schaedel und Fell in Muellsacken in der Gefriertruhe und warten auf unseren naechsten freien Tag unter der Woche, damit wir die Sachen erledigen koennen. Wenn alles gefroren ist, wird ja bekanntlich nichts schlecht. 🙂

Wenn ich zurueckblicke, finde ich bemerkenswert, dass ich keine Angst hatte. Klar, ich war aufgeregt und hatte Herzklopfen, es war doch alles so spannend. Aber es ist nicht so, dass ich mich jetzt fuerchte, vor die Tuer zu gehen. Ich wohne halt im Baerenland und es kann ein Baer vorbeikommen. Solange man sich dessen bewusst ist und nicht zum Beispiel Lebensmittel mit ins Zelt nimmt, ist die Gefahr aber deutlich geringer als in Deutschland in ein Kraftfahrzeug zu steigen.

Nach der ganzen Aufregung habe ich mir uebrigens mal wieder ein Eis aus meinem Lieblings Eisladen gegoennt.

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Herzhaft beisse ich in ein riesiges Sandwich aus blauer Eiscreme und zwei Keksen mit Schokostueckchen. Das Blau des Eises unterstreicht dabei meinen Sonnenbrand der Farmarbeit.

Blaues Eis schmeckt in Kanada uebrigens weder nach Vanille, Kaugummi, Himmel oder Schlumpf. Hier ist allen klar, dass Vanille cremefarben und Kaugummi rosa ist… und blau? Ganz klar Zuckerwattegeschmack! „Wie schmeckt denn bitte Zuckerwatte? Doch nur total suess, oder?“ fragte ich mich gleich. Aber nein, das blaue Eis zwischen den Keksen verwandelte sich in meinem Mund an eine Erinnerung an Rummel und Jahrmarkt… Stimmt, so schmeckt also Zuckerwatte. 🙂

Ent-Baer-ung trotzt der Kaelte

Alle bereiten sich auf den Winter vor. Auch wenn wir fuer meine Begriffe schon mehr als drin sind. Heute morgen zeigte das Thermometer vor dem Trailer gerade mal -15 Grad Celsius. Und der Schnee bleibt einfach da liegen, wo er hingefallen ist. Genau wie eine Schnapsleiche am Vatertag.

Letztens habe ich wieder Fuchs Louie besucht, den ich im Sommer gefuettert habe. Auch er hat in der Zwischenzeit seinen dicken Pelzmantel aus der Gaderobe gekramt. Waehrenddessen haben wir eine Balkenkostruktion um den Trailer gebaut und sind fast fertig mit der Plastikeinhausung. Bevor wir es ganz dicht machen, wollen wir allerdings eine Tuer einbauen – besser is das.

Auf dem Woodlot wurde erneut eine Menge Holz geschlagen. Immer noch bin ich fasziniert, wie unterscheidlich die Gegend jedes Mal aussieht. Dieses Mal stark bewoelkt, was sich als Eiskristalle an den Baeumen niedergeschlagen hat. Irgendwie bezaubernd.

In der Freizeit lassen wir uns immer noch fuer Spaziergaenge begeistern. Dieses Mal haben wir versucht, einen bestimmten Trail zu einem See zu finden. Dazu mussten wir teilweise auf einen anderen See gehen. Natuerlich erst nach ausreichender Pruefung der Eisdicke und genug Sicherheitsabstand zueinander. Den Spuren zufolge sind schon reichlich Luchse, Kojoten und Woelfe auf den Geschmack einer trockenen Seeueberquerung gekommen.

Endlich haben wir auch den Schwarzbaeren vom Gerber abgeholt, den Tyrel letztes Jahr geschossen hat. Der Schaedel wurde auch praepariert und ueberraschte mich mit seltsamen Zahnformationen auf der unteren Kauleiste neben den Reisszaehnen. Am besten gefaellt mir allerdings der leicht zerknautschte Gesichtsausdruck des Baeren.

Das beste an den kalten Temperaturen ist aber immer noch das Aufwaermen. Gleich werde ich mich in den Pool der ortsansaessigen heissen Quellen bequemen, bis ich gar gekocht bin. Und wenn ich Glueck habe, zeigen sich ein paar Nordlichter am abendlichen Himmel. Was will man mehr? Mir faellt nicht viel ein (bis auf Kaese).

So soll es sein. 🙂