Alltag

Sinnieren

Ich liebe die Zeit der kurzen Tage und langen Naechte.

Draussen geht nicht mehr allzu viel – es ist kalt und dunkel. Der Garten schlaeft, der Fluss erstarrt, der Schnee macht sogar das Wandern muehsehlig.

Es ist eine Zeit, die zur Einkehr und Langsamkeit anregt und manchmal sogar zwingt.

Mit der Sommersonnenwende und kurz darauf dem neuen Kalenderjahr beginnt wieder ein neuer Abschnitt. Die Tage werden wieder laenger. In ca. fuenfeinhalb Monaten wird auch der Schnee schmelzen.

Doch zunaechst ist noch Zeit zum einfach nur Sein.

Arma macht vor, wie man lange Winternaechte verbringt: Ausgestreckt auf dem Sofa bei einem Feuer und nicht zu grellem Licht.

Anfang Januar 2022 wusste ich schon, dass etwas mit meiner Schilddruese nicht stimmt und mir eine ungewisse Gesundheitsreise bevorsteht. Das Thema Gesundheit hat sich durch ganz 2022 gezogen und ist immer noch nicht ganz abgeschlossen. Aber es geht mir bedeutend besser und ich habe das Gefuehl, dass sich das Thema bald ganz in den Hintergrund rutschen darf.

Leider musste ich meinen ganz grossen Traum fuer 2022, den 80 km Berglauf, im Zuge der Gesundheitsthemen an den Nagel haengen. Das hat mich sehr traurig gemacht, da ich seit August 2020 jede Woche stundenlang dafuer trainiert hatte. Auch die Tatsache, dass ich vorerst nicht mehr laufen konnte, war sehr hart fuer mich. Laufen verband ich immer noch mit den Worten anstrengend und schwierig, aber gleichzeitig hatte es mir viel Energie und Lebensfreude spendiert.

Trotzdem stecken ja in den meisten Herausforderungen, die das Leben so mit sich bringt, immer Chancen. Wenn ich jetzt zurueckblicke, fallen mir spontan drei Dinge ein, die ohne Laufpause nicht geschehen waeren.

Zum einen hat es mich dazu gebracht, seit Juli mindestens zweimal woechentlich ins Fitnesscenter zu gehen und schwere Gewichte zu stemmen. Vor Jahren habe ich mir geschworen, dass ich nie wieder ins Fitnesscenter gehe. Mir gefaellt Sport, den ich alleine und draussen ausueben kann. Dreimal habe ich in meinem Leben schon ein Abo fuers Fitnesscenter abgeschlossen und bin dann nach kurzer Zeit nicht mehr hingegangen. Diesen Fehler wollte ich nicht ein viertes Mal begehen.

Doch dann bezahlte ich meinem Physiotherapeuten viel Geld dafuer, dass er mir mit meiner Schienbeinproblematik hilft. Und er riet mir dringend dazu, schwere Gewichte im Fitnesscenter zu stemmen. Ich hatte zwar zwei- bis dreimal pro Woche Kraftsport Zuhause oder im Buero gemacht, doch angeblich muesse man andere Saiten aufziehen, um mehr Muskelmasse aufzubauen.

Also brach ich mein Versprechen mir gegenueber, nicht mehr ins Fitnesscenter zu gehen. Nachdem ich fuenf Monate lang regelmaessig hinging und mehrere Zehnerkarten verbriet, holte ich mir sogar wieder eine Mitgliedschaft.

Meinen Schienbeinen geht es bedeutend besser. Jedoch weiss ich nicht, ob das jetzt am Gewichteheben liegt oder daran, dass einiges an Zeit vergangen ist. Aber ich merke andere Verbesserungen. Mein Ruecken ist so beschwerdearm wie seit Jahren nicht, meine Bewegung und Haltung verbessern sich und ich kann saemtliche schwere Alltagsaufgaben selbst erledigen, die ich sonst gern Tyrel ueberliess. Zum Beispiel einen vollen 20 Liter Wasserkanister ueber Kopf heben und oben ins Regal stellen. Das wiederum macht mich stolz – ich bin gerne stark! 🙂

Bei unter -40 Grad Aussentemperatur sammelt sich Wasser auch gern an Fensterscheiben im Haus. Statt schoenen Eisblumen hier zu sehen im Stil eines unleserliches Logos einer Black Metal Band.

Die zweite Sache, die mit unternehmungslustigeren Beinen 2022 wohl nicht passiert waere, ist mein Gartenhuettenausbau. Wobei da zwei Faktoren zusammenkamen, um genuegend Motivation zu buendeln: Kaputte Beine und ein anstehender Besuch von Freunden aus Deutschland, die auch tatsaechlich darin uebernachten wollten.

Huetteninnenausbau – noch nicht ganz fertig, aber gemuetlich.

Der Ausbau und vor allem der Einbau der Feuerstelle samt Frischluftzufuhr und Kamin hat mich ganz schoen Zeit und Nerven gekostet. Aber es hat sich wirklich gelohnt: Ich habe viel gelernt, Erfahrung gesammelt und mir selbst meinen ganz eigenen Rueckzugsort geschaffen.

Der letzte Aspekt des letzten Jahres, der ohne schmerzende Beine so nicht stattgefunden haette, sind meine Wasseraktivitaeten, das Rafting.

Vor grossen Wassermengen habe ich gehoerigen Respekt. Bis vor kurzem waren sie mir sogar noch unheimlich. Diese unvorstellbaren Kraefte, die im Fluss walten und manchmal ganz geraeuschlos an einem vorbeigleiten. Wenn man die Augen schliesst, koennte ich nicht erahnen, was fuer eine Naturgewalt genau vor mir fliesst und seit Tausenden Jahren Leben spendet und Landschaften formt.

Das tiefe Wasser im Laufe des Jahres seine Bedeutung fuer mich veraendert. Am Tag des Raftingtrips mit meinen Freunden, als wir mit dem grossen Raft absichtlich gekentert sind und ich danach noch zweimal freiwillig in den Wildwasserfluss sprang, da habe ich es gefuehlt.

Das Wasser will mir nichts Boeses. Es wartet nicht auf eine Gelegenheit, mich heimtueckisch zum Ertrinken zu bringen. Es ist einfach, buchstaeblich, im Fluss und weiss ganz ohne Nachzudenken, wo es hinwill.

Ob ich mit meinem Gummiboot obendrauf schwimme, oder mit Trockenanzug und Helm durch die Stroemung purzle, es macht fuer das Wasser keinen Unterschied.

Es hat sich fuer mich angefuehlt wie der Lebensstrom, das Universum. Wir koennen uns noch so wichtig nehmen mit unserem Leben, unserem freien Willen und unserer Selbstbestimmtheit. Manche Dinge passieren einfach. Und oft lenken sie uns auf eine Bahn, die letztendlich zu unserem Wachstum fuehrt.

In diesem Sommer moechte ich mehr Zeit am Wasser verbringen. Ich moechte lernen, die Stroemung und eventuelle Gefahren besser einschaetzen zu koennen. Ich glaube, die Zeit am Wasser in der Natur hilft mir, meinen eigenen Lebensstrom besser nachzufuehlen.

Mein Boot und ich – einfach mal treiben lassen.

Doch es wird noch eine Weile dauern, bis der das Eis und der Schnee auch nur daran denken, sich zu verfluessigen. Solange geniesse ich das Wasser in seiner festen Form, laufe Ski und erfreue mich an den schoenen Aussichten, die sich mir bieten.

Geheimnisvolle Dezembersonne.
Frostige Baeume in der Stadt Whitehorse.
Rosige Stimmung vor dem Sonnenaufgang der Wintersonnenwende.
Arma, frostig-vergnuegt.

Ich wuensche euch allen ein gutes Jahr 2023 mit vielen lichten Momenten!

Nebensonnen mit 22°-Ring um die Wintersonne.

Winter

Winter. Ist mir bislang jedes Jahr passiert hier. Trotzdem immer noch magisch.

Dieses Jahr haelt er sich bislang eher bedeckt, die Sonne scheint kaum.

Doch wenn sie sich mal zeigt, versuche ich sie einzufangen und die verschiedenen Farben, die sie in den Schnee malt.

Blaeulich-graeuliche Schneedecke.
Der Sonnenschein war nach Sonnenuntergang erstmals an dem Tag zu sehen.
Blaeulich-gelblich erstrahlter Schnee.
Arma durchstoebert den weiss-glitzernden Schnee.

Zum Glueck kann man sich auch anders bei Laune halten: Zum Beispiel mit meinem jaehrlichen Kekstausch!

Jeder Teilnehmer backt einen grossen Haufen Kekse einer Sorte und gibt jeweils 12 Kekse an jeden anderen Teilnehmer weiter. Am Ende steht man mit einer wunderbaren Keksauswahl da und verschiebt alle guten Vorsaetze aufs naechste Jahr.

Mein diesjaehriger Beitrag: Matchakekse mit weisser Schokolade und Macadamianuessen.
Diese Keksarten erhielt ich im Gegenzug: Ein paar Biscotti, ein skandinavischer Kransekage-Ring, etwas Stollenartiges, ein Kokoskeks, ein Schokotropfenkeks, sowie ein Sesamkeks.

Meine Beine sind immer noch nicht ganz wiedereinsatzbereit fuers Laufen. Also pfluege ich zusammen mit Arma auf meinem Fatbike Furchen durch den Schnee oder gehe Langlaufen. Bewegung tut mir gut. Sogar die Gaenge ins Fitnesscenter zahlen sich aus, ich habe deutlich mehr Kraft in Alltagssituationen.

Ich fahre immer der Spur nach, Arma ist im Anflug durch den Tiefschnee.
Auch beim Langlaufen muss ich nur stumpf der Spur folgen – sehr entspannend!
Eine Bank laedt zum Ausblicksgenuss ein. Mir ist an der Stelle meist zu kalt um der Einladung nachzukommen.

Doch das Schoenste fuer mich am Winter ist, dass er so kalt und dunkel ist.

Dass die Hektik der anderen Jahreszeiten durchbrochen wird mit einem klaren „Stopp! Das geht jetzt nicht!“

Es ist die Zeit, in der ich ganz frueh schlafen gehe – es ist ja eh dunkel.

Die Zeit, in der ich auch mal Videospiele auf dem Sofa spiele, waehrend das Feuer im Ofen bollert.

Die Zeit, in der ich die Ertraege des Sommers geniesse. Wie meine kleine Huette.

Winterhuette.
Ein Feuer bringt den Ofen in der Huette zum Gluehen.
Klein aber fein: Es ist alles am rechten Fleck, um eine ruhige Zeit zu verbingen.

Heute auf der Arbeit hatte ich ein weihnachtliches Gespräch mit meinem Chef. Ich wollte ihm erklären, wer in Deutschland die Geschenke bringt.

„Also es gibt dort auch Santa Claus. Aber der heißt anders, denn der nicht-amerikanisierte, ECHTE Sankt Nikolaus steckt den Kindern ja schon am 6. Dezember Süßigkeiten in die Schuhe.“

(Diese Tradition fehlt hier völlig und erscheint befremdlich. Warum bitte in die stinkigen Schuhe?! In Kanada ist der 6. Dezember sogar ein inoffizieller Trauertag, da einem Massaker vor mehreren Jahrzehnten an einer Hochschule in Montreal gedacht wird.)

„Santa hat also einen anderen Namen, er ist der Weihnachtsmann, also Christmäs Män! Manche mögen aber Christmäs Män nicht so sehr. Vielleicht, weil sie keine dicken, bärtigen Verwandten haben, die ihn spielen können oder weil sie lieber Pepsi statt Coca Cola trinken oder weil das alles zu amerikanisch und kommerziell ist.

Doch für diese Leute gibt es eine Alternative: Das Christkind, ähm… Christ Child!

*ich lache mich über den Namen Christ Child kaputt*

Aaalso Christ Child ist natürlich einfacher für die Eltern zu spielen, weil im Gegensatz zu Christmäs Män es niemand je gesehen hat. Ich denke es ist eine Art Geist, der einfach die Geschenke hervorzaubert. Außerdem wird es nie explizit gesagt, aber ich glaube dass Christ Child eigentlich Baby Jesus ist, denn ansonsten spielten im Christentum nicht viele Kinder ne große Rolle, vor allem nicht zu Weihnachten! Aber niemand würde je sagen, dass die Geschenke von Baby Jesus sind, es ist immer das mysteriöse Christ Child.“

Mein Chef: „Christ Child klingt richtig gruselig. Ich würde Christmäs Män bevorzugen.“

Ich: „Nee, ich fand Christ Child viel ungruseliger als Christmäs Män! Christ Child ist ja nur ein guter Geist, gibt die Geschenke ab und ist wieder verschwunden für ein ganzes Jahr. Christmas Män ist ein polteriger Fremder, der super unnormal aussieht und der aber von den Eltern und Haus gelassen wird damit man als Rechenschaft ablegen muss, obwohl man den gar nicht kennt. Dabei darf man sonst gar keine Fremden ins Haus lassen oder mit denen reden! Da ist nicht nur Christmäs Män gruselig, sondern auch das irrationale Verhalten der Eltern!“

Also, seid ihr für Christmäs Män oder Christ Child? Ich bin fast dafür, die beiden gegeneinander antreten zu lassen in einer sehr teuren Hollywoodverfilmung!

Eine weitere Nacht kuendigt sich an – ich kann es kaum erwarten!

Huettenzauber

Ende September 2021.

Das oertliche College bietet Gartenhuetten zum Verkauf an. Die Huetten wurden als Lernobjekt von angehenden Zimmermannazubis errichtet und jetzt sollen sie an den Meistbietenden verkauft werden um die Materialkosten wieder reinzuholen.

Das Mindestgebot ist niedrig – wahrscheinlich beziehen sich die Materialkosten auf Preise vor 2020. Eventuell noch abschreckend ist die Tatsache, dass die Huette innerhalb von 72 Stunden nach Auktionsende vom Gelaende selbst abzutransportieren ist.

Tyrel und ich beschliessen, ein niedriges Gebot fuer jeweils eine Huette abzugeben – hoffentlich bekommen wir eine von beiden!

Huette 1: Satteldach, Tuer und Fenster auf gegenueberliegender Seite.
Huette 2: Pultdach und Scheunentor.

Wir bekamen beide.

Die Kreditkarten gluehten. Doch wir waren uns einig, dass es eine sinnvolle Investition ist, die wir da taetigen. Ein wenig Ausweichraum ist vielleicht gar nicht schlecht, wenn man seit gut zwei Jahren mit Hund zusammen auf ca. 12 Quadratmetern lebt. Und so haette jeder seinen eigenen Raum, der je nach Belieben gestaltet werden kann. Tyrel schwebte ein Werkzeugraum mit Werkbank vor. Mir eher eine Art Studio mit Holzofen.

Der Umzug gestaltete sich abenteuerlich. Wir liehen uns einen geeigneten Anhaenger samt Truck. Dann mussten die Huetten per Winde knirschend auf den Haenger gezerrt und festgezurrt werden.

Der Schotter knirscht und die Huette naehert sich dem Anhaenger.

Wieder Zuhause angekommen stellte sich die Frage, wie Huette Nummer 1 vom Haenger runtergezogen wird. Es war nichts in der Naehe, woran man eine Winde befestigen koennte.

„Komm, wir machen es wie die Rednecks!“, schlug ich vor. Und gesagt getan, unser Truck wurde als Zugpferd eingespannt und zog die Huette vom Anhaenger. Dabei mussten wir uns beeilen, da es zu regnen anfing und wir uns nicht festfahren wollten, daher gibt es keine Bilder von der Aktion.

Ausserdem gab es noch die zweite Huette zu transportieren und es wurde bereits Abend.

Schliesslich war es stockdunkel, als wir mit Huette Nummer 2 Zuhause ankamen. Dieses Mal funktionierte meine Idee mit dem Truck nicht, da nicht genuegend Platz vorhanden war.

„Wie bekommen wir diese Huette jetzt vom Haenger?“, fragte ich Tyrel.

„Ganz einfach: So, wie die alten Aegypter es damals gemacht haben!“, antwortete er ganz selbstverstaendlich.

Nun dachte ich eigentlich, dass ich in der Schule ganz gut aufgepasst hatte, wenn wir im Geschichtsunterricht mal wieder das alte Aegypten besprachen. Aber wie die alten Aegypter damals Gartenhuetten vom Anhaenger runterbekommen haben, das wollte mir einfach nicht einfallen.

Waehrend ich meinen Kopf kratzte, zersaegte Tyrel einen Besenstiel in mehrere Rundhoelzer. Dann zauberte er eine riesige Brechstange hervor und hob die Huette damit an waehrend ich die Rundhoelzer vorsichtig unter die Huette plazierte. Tyrel sorgte mit der Brechstange fuer Anschub, bis der bewegliche Teil des Anhaengers kippte und die Huette die schiefe Ebene runterrollte. Die Huette stand nun mit einer Kante auf dem Feld und mit dem Rest noch auf dem gekippten Haenger.

Da wechselten wir unsere Strategie von „Aegypter“ zu „Magier“ und zogen den Anhaenger geschwind unter der Huette weg.

Umzug vollendet.

Tyrels Huettenausbau war einfach: Werkbank rein, Werkzeuge rein, Schloss vor, fertig.

Ich begann damit, Isolierung in die Waende zu stecken.

Huette von innen, Glasfaserisolierung wird zugeschnitten und an die Holzstaenderzwischenraeume angepasst.

Doch dann waren es ploetzlich -25 Grad und in unbeheizten Raeumen zu arbeiten machte wenig Spass.

Dann versank alles im tiefen Schnee.

Dann verbrachte ich jede freie Minute damit, fuer den Ultramarathon zu trainieren.

Dann war klar, dass ich den Ultramarathon nicht laufen koennen werde und ich versuchte den Sommer so gut wie moeglich zu geniessen.

Und dann… Dann war es Anfang August und ich schrieb mit meinen lieben Freunden Anke und Jens, die mich aus Deutschland besuchen kommen in weniger als einem Monat. Zweimal werden sie bei uns uebernachten.

Hmm…

Fuer sie waere es auch okay, im Zelt zu schlafen. Aber ich weiss: Wenn ich die Huette nicht vor ihrer Ankunft winterfertig kriege, dann steht sie einen weiteren Winter ungenutzt herum und ich aergere mich sieben Monate lang darueber, dass ich sie nicht rechtzeitig ausgebaut habe.

Also, vier Wochen lang Arschbacken zusammenkneifen und zimmern bis der Arzt kommt und sehr gestresst sein? Oder vier Wochen lang den kurzen Sommer geniessen und dann im Winter die Entscheidung bereuen?

Der geneigte Leser wird ahnen, dass ich mich fuer die stressige Variante entschieden habe. Wenn ich zwischen Stress/Erschoepfung und Reue waehlen muss, dann waehle ich Stress/Erschoepfung. „Was waere, wenn…“ oder „Haette ich doch mal…“, damit kann ich schlecht umgehen. Dann lieber mit nem Flachkoepper in das naechste Wahnsinnsprojekt.

Wobei diese Dinge immer in folgenden Phasen in meinem Kopf ablaufen:

  1. Soo schwer kann das doch gar nicht sein. Ich muss doch keinen Raketenantrieb konstruieren. Dem Inschenoer ist nichts zu schwoer.
  2. Ich eigne mir die Theorie an und fuchse mich ins Thema ein. Dabei habe ich einige Aha-Momente und alles klingt gut, logisch und machbar.
  3. In der Praxis ist letztendlich doch alles ganz anders und einige Dinge gehen auch gruendlich schief. Hier verzweifele ich gern und moechte eigentlich alles hinschmeissen.
  4. Ich bin komplett gestresst aber bin zu stur um tatsaechlich aufzugeben. Damit muesste ich mir naemlich eingestehen, dass Phase 1 nicht der Wahrheit entspricht.
  5. Irgendwie kriege ich es tatsaechlich hin und verdraenge Phasen 3 und 4 nach einigen Wochen. Was in Erinnerung bleibt, sind Phasen 1, 2 und 5. Was mich in der Zukunft wieder dazu verleitet, Phase 1 einzulaeuten.

Gerade bin ich in Phase 4. Mein Koerper droht mir schon mit einer bevorstehenden Erkaeltung, falls ich mein Pensum nicht zurueckschraube. Aber ich versuche zu vertroesten: Bitte, bitte, halte noch ein paar Tage durch. Ich trinke auch ganz viel Tee!

Was in den letzten drei Wochen geschah, folgt in einer Bilderschau.

Waende fertig isoliert, das zukuenftige Schornsteinloch eingerahmt und das Dach mit Styroformplatten vorisoliert.
Das Dach mit Glasfaser fertig isoliert, Dampfsperre eingebaut.
Dampfsperre abgeklebt.
Waende und Decke mit Sperrholz verkleidet.
Decke und drei von vier Waenden gestrichen, Eine Box mit Lueftungsschacht gebaut, auf der irgendwann der Holzofen stehen soll.
Ofenunterlage vorbereitet um eine Betonschicht draufzugiessen.
Ofenunterlage samt Betonschicht stehen.
Fliesen sind auf der Ofenbox verlegt, hier noch ohne Moertel.
Fliesen auf Ofenbox sind verfugt, letzte Wand ist gestrichen (ein bisschen mehr als ich dachte) und Hitzeschutzschild zurechtgeschnitten und lackiert.
Feuerschutzbox fuer die Ofenrohrinstallation ist drin und ein Loch ist im Dach an passender Stelle. Befestigung fuer Hitzeschutzblech angebracht.
Selfie im nigelnagelneu installierten Schornstein.
Schornstein mit saemtlichen Schutzblechen. Sieht im Bild schief aus, ist er aber nicht.
Huette mit Schornstein und rauchig posierender Wolkenformation.
Schornsteininstallation von innen, links unten im Bild Frischluftzugang.
Hitzeschutzblech installiert, Decke um den Schornstein isoliert und verkleidet, Ofen samt Box auf Schornstein ausgerichtet, Bodenbelag angefangen zu verlegen.

Jetzt sind noch ganze zwei Tage uebrig, bis meine Freunde ankommen und in der Huette naechtigen. Meine Prognose ist, dass die Huette bis dahin schlafbar ist, das Grundstueck und unser Haus aber aussehen, als wenn ne Bombe eingeschlagen hat. Naja, man muss eben Priotitaeten setzen.

Blick vom Dach: Hier ist die Welt noch in Ordnung.

Wenn ich den Beitrag so schreibe, merke ich erst, dass ich doch ne ganze Menge geschafft habe. Gar nicht schlecht, dafuer dass ich alles ganz alleine geplant und ausgefuehrt habe. So neben Arbeit, Sport, Japanischkurs und sonst allem. Es war aber ne schwere Geburt – vor allem die Schornsteininstallation so als Hoehenaengstler. Ausserdem wurde ein wichtiges Teil, das ich online bestellt habe, in falscher Groesse geliefert. Da musste ich mir was anderes einfallen lassen und habe in der Stadt Sonderteile anfertigen lassen, damit es doch weitergehen kann. Meist gibt es ja doch ne Loesung, wenn man fleissig sucht.

Vorgestern ging es mit Hahn Daisy steil bergab. Sein gesundes Bein schien eine Infektion bekommen zu haben, sodass er nur noch mit grosser Muehe aufstehen konnte. Ich habe ihm einen weiteren Tag Gnadenfrist gegeben, aber quaelen soll er sich ja nicht. Gestern war es unveraendert. Da hiess es Abschied nehmen.

Danke Daisy, fuer die schoene Zeit! Du warst ein toller Hahn zu deinen Hennen und nie gemein zu Menschen. Es tut mir Leid, dass ich es nicht geschafft habe, dich gesund zu pflegen. Ich werde dich immer als stolzen, schwarzen Gockel in Erinnerung behalten!

Hahn Daisy auf letzter Fahrt.

Da wir mit dem Huehnerblut nicht unnoetig Kojoten und Nachbarshunde zum Huehnerstall locken wollten, hat Daisy eine erste und letzte Quadfahrt in die Wildnis gemacht. Dort fand er ein schnelles Ende im Stil der franzoesischen Revolution.

Der ein oder andere mag sich jetzt fragen, warum ich einen Blogbeitrag schreibe statt den Bodenbelag in der Huette zuende zu verlegen. Hierfuer gibt es mehrere Gruende:

  • Seit meinem letzten Beitrag ist schon wieder viel Zeit vergangen,
  • In dieser Zeit habe ich es wieder kaum bis gar nicht geschafft, Emails zu beantworten,
  • Somit wollte ich ein Lebenszeichen senden und bestaetigen, dass es mir gut geht (wenn auch leicht gestresst),
  • Ausserdem werde ich in den naechsten Wochen wieder nicht dazu kommen einen Beitrag zu schreiben,
  • Weil in den Wochen wieder viel geplant ist,
  • Sodass ich vom Huettenausbau vielleicht gar nicht berichten wuerde
  • Und dann waeren die Erinnerungen floeten gegangen, obwohl sie doch vielleicht interessant sind (jedenfalls fuer mich).

Was mir in diesen Tagen besonders viel Freude bereitet, sind die Mohnblumen, die ich in einem meiner Beete ausgesaeht habe. Eigentlich war ich kein grosser Mohnfan. Er ist halt rot und welkt schnell. Aber diesen Sommer hat er mich in seinen Bann gezogen. Seht selbst!

Morgensonnenmohn.
Nur vier Bluetenblaetter und doch so viel Ausdruck!
Frisch erwacht und noch ein wenig zerknittert.
Vielfalt in Farbe und Form.
Bluetenblaetter wie aus feinstem Seidenpapier.

Trotz allem Stress, dem man sich so macht, lohnt es sich immer, kurz anzuhalten und zu staunen. 🙂

Sommerupdate

Es folgt ein Lebensupdate, geordnet nach Themenbereichen.

Schilddruese

Mit einer geringen Dosis Schilddruesenhemmer landete ich innerhalb von wenigen Monaten in einer Schilddruesenunterfunktion. Auf die rasante Gewichtszunahme und ausbleibende Periode haette ich verzichten koennen, doch im direkten Vergleich bevorzuge ich die Schilddruesenunterfunktion gegenueber der -ueberfunktion. Wenigstens fuehlt man sich nicht mehr Tag und Nacht, als ob man kurz vorm Herzinfarkt steht.

Jetzt nehme ich eine noch geringere Dosis an Schilddruesenhemmern ein und wandele an der unteren Grenze des Normalbereichs an Schilddruesenhormonen. Ich bin also guter Hoffnung, dass die Dosis bald weiterhin reduziert oder ausgeschlichen werden kann.

Schienbeine

Es laeuft nicht, aber es geht. (Haha.)

Woechentlich besuchte ich meinen Physiotherapeuten, den man hier uebrigens aus eigener Tasche bezahlt. Zusammen versuchten wir die richtige Mischung aus Ruhe und Belastung zu finden, denn einerseits moechte man die Beinchen nicht weiter stressen, andererseits brauchen sie Stress um Muskeln und Knochendichte aufzubauen.

Nach Monaten der Wanderung auf dem Grat zwischen Be- und Entlastung haben wir heute entschieden, die Beine nicht mehr zu belasten mit Treppensteigen, Spruengen und anderem, sondern komplett ausheilen zu lassen, bis sich mein ganzes System beruhigt hat.

Weiterhin bleibt es fuer mich ein Sommer ohne Laufen und ohne grossartige Wanderungen. Das ist ab und an noch schwierig fuer mich.

Berg, von unten statt von oben fotografiert.

Doch mein Physiotherapeut riet mir, im Fitnesscenter schwere Gewichte zu stemmen, um Muskeln aufzubauen, die die Knochen unterstuetzen. Naja… Bislang habe ich in meinem Leben mir ganze drei Mal einen Knebelvertrag im Fitnesscenter angelacht und bin nach zwei Monaten nicht mehr hingegangen, das letzte Mal vor ca. 10 Jahren. Dann habe ich mir selbst versprochen, das nie wieder zu versuchen, da es einfach nicht klappt. Was mich dazu motiviert, Sport zu treiben ist erstens das Draussensein und zweitens, die Sportart alleine ausueben zu koennen – ohne jemand anderes zu sehen. Klappt beides nicht im Fitnesscenter.

Trotzdem gehe ich jetzt zweimal woechentlich genau dorthin und stemme schwere Eisen. Geaendert hat sich meine Einstellung zum Thema Motivation. Ich bin nicht motiviert, dorthin zu gehen. Aber ich weiss, dass es gut fuer mich und meinen Koerper ist. Daher mache ich es einfach. Bislang, seit fuenf Wochen, klappt es – trotzdem habe ich eine Zehnerkarte statt einem Jahresvertrag. 😉

Ausserdem mache ich eine Einheit Krafttraining Zuhause am Wochenende und dreimal in der Woche meine Physiouebungen. Einmal in der Woche ging ich die Endlosstreppe hoch- und runter, doch das lasse ich bis auf Weiteres sein. Alles, was darueber hinausgeht an sportlicher Betaetigung ist Bonus und nur aus Spass an der Freude zu verrichten. 🙂

Treppe, immer noch scheinbar endlos im Sommer.

Sprachen

Was ich hier bislang noch nicht erwaehnt habe: Seit Dezember lerne ich nebenbei noch Japanisch. Weil ich anscheinend nicht genug ausgelastet bin in meinem Leben. 😀 Nein, eigentlich stand das schon lange auf meiner Liste an Dingen, die ich gerne machen wuerde. Und dann hat mir ein Freund Ende letzten Jahres erzaehlt, dass der Japanisch-Kanadische Verein im Yukon online Japanischunterricht anbietet und bald ein neuer Anfaengerkurs beginnt. Also habe ich mich einfach dafuer angemeldet, zusammen mit vier anderen Personen. Irgendwann wuerde ich gern Japan bereisen, am liebsten mit dem Rad. Und dann moechte ich mich wenigstens ein bisschen verstaendigen koennen. Das wuerde ich sonst so schade finden, in einem fremden Land zu sein und keine echte Verbindung mit der Bevoelkerung aufbauen zu koennen – ja nicht einmal nach dem Weg fragen zu koennen. Ich weiss, man kann auch in sein Handy quatschen und das automatisch uebersetzen lassen. Aber fuer mich waere es wichtig, eine persoenliche, direkte Verbindung herzustellen mit meinem Gespraechspartner. Vor allem, wenn man abseits der touristischen Gebiete unterwegs sein moechte, kommt man mit Englisch nicht weiter.

Habe ich nicht Franzoesisch gelernt? Stimmt. Jedoch wurde mein zweiter Kurs wegen der ersten Covidwelle nach der Haelfte abgebrochen, woraufhin die frankokanadische Vereinigung eine Rueckerstattung oder Gutschrift versprach. In meinem Abschlusszeugnis stand dann auch, dass ich den Kurs wiederholen muesste, da nur die Haelfte stattfand. Macht Sinn.

Als es wieder moeglich war, sich in Kurse einzuschreiben, fragte ich an, wie es mit einer (teilweisen) Gutschrift aussaehe, da ich ungern den vollen Preis des Kurses zweimal bezahlen moechte. Vor allem vor dem Hintergrund, dass auch dieser Kurs jederzeit wieder abgeblasen werden koennte. Die Antwort lautete, dass man es sich anders ueberlegt haette und es keinerlei Gutschriften oder Rueckerstattungen gaebe.

Diese Haltung kann sich die Vereinigung deshalb erlauben, da ca. 90% der Teilnehmer im oeffentlichen Dienst taetig sind und die Regierung den Kurs direkt bezahlt. Ich als blechende Minderheit zaehlte nicht. Und als Konsequenz zahlte ich nicht mehr.

Je garde mon argent – Ich behalte mein Geld. Soviel steht fest.

Irgendwann wuerde ich meine Franzoesischkenntnisse gern weiter ausbauen, aber nicht mehr mit der Vereinigung. Und erstmal steht Japanisch auf der Speisekarte.

Der Kurs laeuft gut – abgesehen von der Tatsache, dass die anderen vier Teilnehmer mittlerweile alle das Handtuch geworfen haben. xD Mein Lehrer hat sich aber dazu bereiterklaert, mich auch alleine weiter zu unterrichten, wofuer ich sehr dankbar bin.

Es ist ein ganz schoener Batzen, das zu lernen, das stimmt. Und es wird wahrscheinlich viele Jahre dauern, bis ich genuegend Schriftzeichen lesen kann oder mich in einem Gespraech nicht voellig blamieren werde. Aber das ist fuer mich kein Grund, es nicht zu tun. Solange ich am Tag noch 30 Minuten uebrig habe um am Handy rumzudaddeln oder mir ne Dokumentation auf Youtube anzugucken, habe ich auch Zeit, 30 Minuten lang japanische Grammatik, Schriftzeichen und Vokabeln zu lernen.

Der Japantrip steht auch noch in den Sternen, eigentlich wollte ich schon im Sommer 2011 dort hin. Irgendwann wird es schon klappen. Und bis dahin bin ich gespannt, wie weit mich 30 Minuten am Tag bringen werden. 🙂

Arma findet, dass 30 Minuten taeglich immer uebrig sind – vor allem zum Spielen!

Landwirtschaft

Den Huehnern geht es soweit gut, nur Hahn Daisy ist derzeit in Einzelhaft. Er rannte wahnsinnig schnell hinter einer Henne her und verletzte sich dabei am Bein, wobei nichts gebrochen zu sein scheint. Seitdem faellt es ihm schwer, zu gehen. Er sitzt also in einem Kaefig im Stall in der Hoffnung, dass das Bein genug ruhen kann um zu heilen. Einmal am Tag nehme ich ihn nach draussen, zur Physiotherapie. Und eigentlich hat er vorsichtige Fortschritte gemacht – nur heute morgen schien er wieder weniger belastbar. Hmm… Seine Gnadenfrist ist noch nicht abgelaufen.

Hahn Daisy, in Schieflage.

Mein Gemuesegarten waechst und gedeiht. Meine Top 3 vom letzten Jahr, Gruenkohl, Dill und Moehren, habe ich besonders reichlich ausgesaeht. Derzeit essen wir fast taeglich einen Trog voller Mikro-Moehren plus Moehrengruen, denn die Moehrchen muessen dringend vereinzelt werden. Ich verschenke auch viel Gruenfutter an Freunde, das macht mir besonders viel Spass, die strahlenden Gesichter zu sehen! 🙂

Huehner, futtern ausgeduennte Radieschen (links/mittig) und tarnen sich im Sandbad (rechts).

Doch die Moehren muessen dringend noch schneller verwertet werden. Vielleicht mache ich eine Grossaktion am Wochenende und verarbeite sie eimerweise zu Pesto. Das koennte ich einfrieren und haette auch im Winter noch was davon!

Selbst gezogene Mohnbluete nach einem Regenschauer.

Wellness

Nach drei Jahren Bauzeit haben die heissen Quellen im Yukon ihre neue Anlage geoeffnet! Statt der schimmligen Umkleide und dem Betonrechteckpool oeffnete im Mai eine Wellnessanlage mit mehreren Becken, Ruheraeumen, Saunas und allem Pi Pa Po. Die oeffentliche Meinung zu dem Projekt war eher abgeneigt – vor allem, als verkuendet wurde, dass die Anlage nur fuer Erwachsene zugaenglich ist um eine entspannende Atmosphaere zu gewaehrleisten.

Doch jeder, mit dem ich gesprochen habe, fand es gut, nachdem man es selbst erlebt hat. Man fuehlt einfach, wie viel Herzblut in dem Projekt steckt. Eine echt tolle Anlage, die sich auch im internationalen Vergleich nicht verstecken braucht.

Postkartenansicht von einer kleinen Wanderung: Berge, Seen, Tannen, Wolken.

Bei meinem zweiten Besuch im Mai fragte ich die asiatisch aussehende Mitarbeiterin am Empfang nach ihrem Namen. Der klang wiederum Japanisch. Ich fasste mir also ein Herz:

„日本人ですか?“ (Bist du Japanerin?)

”はい、日本人です…” (Ja, bin ich…)

“日本語を勉強します!“ (Ich lerne Japanisch!)

„Wow, dein Japanisch ist voll gut!“

„Dankeschoen!“

„Die Person hinter dir in der Schlange ist auch Japanerin!“

„初めまして!よろしくお願いいたします!“ (Freut mich, euch kennenzulernen. Bitte seid nett zu mir! [Ungefaehre Uebersetzung – unbedingt noetig zu sagen, wenn man sich im Japanischen vorstellt])

Natuerlich habe ich mich bei der letzten Einlage verbeugt und bin dann mit rotem Kopf zur Dusche geeilt. Ausserhalb meines Kurses habe ich mein Japanisch noch nie versucht bei Muttersprachlern anzuwenden. Trotzdem bin ich froh, es versucht zu haben!

Nach der Dusche ging es fuer mich zum langsamen Garen in den Pool und dann noch in die Holzofensauna, dort schwitze schon eine weitere Person.

Und diese Person fing auf einmal an zu reden.

„Wie lange lernst du denn schon Japanisch?“

Oh, es war die Person, die in der Schlange hinter mir stand! Wir sprachen also und hatten eine angeregte und interessante Unterhaltung, bis ich dringend nach Hause musste. Handynummern wurden vorher noch ausgetauscht.

Was seitdem geschah: 絵里 (uebertragen Eri, aber ausgesprochen eher wie Ellie) und ich sind mittlerweile gute Freunde und einen Tag nach unserem Treffen in der Sauna ist ebendiese abgebrannt. Verletzt wurde niemand, mittlerweile haben die heissen Quellen auch wieder geoeffnet, nur eben ohne Saunas. Die muessen erst wiedererrichtet werden – dieses Mal mit korrekter Kamininstallation.

Spanferkel, gegrillt beim Mittsommerfest der Nachbarn (nicht im Saunafeuer).

Sommer

Wie jedes Jahr sind die Naechte kurz bis nicht vorhanden, genauso verhaelt es sich mit dem Schlaf, da man ALLES machen moechte, was man sich im Winter ertraeumt hat. Und nebenbei hat man ja auch noch zwei Jobs und nen Kuebel voller Hobbies, siehe oben. Ach und dann moechte ich ja auch noch auf alle Emails zeitnah antworten und diesen Blog fuehren… *schwitz*

Einfach mal unerreichbar sein – Tyrel fuehrt das Boot aus.

Etliche Emailantworten bin ich schuldig, das tut mir auch leid. Da dachte ich mir jetzt, ich schreibe mal wieder eine superlange Blogemail an alle, die es interessiert. Dann schaffe ich es vielleicht auch wieder, mein Postfach aufzuraeumen, weil dies die Einzelemailantwort erheblich verkuerzen sollte. Es besteht also noch Hoffnung. 🙂

In der Zwischenzeit: Ich habe mich sehr ueber deine Email gefreut und ich mag dich immer noch supergerne und denke oft an dich!! Ungelogen – das gilt auch fuer viele liebe Freunde, die mir keine Emails schreiben! 😀

Eine wilde Orchidee, die ich am Wegesrand fand.

Also, was mache ich denn so, wenn ich nicht arbeite, Sport treibe, Arzttermine wahrnehme, Japanisch lerne, im Garten arbeite, stricke oder in heissen Quellen rumduemple?!

Packrafting

Eigentlich stehe ich nicht so sehr auf Anglizismen, ich rede so schon den ganzen Tag nur Englisch. Daher versuche ich moeglichst, deutsche Woerter zu benutzen, wenn ich Deutsch rede oder schreibe. Aber Packrafting? Hmm…

Ein Packraft ist ein leichtes, aber stabiles und robustes Schlauchboot, das zusammengerollt wenig Gewicht und Packmass aufweist. Somit ist es gut geeignet fuer alle Wasseraktivitaeten, bei denen es eher unhandlich ist, ein grosses Boot oder Surfbrett mitzubringen. Ich liebaeugle schon seit zwei Jahren mit der Idee, mir ein Packraft zu bestellen. Leider sind diese Boote aber recht teuer und haben auch lange Lieferzeiten, sodass ich es mir immer ausgeredet habe.

Doch Anfang Februar fasste ich mir ein Herz und etliche Dollar und klickte meine Bestellung zusammen. Ende Juni wurde das gute Stueck endlich geliefert.

Packraft, tarngruen.

Mein erstes kleines Abenteuer startete direkt von meiner Haustuer aus. Ich wanderte mit Tyrel und Arma ein paar Kilometer zum nahegelegenen Fluss, pumpte das Boot mit dem dazugehoerigen Luftsack auf und liess mich treiben.

Besonders freute ich mich auf eine bestimmten Streckenabschnitt, den ich gerne mit dem Rad aufsuche und von dort auf den Fluss starre. So war die Aussicht am Tag zuvor mit dem Rad:

Ein schmaler Weg auf einem Grat zur Aussichtsplattform.
Aussicht auf Fluss und Fahrrad.
Ein Gewitter ist im Anflug.

Vom Fluss aus bo(o)t sich folgende Ansicht am Folgetag:

Weniger spektakulaer, aber immer noch schoen.

Um mehr Sicherheit auf dem Wasser zu haben, meldete ich mich zu einem viertaegigen Packraftingkurs an. Bei unserem ersten geplanten Treffen entschloss sich Eri spontan dazu, sich auch zum Kurs anzumelden! Darueber habe ich mich sehr gefreut – so schnell kann es manchmal passieren, dass Fremde zu Freunden werden. 🙂

Eri und ich beim Packraftingkurs.

Leider gibt es vom Kurs selbst keine Bilder. Wir waren damit beschaeftigt, nicht zu ertrinken und wollten ungern unsere Handykamera beim naechsten Badegang Koenig Triton weihen. Aber wir haben viel gelernt und unsere Grenzen ausgelotet. Letztes Wochenende ging es dann zur Bewaehrungsprobe und wir unternahmen einen gemeinsamen Packraftingtrip zusammen mit Paddelnovizen Tyrel und Bella. Das war eine wirklich schoene Erfahrung und alle sind erfolgreich durch die Wildwasserpassage der Schwierigkeitsstufe II bis III gepaddelt.

Bella mit Packrafts vor dem Beginn unserer Tour.
Ich, paddelnd.
Eri, fast am Ende des Trips.

Und sonst so?

Ja weiss ich auch nicht. Hab ich was vergessen? Bestimmt.

Macht nichts, jetzt habt ihr ne ungefaehre Idee davon, was ich so treibe.

Und bei euch so? Was macht der Sommer? 🙂

See, nicht vereist!

Ausgelaufen

Anfang Mai.

Mein Schienbein tut weh. Erst links, dann auch rechts.

Ein scharfer Schmerz, nicht das wohlbekannte dumpfe Ziehen von beanspruchten Muskeln.

Ich hoere auf zu laufen um mich nicht ernsthaft zu verletzen.

Stattdessen mache ich einen Termin beim oertlichen Ultralauf-Physio-Spezialisten. Ich hoffe, dass er mir sagt, ich habe ein typisches Schienbeinkantensyndrom. Und dass ich fuer ein paar Wochen radfahre oder sonst was mache und dann wieder voll durchstarten kann, puenktlich zum Lauf, fuer den ich jetzt seit 10 Monaten wirklich hart trainiere.

Aber er sagt mir, dass meine Muskulatur nicht betroffen ist und meine schmerzhaften Stellen sich direkt auf meinem Knochen befinden, wo keine Sehnen oder Baender verankert sind.

Wir reden ueber meinen sonstigen Gesundheitszustand und er fragt, wie lange ich eine Schilddruesenueberfunktion hatte, bevor sie behandelt wurde.

„So ca. 4 bis 18 Jahre lang.“

„Dein Trainingsprogramm ist ausgewogen, das sollte dich eigentlich unverletzt zum Ziel bringen. Ausserdem sind deine Beschwerden in einer Entlastungswoche aufgetreten, das ist sehr untypisch fuer eine Ueberlastungsverletzung. Aber eine Schilddruesenueberfunktion fuehrt zum Abbau der Knochendichte. Vor allem, wenn sie ueber laengere Zeit unbehandelt blieb. Das kann dazu fuehren, dass Stressfrakturen auftreten.“

„…und was ist mit meinem Lauf?“

*trommelt verlegen auf den Behandlungstisch* „…sieht derzeit eher schlecht aus. Tut mir Leid, dass ich dir das sagen muss.“

Zurueck im Auto heule ich Rotz und Wasser. Ich weiss, das ist wirklich nicht das Ende der Welt. Was fuer ein Luxusproblem: Ich kann an dem wahnwitzigen Lauf nicht teilnehmen, bei dem mir schon bei der Anmeldung klar war, dass der meilenweit ausserhalb meiner Komfortzone liegt und es eine Million Gruende gibt, warum es nicht klappen koennte. Jetzt ist halt einer davon eingetreten. Und ich bin traurig und enttaeuscht. Und das ist okay.

Ich heule also meinen Weg zurueck ins Buero. Die Kollegen sollen sich nicht dran gewoehnen, dass ich immer gut drauf bin! Verquollen gehe ich ins Buero meiner Kollegin, deren Vater heute Todestag hat.

„Komm mit, wir fahren zur Dairy Queen!“

Dairy Queen (zu deutsch Molkereikoenigin) ist ein vor ein paar Wochen hier neu eroeffnetes Restaurant einer amerikanischen Fastfoodkette. Die sich ums Gebaeude wickelnde Autowarteschlange war mir seit Eroeffnung deutlich zu lang um mich einzureihen. Doch heute haben wir Glueck, heute warten wir nur ein paar Minuten. Genau lang genug um meiner Arbeitskollegin zu erklaeren, warum ich immer noch heule und mich dann fuer eine Eiscremesorte zu entscheiden. Ein Softeis mit allem moeglichen Kram eingeruehrt – in meinem Fall Reese’s Pieces (Schoko-Erdnussbutterlinsen), Erdnussbutter und Keksteig. Erhaeltlich in den Groessen mini, klein, mittel und gross. Ich hatte schon Mittag gegessen und entscheide mich fuer ein kleines Eis. Bekomme dann aber einen 500 ml Kuebel ueberreicht. Achja, ich vergass. Amerika.

Zwei Tage lang heule ich immer mal wieder, doch am dritten Tag wird mir das zu lahm und ich mache mich an die Wiederauferstehung.

Bestandsaufnahme. Was habe ich und was geht noch? Ich habe ne ganz ordentliche Grundfitness und zwei Fahrraeder, die ich straeflich vernachlaessigt habe ich den letzten 10 Monaten. Und laut meinem Physiotherapeuten kann ich radfahren, „bis die Kuehe heimkommen.“ Wieder mal eine neue Redewendung gelernt. Wann genau die Kuehe heimkommen, weiss ich nicht. Abends? Oder im Herbst? Jedenfalls sind die doch den ganzen Tag ueber draussen, wenn man sie laesst. Also kann ich radfahren.

Ich radle und melde mich zu einem lustig klingenden Gravel Race an (Radrennen auf Schotterpisten) in 1,5 Wochen.

Auf einer windigen Testfahrt bemerke ich, dass meine normale Brille keinen Schutz vor Wind bietet und kehre mit gefriergetrockneten Augaepfeln heim. Eine weitere windige Ausfahrt unternehme ich mit Kontaktlinsen und meiner Sonnenbrille, die jedoch staendig von innen beschlaegt, dank der nun vor Anstrengung schwitzenden und schlecht ventilierten Augaepfel.

Also fahre ich ins Radgeschaeft und kaufe mir eine Astronautenbrille, die mich schneller aussehen laesst, als ich bin. Ausserdem eine kleine Lenkertasche fuer Baerenabwehrspray. Nach einer groesseren Tasche fuer eine Schrotflinte frage ich lieber nicht.

So ausgeruestet kann doch gar nichts mehr schief gehen und beim Rennen wird niemand bemerken, dass ich nicht dazu gehoere, oder?

Am Tag vor dem Rennen wird eine Email an die Teilnehmer verschickt: Aufgrund der schmelzenden Schneemassen und des weichen Bodens werden Teile des Kurses auf einspurige Mountainbikestrecken verlegt. Man soll jederzeit bereit sein, abzusteigen und sein Rad zu tragen und ausserdem solle man sein Rad mit den duennsten Reifen lieber Zuhause lassen.

Ich starre auf meine zwei Raeder, eins mit duennen und eins mit ueberdimensional dicken Reifen. Ich habe wenig Lust darauf, im Schlamm festzustecken oder ueber Wurzeln und Steine zu fliegen und die angeknacksten Haxen durchzubrechen. Also sind dicke Reifen angesagt: Jegliche Gefahr wird ueberrollt.

Ich, dicke Reifen und dicke Brille.

Mit meinem ungewoehnlichen Gefaehrt, der vollgestopften Laeuferweste und der fehlenden Lycrakleidung steche ich trotz schneidiger Brille aus der Teilnehmerreihe heraus. Macht nichts, im Ueberholtwerden bin ich eh am besten. Und die 40 km Strecke, die ich gewaehlt habe, ist anspruchsvoll aber gut markiert und das Wetter spielt mit. Ich habe Spass und erhalte im Anschluss sogar ein paar anerkennende Kommentare.

Teilnehmerfeld mit einem Paar Monsterreifen.
Zielgerade nach 40 km: Immerhin so schnell, dass ich nicht umkippe.

Mittlerweile sind die Ergebnisse der Roentgenaufnahmen von meinen Schienbeinen da: Nichts zu sehen, jedoch nicht ungewoehnlich fuer Stressfrakturen. Ein MRT wuerde Gewissheit liefern, jedoch liegt die Wartezeit fuer nicht dringende Faelle bei ueber einem Jahr. Bis dahin moechte ich eigentlich schon wieder verheilt sein.

Es ist wie es ist. Das mit dem Lauf wird nichts dieses Jahr. Gestern habe ich meine Anmeldung annulliert.

Spaeter im Sommer hatte ich mich noch fuer einen Halbmarathon angemeldet. Was bis dahin ist, steht noch in den Sternen aber wenn alles ordnungsgemaess verheilt, koennte ich mit dabei sein.

Und bis dahin werde ich schon noch ein paar weitere Abenteuer aus dem Sommer herauskitzeln. Ich bin schon gespannt, in welche Richtung die Wellen des Universums mich dieses Mal tragen! 🙂

Sportwoche im April

Ist es komisch, wenn man seine eigenen Beitraege interessant findet?

Jedenfalls fand ich meinen Beitrag ueber eine Woche Sport letzten Monat sehr interessant. Ein Teil meines Hirns denkt immer noch, ich sei so sportlich wie im Mai 2018 und die 30 Jahre davor, also eher wenig. Im Juni 2018 habe ich angefangen zu laufen, ganze 60 Sekunden am Stueck und ich war fertig mit der Welt. Ich konnte mich zwar fuer einzelne Betaetigungen begeistern und mich durchquaelen, doch eine Grundfitness war nicht vorhanden.

Mittlerweile ist doch ne ganze Menge mehr drin. Auch an zeitlichem Aufwand, obwohl ich immer der Meinung war, dass ich fuer Sport keine Zeit oder Energie haette. Aber anscheinend ist das oft eine Frage der Prioritaet.

Wenn ich aber zurueck auf die Statistik einer Sportwoche blicke, dann sehe ich ein paar Zahlen, sonst nichts. Keine Wehwehchen, keine Gefuehle, nichts was wirklich zaehlt. Und erinnern kann ich mich auch schlecht, dafuer bin ich jeweils zu sehr in der jeweiligen laufenden Woche drin.

Von daher hier ein Memo an mich: So sah eine Sportwoche in deinem Leben im April 2022 aus!

Montag

Mein Plan hat sich geaendert, wie alle ca. fuenf bis sechs Wochen. Leider steht Treppensteigen nicht mehr auf dem Programm. Die liebe Treppe ist mir im letzten halben Jahr ans Herz gewachsen, fast woechentlich habe ich sie aufgesucht um sinnbefreit hoch- und runterzuwandern.

Eigentlich komisch, was einem so ans Herz wachsen kann, wenn man es oft genug macht. Ist das eine Art Stockholm Syndrom?

Jedenfalls wars das erstmal mit Treppensteigen und auch mit Skilanglauf. Bis zu meinem Lauf im Juli werde ich vor allem laufen. Macht ja auch Sinn, vom Laufdokus gucken wurde ich bislang noch nicht schneller oder ausdauernder.

Der Skitag wird im April ersetzt durch einen Lauftag und die Treppe durch eine huegelige Strasse, die es auf- und abzulaufen gilt. Laut meinem Plan kann ich das entweder Montags oder Mittwochs machen. Doch wenn ich geht, laufe ich die Huegelstrasse gerne schon Montags, dann habe ich es hinter mir.

Also Montag: Huegelstrassenlauf.

Anfang der Strasse, derzeit noch bis zum Sommeranfang gesperrt.

Die 21,1 km, die ich gestern gelaufen bin, sind meinen Beinen heute kaum anzumerken. Gestern wurde ich von Wadenkraempfen geplagt aber heute laufe ich einfach ohne groessere Sorgen erst bergauf, dann bergab. Klar, es ist anstrengend. Huegel sind fuer mich auch mental schwierig zu erlaufen. Schon am Fuss des Huegels meldet sich Genosse Schweinehund und gibt hilfreiche Ratschlaege: „Es ist jetzt schon so anstrengend und es geht noch viel hoeher bergauf. Guck – du kannst den Gipfel noch nicht mal sehen! Du solltest wirklich gehen, das waere die einzig vernuenftige Massnahme.“

Aber ganz langsam, Laufschritt fuer Laufschritt, kurbele ich mich jeden einzigen der fuenf Huegel hoch und wieder runter. Wenn es wieder bergab geht, freue ich mich ueber meine nicht-krampfenden Beine.

Bergab (Vordergrund), Berg (Hintergrund)

Das einzige, was heute nicht gut laeuft ist mein Schuhwerk. Letzte Woche befanden sich auf einigen schattigen Strassenabschnitten noch grosse Eisflaechen, daher griff ich auch diese Woche zu meinen Laufschuhen mit Spikes. Doch die Eisflaechen sind wie weggeschmolzen (harhar) – trotz der frischen -13 °C heute morgen scheint der Fruehling langfristig nur schwer aufzuhalten sein.

Bergauf, -auf, -auf.

Die Metallstifte unter meinen Sohlen geben den musikalischen Lauftakt vor mit lautem KRACK-KRACK-KRACK auf der mehr oder weniger versiegelten Schotterflaeche. Die naechsten Laeufe ueber werde ich also meine neuen, minimalistischen Laufschuhe einlaufen. Hoffentlich wird die Umstellung gut klappen – ich reihe doch eine ganze Menge Schritte aneinander und moechte nichts ueberlasten.

Bergauf mit Bremsstreifen auf der Strasse.

Ich beende diesen Lauf nach 5,8 km und ca. 200 Hoehenmetern mit einer ausgedehnten Bergabstrecke und fuehle mich wirklich gut und irgendwie erfuellt. Ist das ein Laeuferhoch?

Ich, noch ein wenig eingefroren aber irgendwie gluecklich.

Dienstag

Manche Dinge bleiben doch beim alten: Dienstag und Donnerstag sind weiterhin Doppelsporttage, die mit Krafttraining eingelaeutet werden. Die neue Routine durchlaeuft vier unterschiedliche Krafttrainingseinheiten, die sich alle 14 Tage wiederholen. Ein bisschen gemein ist das schon, so ist der Koerper immer frisch ueberrascht von der ungewohnten Bewegung. Aber wahrscheinlich ist das der Sinn der Sache.

Hanteln mit Bueropflanzen – Das Basilikum ist gut angewachsen.

Heute schwitze ich so stark auf meine Matte, dass ich sie anschliessend ein paar Stunden trocknen muss, bevor ich sie zusammenrollen und in meiner Bueroecke verstauen kann. Aber trotz der harten Anstrengung haben mir die Uebungen eigentlich ganz gut gefallen. Nur der Teeloeffel, mit dem ich mein Fruehstueck esse, scheint heute extrem schwer zu sein.


Spaeter am Tag steht noch ein saftiger Intervalllauf an. 15 Minuten langsam laufen zum Aufwaermen, dann 10 Wiederholungen a la zwei Minuten hart und schnell rennen und zwei Minuten langsam laufen. Abschliessend 10 Minuten langsam laufen zum Runterkuehlen. In Summe 65 Minuten.

Intervalllaeufe sind und bleiben sehr herausfordernd fuer mich. Wenn man mit einer gewissen Lauferfahrung eine bestimmte Distanz oder Zeit laeuft, dann kann man die Intensitaet so herunterschrauben, dass der Lauf nicht zu anstrengend wird. Aber zwei Minuten hart und schnell laufen bleibt zwei Minuten hart und schnell. Das faellt mir jetzt genauso schwer wie zu der Zeit, als ich maximal 2 Minuten am Stueck laufen konnte. Aber es steht auf dem Plan und moechte daher auch gelaufen werden. Eine Verletzung oder ein Notfall waeren natuerlich solide Gruende um die eine oder andere Uebungseinheit ausfallen zu lassen. Jedoch ist der einzige Grund, der mir heute einfaellt: „Ich mag nicht, das ist so anstrengend.“

Gut, dass es anstrengend wird, wusste ich auch bevor ich mich fuer einen 80 km Berglauf eingeschrieben habe. Letztendlich zahlt sich die Anstrengung aus, das steht fest. Und daher schnuere ich auch heute meine Laufschuhe und gehe raus. Es sind -5 Grad, aber wenigstens scheint die Sonne.

Die 15 Minuten Aufwaermlauf fallen mir erstaunlich leicht. Die 10 Intervalle sind wie zu erwarten hammerhart. Zwei Minuten lang hart hart hart, so hart es geht. Am Ende der zwei Minuten pfeife ich aus dem letzten Loch, nichts ist mehr rauszuholen. Doch die Beine sind an die Laufbewegung gewohnt und die zwei leichten Minuten jogge ich ganz gemaechlich dahin. Jedes Intervall aufs Neue bin ich erstaunt, dass ich nach den zwei leichten Minuten wieder zwei Minuten lang hart rennen kann. Vielleicht nicht ganz so schnell wie in den ersten Intervallen, doch die Beinbatterien scheinen sich wie durch Zauberhand in den zwei leichten Minuten ganz gut aufladen zu koennen.

Die beeindruckende Wetterfahne am Flughafen Whitehorse und neben bei die groesste Wetterfahne der Welt: Ein ganzes Flugzeug, eine restaurierte Douglas DC-3. Heute Suedwind.

Schon waehrend des Laufs merke ich, dass meine Oberschenkel ein wenig brennen. Zurueck im Buero auf meinem Hocker merke ich, wie die Muskeln zucken. Als wenn sie sich erst wieder in die richtige Form bringen wollen. Heute Abend gibt es viel Fisch und Gemuese und vor allem viel Schlaf. Morgen sehen wir weiter.

Mittwoch

Mein Koerper hat ueber Nacht ganze Arbeit geleistet: Meine Beine scheinen wieder einsatzfaehig. Nur die armen Aermchen haengen schlaff aus dem Tshirt und wollen nicht angehoben werden. Damit kann ich arbeiten. Zum Glueck habe ich einen Schreibtisch und eine Tastatur – ein Grossteil der Schwerkraft lastet nicht auf meinen Schultern.

Trotzdem, auch heute ist die Laufspeisekarte gut gefuellt mit einem 10 km Lauf. Zum Glueck nur 10 km – und ich haette nie gedacht, dass ich diesen Gedanken mal so formulieren wuerde. Jemand der 5 km laufen konnte erschien mir vor drei Jahren noch uebermenschlich fit. Uebrigens finde ich immer noch, dass 5 km laufen eine stattliche Leistung ist, daran hat sich nicht viel geaendert!

Fuer die heutigen 10 km brauche ich ein Ziel um meine Motivation zu foerdern. Ich waehle die Kaeseladenroute. Mit einem Extraschlenker komme ich auf 5 km pro Weg, passt perfekt. Ausserdem kann ich so meine liebe Treppe begehen. Das Wetter spielt mit, -2 °C und bewoelkt. Da kann ich getrost ohne Jacke loslaufen.

Treppe, dramatisch.

Der Weg runter in die Stadt zum Kaeseladen laeuft erstaunlich gut. Mein Oberkoerper und meine Arme sind ziemlich verspannt und verkatert, doch der Rest laeuft (ha!). Im Kaeseladen selbst kaufe ich ordentlich ein und verquatsche mich ein wenig. Der beladene Rueckweg faellt mir schwerer – liegt es an der Beladung oder daran dass ich etwas haette essen oder trinken sollen? Nach dem Treppenaufgang melden sich die Waden leicht, doch sie beruhigen sich wieder und fangen nicht an zu krampfen. Ich bin zufrieden, aber merke mir fuer die Zukunft, eine Trinkflasche mitzubringen wenn der Lauf 10 km oder laenger andauert. Vor allem, wenn sich die Gesamtlaufdauer durch Pausen noch verlaengert.

Donnerstag

Doppeldonnerstag steht an, dabei habe ich mich vom Doppeldienstag noch nicht ganz erholt.

Aber wie trainiert dafuer, 80 km lang bergauf und -ab zu laufen? Wahrscheinlich muss der Koerper lernen, trotz Ermuedung weiterzuarbeiten. Der naechste Ruhetag ist schon uebermorgen und der Geist ist willig und ist immer noch schrecklich neugierig, was alles moeglich ist, wenn man sich ausreichend herausfordert. Wenn der Geist willig ist, wird das Fleisch schon folgen.

Hanteln im Buero. Der Grossteil der Basilikumpflanzen ist in Jogurtbecher umgetopft worden.

Die ersten Wiederholungen der heutigen Kraftuebungen sind wirklich herausfordernd durch den Muskelkater, der sich noch in meinem System befindet. Doch interessanterweise wird es im zweiten Set schon weniger unangenehm. Ein gutes Zeichen dafuer, dass alles nur muede ist und keine Verletzungen drohen. Sogar der Schweiss fliesst nicht so uebertrieben wie am Dienstag! Aber sind ja auch andere Uebungen – vielleicht arbeite ich schon aktiv auf den Ruhetag hin?


Fuer den Laufteil des Tages steht eine Stunde Laufen auf dem Plan. Ich bin wirklich sehr muede und mag nicht. Trotzdem ziehe ich mich um und schnuere die Laufschuhe. „Ich mag nicht“ lasse ich nicht gelten. Ich laufe und gehe einen steilen Berg hinauf bis ich nach einiger Zeit am Haus meiner Freundin ankomme. Sie schliesst sich mir an und wir fuehren ein tolles, angeregtes Gespraech ueber Gott und die Welt. So wird der Fokus von meinen Wehwehchen gelenkt und wir haben einen wirklich tollen Lauf zusammen. Ausserdem laeuft sie mich noch zurueck zum Buero, so muss ich den Rueckweg nicht alleine angehen. Nach dem Lauf fuehle ich mich viel besser, sowohl mental als auch koerperlich. Zudem freue ich mich schon sehr auf meine Sportmassage spaeter am Nachmittag, die ich schon vor gut zwei Monaten gebucht habe. Der Masseur ist ein echter Fachmann und die Nachfrage ist gross.

Freitag

Fleischerfreitag steht auf dem Programm, aber vorher heisst es noch 45 Minuten laufen gehen. Letzten Freitag hat das nicht gut geklappt, die Waden haben schlimm gekrampft. Aber diese Woche hatte ich eigentlich wenig Beschwerden, da wird es bestimmt besser klappen. Um sicher zu gehen, waerme ich mich ein wenig auf mit dynamischen Dehnungsuebungen.

Das Wetter ist auch gut mit Morgensonne und -12 Grad. Kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen, oder?

Die ersten richtigen Fruehlingsboten sind schon da: Die Autos werfen sich in ihr Fruehlingsfell: Eine dicke Schlammkruste.

Anscheinend doch, denn es ist genau die gleiche Misere wie schon letzte Woche: Ein einizger Krampf. Lange Strecken muss ich gehen, ansonsten lauf-humpele ich vor mich hin.

Aber es ist gut, das jetzt herauszufinden, dass mein Koerper morgens so reagiert. Der Lauf wird auch um 6 Uhr morgens beginnen, bis dahin bleiben mir noch einige Wochen Zeit zu experimentieren. Sollte ich mich mehr aufwaermen? Oder Elektrolyte zu mir nehmen? Frueher aufstehen, damit mein Koerper nicht so geschockt ist von der ploetzlichen Belastung?

Auf Nebenwegen ist und bleibt es zunaechst Winter.

In 45 Minuten komme ich auf schlappe 5,1 km. Ist voll okay und sind immerhin 100 Meter mehr als letzte Woche.

Eine halbe Stunde nach dem Lauf fuehlen sich meine Beine uebrigens leicht und ausgeruht an wie schon seit langem nicht mehr. Ein bisschen veraeppelt komme ich mir schon vor. Aber ich werde schon noch herausfinden, wie ich meinem Koerper besser helfen kann, am Morgen in die Gaenge zu kommen.

Samstag

FREI! 🙂

Sonntag

Heute steht der bislang laengste Lauf des Jahres an mit 28 km. Nach wie vor sind uebliche und schoen gelegene Wege zum Laufen durch Schnee/Matsch/Eis oder einen beliebigen Mix daraus zum Laufen ungeeignet. Bleiben Landstrassen oder das Wildtiergehe zur Auswahl. Ich waehle das Wildtiergehe, wobei ich mir nicht sicher bin, ob dort Matsch oder Eis das groessere Problem ist. Dann muss ich wohl zwei verschiedene Paar Schuhe mitbringen und vor Ort entscheiden, was die sinnvollere Wahl ist.

Auf dem Parkplatz des Wildtiergeheges steht schnell fest, dass es noch die Schuhe mit den Spikes sein muessen. Die Wege sind teilweise noch mit Eis und Schnee ueberzogen. Ich ziehe sie also an und trotte los. Doch leider stellen sich relativ bald zwei Probleme heraus: Zum einen ist laufen auf den Wegen derzeit fast unmoeglich durch tiefen, aufgeweichten Schneematsch oder weichen Schotter-Schlamm-Mix. Zum anderen krampfen die Waden und es treten auch leichte Taubheitsgefuehle in den Fuessen auf. Nach einer Runde von knapp 6 km entscheide ich mich, dass es keinen Sinn macht, hier weiterzulaufen. Meine derzeitige Mission ist nicht, mich ueber instabile Untergruende fortzubewegen, sondern lange Zeit in einer Laufbewegung zu bleiben. Und das ist hier kaum bis gar nicht moeglich.

Wapitihirsche, von hinten.

Ich steige also wieder in mein Auto ein und fahre zur naechstgelegenen Tankstelle und gleichzeitig zur Muendung der hiesigen Landstrasse zum Highway. Die Landstrasse ist auch gut huegelig und frei von Schnee und Eis. Laufen kann ich hier, auch wenn ich eher ungern auf Strassen laufe. Aber die Alternative waere, den Lauf abzubrechen und das moechte ich noch weniger.

Bisons, leise und tief grunzend.

Auf der trockenen Strasse laeuft es sich viel besser als im Wildtiergehege, soviel steht schnell fest. Aber auch hier verfolgen mich die Wadenkraempfe und Taubheitsgefuehle nach kurzer Zeit wieder. Ich versuche Strecken zu gehen, Halt zu machen um mich zu dehnen und die Schuhe lockerer zu schnueren. Natuerlich nehme ich auch Elektrolyte und Kalorien zu mir. Aber es ist der Stand der Dinge. Ich ergebe mich und mache einfach, so gut ich kann.

Strasse. Wo kein Gehweg ist, da lauf ich links!

Nach knapp 13 km entscheidet sich mein Koerper ploetzlich, dass das Krampfen nichts bringt und ploetzlich fuehlen sich meine Beine ganz wunderbar an. Die restlichen 15 km verfliegen im Nu, sodass ich fuer die insgesamt 28 km 3:38 Stunden brauche. Die ersten 14 km kosteten mich 2 Stunden, die zweiten 14 km dann ploetzlich 22 Minuten weniger.

Strasse, kurz vor dem ersten Hagelschauer.

Aber vor allem ist wichtig, dass ich ohne grosse Erschoepfung und flott ins Ziel gelaufen bin. Ganz ohne Blasen, wunde Stellen oder Schmerzen.

Strasse. Niederschlag zieht auf, aber macht die Szenerie wenigstens interessanter.

Das unterstreicht nochmal die Erkenntnis von Freitag, dass ich mich der Wadenkrampferei dringend annehmen muss. Magnesium und Kalzium nehme ich schon zusaetzlich. Und wenn ich in meiner Mittagspause laufe, ist Krampfen kein Thema. Also vermute ich, dass ich mich besser aufwaermen muss vor einem Lauf, der relativ frueh am Morgen stattfindet.

Ich habe in den letzten Wochen auch ein paar Kilos zugenommen, wahrscheinlich machen sich die Schilddruesenhemmer bemerkbar. Koennte es sein, dass das zusaetzliche Gewicht meine Waden sehr stresst?

Wieder Zuhause schreibe ich meiner Trainerin und bitte um Rat. Sie antwortet zeitnah, dass sie mir Videos mit Aufwaermuebungen zuschicken wird. Fuer das Training ab kommenden Freitag ist also schon vorgesorgt. Und falls die Problematik dann wieder auftritt, probiere ich etwas anderes. Bis zum Juli werde ich das passende Puzzleteil gefunden haben!

Wochenstatistik

Was von der Woche uebrig bleibt:

  • Gelaufene Distanz: 66.4 km
  • Gelaufene Zeit: 8:35 h
  • Hoehenmeter auf und ab: 702 m
  • Krafttraining: 2 Einheiten, 54 Sets, 1:33 h

Jetzt bin ich wirklich froh, dass ich meine Gedanken dazu zusaetzlich festgehalten habe!

Habt eine gute Woche 🙂

Entknotet

Heute morgen hatte ich meinen Termin zur Schilddruesenknotenbiopsie.

Waehrend Knoten in der Schilddruese erstmal nicht besonders selten oder besorgniserregend sind, sahen meine Knoten gross und verdaechtig genug aus um zum Wiederholungsultraschall berufen zu werden (zwei Knoten im rechten Lappen) und einer sah gemein genug aus um eine Biopsie anzuordnen (Mitte links). Das war Anfang Januar und gesellte sich froehlich zu meiner eben erst festgestellten Autoimmun-Ueberfunktion.

Ein bis drei Wochen sollte die Wartezeit bis zur Biopsie betragen, ich sei ein halb-dringlicher Fall.

Drei Monate spaeter fand der Termin dann auch tatsaechlich statt, was fuer kanadische Verhaeltnisse schon ziemlich flott ist.

Einchecken, aufgerufen werden, ueber Risiken aufgeklaert werden, nochmal alles durchlesen, unterschreiben, mit ueberstecktem Nacken auf die Liege begeben. Handtuch, ordentlich Ultraschallgleitmittel, Ultraschallkopf.

Schweigen.

Zwei Chirurginnen betreten den Raum, gewappnet mit einer Hand voll steril verpacktem medizinischem Geraet. Mit ueberstrecktem Nacken kopfueber ueber die Brillenglaeser nicht genau zu erkennen.

Alles ist bereit zur Zellentnahme. Es gibt nur ein Problem:

Meine Schilddruese hat keine Knoten mehr.

Die Bilder vom Januar werden auf einem anderen Bildschirm aufgerufen und diskutiert – jetzt sehe ich sie zum ersten Mal. Ja, es sieht ziemlich boesartig aus, wenn ich mein Suchmaschinenwissen als Massstab anlegen koennte. Klar abgegrenzt, kalkig, unregelmaessig geformt, schartig. Direkt am Isthmus angrenzend, dem mittleren Schilddruesenteil.

Es geht wieder an den Ultraschallkopf und mir an den Kragen. Die ganze Schilddruese wird langsam von oben bis unten und von links nach rechts im Querschnitt durchleuchtet, waehrend drei fachkundige Augenpaare und meine neugierigen aber kopfueber befindlichen Augaepfel auf den Monitor in Grautoenen starren.

Ultraschalltechnikerin: „Also hier waere eine Art Schatten, koennte das vielleicht ein Ueberbleibsel des grossen Knotens sein?“

Chirurgin 1: „Sind wir denn sicher, dass es genau die Stelle ist, an der der grosse Knoten war?“

Ultraschalltechnikerin: „…Nein. Es ist nur in der Naehe.“

Chirurgin 1: „Also wir werden nichts anstechen, was nicht klar abgegrenzt ist, das macht keinen Sinn.“

(Chirurgin 2 hatte keine Sprechrolle, sah aber interessiert und bemueht aus.)

Nachdem die Nadeln vom Tisch sind, wird beschlossen die geschossenen Bilder und Videos an einen Radiologen zu schicken, der einen Bericht an meine Aerzte schicken soll. Ich wische mir den verbleibenden Ultraschallglibber vom Hals und folge den blauen Pfeilen zum Ausgang des Krankenhauses.

Ich empfinde Dankbarkeit. Dafuer, dass ich mein Leben fuer mich stimmiger eingerichtet habe seit der Diagnose im Januar. Dafuer, dass mein Koerper was immer da wuchs, anscheinend absorbiert hat. Dafuer, dass ich so lange auf diesen Termin warten musste! Falls der Termin schon eine Woche nach dem Ultraschallbefund stattgefunden haette, wer weiss wie die Diagnose ausgefallen waere. Vielleicht haette ich dann jetzt schon keine Schilddruese mehr?

Ein bisschen schaeme ich mich dafuer, dass ich so sauer auf das kanadische Gesundheitssystem war. Na klar, wenn ein Verdacht besteht moechte man natuerlich alles sofort bestmoeglichst abgeklaert haben. Aber in diesem Fall brauchte mein Koerper wohl ein Anpassen der Lebensumstaende und ein wenig Zeit.

Wie sagt man so schoen: „Wer weiss, wozu es gut ist?“ Das werde ich in Zukunft versuchen, noch mehr zu beherzigen, wenn etwas in meinem Leben scheinbar schief laeuft. Mir gefaellt die Vorstellung, von den Wellen des Universums langsam in die fuer mich richtige Richtung gespuelt zu werden. Ich kann mit meinem Schlauchboot zwar hart gegen die Stroemung anpaddeln, aber letztendlich aendert es nicht viel. Ein paar kleinere Paddelschlaege, die den besten Kanal mit der Stroemung waehlen, darauf moechte ich mich konzentrieren. Meine Arbeitsstunden reduziert halten, damit ich nicht mehr als Vollzeit arbeite. Sport- und Putzroutinen befolgen, wenn es geht. Ausreichend Gemuese essen und selbst kochen. Kleine Abenteuer planen und sie selbst durchfuehren, unabhaengig davon ob sich eine Begleitung dazugesellt.

Die heutigen 40 Minuten Treppenauf- und abstieg lassen meine Gedanken fliegen. Zarte Ideen treffen auf nahrhaften Boden. Jetzt liegt es an mir, dranzubleiben.

Oftmals kommt es auf den Blickwinkel an, fluestert mir die Treppe zu.

Treppe, von unten.
Treppe, von oben.

Eine Woche Sport

Seit dem letzten Beitrag ist erneut Zeit vergangen. Waere auch merkwuerdig, wenn sie in der Zwischenzeit stehengeblieben waere. Die Schilddrüsenwerte sind mit den Medikamenten fürs Erste im ausgewiesenen Normalbereich. Wieder abwarten.

Da habe ich mich gefragt: Was mache ich eigentlich so, neben den zwei Jobs und dem Haushalt und den Hühnern und allem, was sonst so zu tun ist? Da sollte doch noch massig viel Zeit über sein fürs Bloggen! Ist es aber irgendwie nicht. Kann daran liegen, dass ich relativ viel Sport treibe.

Da würde es sich eigentlich anbieten, davon zu berichten, oder?

Eigentlich ja. Aber ich habe keine Lust auf einen „OooOoh, guckt mal alle her wie spochtlich ich bin!“-Beitrag. Deswegen hab ich es lange nicht gemacht.

Jedoch ist das derzeit einfach mein Alltag. Egal wie das rüberkommt. Also raus damit.

Montag

Laut Trainingsplan habe ich heute die Wahl: 5 km gehen, 5 – 8 km laufen oder eine Stunde Skilanglauf.

Wann immer es mir moeglich ist, waehle ich die Option Skilanglauf. Immerhin habe ich diese Saison neue Skis und einen Saisonpass fuer das Loipensystem in der Stadt. Heute stelle ich mich auf eine langsame Tour ein, denn es schneit mal wieder und laut Webseite wurden die Loipen Samstagabend das letzte Mal gespurt.

Aber was solls. Gegen 10 h ziehe ich mich auf dem Arbeitsklo um, befreie mein Auto vom Schnee und fahre ca. 5 Minuten zu einer Einstiegsstelle. Motor aus, Ski an, los.

Meine Erwartungen bestaetigen sich: Ich komme nur langsam voran. Das liegt zum einen daran, dass meine Fortbewegungsenergie zum Schneeplattdruecken statt Vorwaertsgleiten verwendet wird. Zum anderen sind meine Beine noch etwas steif von den Laeufen am Wochenende. Immerhin sind es nur -6 Grad, da reicht meine duenne Regenjacke ueber dem langaermligen Kunstfaserpulli aus. Und eine Stunde vergeht so oder so, egal ob ich wie vor zwei Wochen 7 km oder wie heute nur 5.6 km in der Zeit skilaufe.

Meine Ski bahnen sich einen Weg durch den Schnee.

Dienstag

Um 5:59 h in der Frueh rolle ich im Buero meine Yogamatte aus, denn heute steht zuerst Krafttraining auf dem Plan. Mein Gehirn ist unheimlich kreativ darin, Ausreden zu erfinden warum ich heute kein Krafttraining machen kann. Zuhause ist wenig Platz, eigentlich haette ich nur den Flur zur Verfuegung. Aber Tyrel muss auch von A nach B gehen um sich morgens fertig zu machen. Im Buero ist mehr Platz. Also mache ich meine Uebungen hier. Und zwar bevor mein Hirn vollstaendig wach ist und mir erklaert, warum ich heute leider nicht trainieren kann.

Mein Krafttraining besteht aus acht verschiedenen Uebungen, die jeweils in Paerchen unterteilt sind. Ich mache also alle Wiederholungen von Uebung A, dann alle von Uebung B, dann gibt es 30 bis 40 Sekunden Pause. Das wiederholt sich noch zweimal, dann fahre ich mit Uebungen C und D fort, und so weiter. Ich arbeite mit Eigengewicht und mit Fitnessbaendern, ab und an brauche ich auch eine Hantel oder einen Stuhl. Aber keine Mitgliedschaft im Fitnesscenter, da wuerde ich eh nicht hingehen.

Schwitzen im Buero vor meinen Chilipflanzen und dem gerade erst ausgesaeten Basilikum.

Das heutige Programm beschaeftigt mich 32 Minuten lang, danach ist wieder Umziehen angesagt. Wie schoen es immer wieder ist, in eine trockene Unterhose zu schluepfen!

Ich sitze laengst am Arbeitsplatz bevor mein erster Kollege das Gebaeude betritt.


Gegen 11 h geht es weiter im Programm: Ein 5 km Lauf ist angesagt, bei dem ich die benoetigte Zeit notieren soll. Wahrscheinlich als Fitnessvergleich ueber die Dauer meines Trainingsplans gedacht, aber ich versuche bei diesen Laeufen, mich wirklich anzustrengen und vielleicht ein bisschen schneller als beim letzten Mal zu laufen.

Den Morgen ueber hat es wieder geschneit, heute ca. 4 cm. Die kleinen Wege fallen also flach, ich laufe stattdessen hin und her auf Nebenstrassen. Auf Strassen laufen, mehrmals die Richtung wechseln, sich verausgaben: Drei Dinge die ich am Laufen nicht mag. Zudem sind die Beine immer noch ziemlich schwer, wenn auch nicht so schwer wie gestern. Aber die Sonne scheint und wenn man besser werden will, dann muss man auch Sachen machen, die einem nicht so leicht fallen. Wenn man immer nur das Gleiche macht, dann wird man automatisch langsamer. Ich moechte jedoch etwas schneller werden!

Der Plan geht auf und ich erlaufe meinen Schnefaz (schnellsten Fuenfer aller Zeiten) mit 32 Minuten und 23 Sekunden. Ich kenne eigentlich keinen Laeufer, den diese Zeit beeindrucken wuerde. Ausser mich, ich bin ganz stolz! Die Haut und die Muskeln gluehen nach, als ich auf dem Arbeitsklo eine weitere trockene Unterhose anziehe.

Mittwoch

Heute ist der kuerzeste Sporttag der Woche: Nur 40 Minuten stehen auf dem Plan!

Dafuer sind es 40 Minuten lang Treppe hoch- und runtergehen. Und nicht nur irgendeine Treppe, es sind die in Whitehorse beruechtigten Black Street Stairs, also die Treppe an der Black Street (Schwarze Strasse).

Sie ist der einzige Fussgaengerweg, der ueber einen schroffen Abhang von der Stadt hoch zum Flughafen fuehrt. Die Stadt liegt im ehemaligen Ueberflutungsgebiet des Yukon Rivers unterhalb der sogannten Clay Cliffs (Lehmklippen), der Flughafen auf der Hochebene darueber.

Treppe, von unten nach oben.

„Ist das nicht unguenstig, eine Stadt im Ueberflutungsgebiet zu bauen?“, fragt sich der geneigte Leser eventuell. Gar kein Problem – man baut einfach einen grossen Damm flussaufwaerts der Stadt um die Spannung ein wenig zu erhoehen in wasserreichen Zeiten. Da lobe ich mir die alten Aegypter, die die Ueberflutungszonen im fruchtbaren Nildelta zum Ackerbau nutzten… Fragt sich eigentlich noch jemand, warum wir im Geschichtsunterricht gefuehlt vier Halbjahre lang das antike Aegypten, acht Halbjahre lang die deutsche NS-Zeit und den Rest ein bisschen franzoesische Revolution und Prager Fenstersturz durchgenommen haben? Es gibt so viele interessante Dynastien, von denen ich noch nie gehoert habe!

Aber ich schweife ab. Eigentlich wuerde ich lieber „echte“ Haenge hoch- und runtergehen. Aber das existiert derzeit nur im tiefen Schnee oder auf einer Strasse. Dann lieber die Treppe, ganz ohne Autos.

Vor der ersten Treppeneinheit dachte ich, dass es mir bestimmt mental sehr schwer fallen wird. Stumpf ohne Sinn und Verstand hinauf, hinab und wieder hinauf. Doch es macht mir nichts aus, die Zeit vergeht schnell. Mal schiebt jemand sein Fahrrad mit ueberdimensionierten Reifen die Treppe hinauf. Mal startet ein Duesenjet hinter dem Zaun am oberen Ende der Treppe. Und manchmal habe ich sogar ein wenig Gesellschaft und jemand anders begibt sich ins Treppensteig-Fegefeuer.

Boeing 737-500 hinter einem Zaun, kurz vor dem Abheben.

Wenn nichts Interessantes geschieht und mein Gehirn eine Zeit lang auf Autopilot geschaltet ist, ploppen interessante Themen auf. Ca. 15 Minuten lang versuche ich mich zu erinnern, wie Kamelohren aussehen. Sind sie etwas groesser und umklappbar, damit sie verschlossen werden koennen? Oder sind sie winzig klein und haarig? Ich glaube sie waren eher klein. Kann man sie ueberhaupt sehen? Wie sind sie konstruiert, dass Sand auch wieder herausgeschuettelt werden kann? Es waere doch gut, wenn so eine Art Sandstopp eingebaut waere. Aber Moment, so ist unsere Uhrmuschel doch auch aufgebaut, sonst waere sie doch nur trichterfoermig, oder? Warum hat es die Natur nicht eingerichtet, dass man sich mit ein wenig Luft die Ohren selbst freipusten kann? Oder waere das zu laut?

Treppe, von oben nach unten.

Es tut mir wirklich gut, solche Freiraeume von Berieselung zu schaffen. Ansonsten bin ich immer mit irgendetwas beschaeftigt oder schlage die Antwort schnell im Internet nach. Meine Gedanken koennen am besten fliegen und kehren geordnet wieder zurueck, wenn ich mich monoton koerperlich unter freiem Himmel betaetige. Fuer diese Erkenntnis bin ich sehr dankbar.

Schliesslich sind die 40 Minuten um. Ich bin in der Zeit zehnmal die Treppe hoch- und wieder runtergegangen plus ein Drittel wieder hoch. Mit gummiartigen Beinen wackel ich zum Auto und freue mich auf eine heisse Dusche.

Donnerstag

Donnerstag startet wieder mit einer Einheit Krafttraining um kurz vor 6 Uhr morgens im Buero. Gleicher Ablauf wie Dienstag, nur die Uebungen sind anders. Heute werden vor allem die Schultern trainiert, was mich ganz schoen zum Schnaufen bringt.

Fuer spaeter stehen noch 45 bis 60 Minuten Laufen auf dem Plan.

Leider kann „später“ nicht wie gewohnt am späten Vormittag passieren, ein paar Termine kommen dazwischen und schließlich das Mittagessen, das zum Laufen zu schwer im Magen liegen würde. Der frühe Nachmittag vergeht und das Arbeitsende rückt näher. Jetzt macht es auch keinen Sinn mehr, von der Arbeit aus zu laufen. Außerdem muss ich gleich ein paar Erledigungen in der Stadt machen. Und später habe ich noch einen Kurs von Zuhause aus. Vorher muss ich unbedingt Abendessen zubereiten und essen, damit ich danach zügig und Bett gehen kann.

Und ganz ehrlich, hat sich dein Zeh nach dem flotten Fünfer am Dienstag nicht etwas gereizt angefühlt? Nicht dass du dich eine Blase läufst! Vielleicht solltest du das Laufen heute ausfallen lassen? Es scheint alles dafür zu sprechen…

Nein.

Ich keine meine Schweinehunde und alle ihre Tricks. Sie meinen es bestimmt gut mit mir, aber ich meine es mindestens genauso gut. Also fahre ich nach den wichtigsten Erledigungen in der Stadt beim Wildtiergehege vorbei und laufe dort. Als Kompromiss laufe ich zwar flott, dafür aber nur 45 Minuten statt einer Stunde. Und stimmt, am linken Fuß zwischen Ballen und großem Zeh fühlt es sich wirklich ein bisschen danach an, als könnte sich eine Blase bilden. Mal sehen. Jedenfalls fühle ich mich gut, dass ich die 6,6 km gelaufen bin im schönsten Sonnenschein, der durch die Schneelandschaft noch strahlender wirkt. Mein restliches Abendprogramm läuft ab wie geplant.

Bisons, luemmeln als schwarzbraune Punkte im Schnee.
Sonne, strahlt am tiefblauen Himmel.
Schnee und Berge, soweit das Auge reicht.

Freitag

Heute ist laut Plan mein Ruhetag. Allerdings ist Freitag auch Fleischertag. Er ist also nicht geprägt durch Abwesenheit von Bewegung, sondern eher ein Rehatag. Umgeben von lieben Menschen und köstlichen Fleischwaren stelle ich heute drei verschiedene Wurstarten her: eine frische Blaubeerbratwurst, eine frische Bison-Cranberry-Bratwurst und eine ungarische Salami. Außerdem räuchere ich die eindrucksvollen summer sausages, die gestern hergestellt wurden. Summer sausages, auf Deutsch Sommerwuerste heissen so, weil sie gepoekelt und heissgeraeuchert sind und so auch an warmen Tagen gerne auf Campingtrips und Picnics mitgenommen werden. Sie verzeiht die fehlende Kuehlung, schmeckt gut und unbedenklich. Eben nach Sommer.

Ich mit roher summer sausage in den Haenden, vor Schweinehaelfte, Hand- und Bandsaege.

Samstag

Einen Tag am Wochenende absolviere ich einen langen Lauf, den anderen Tag einen kürzeren. Je nachdem wie es am besten passt. Und eine Kraft- und Dehnungseinheit steht auch noch auf dem Programm.

Wenn es mir möglich ist, laufe ich den langen Lauf am Samstag, dann ist der abgehakt und kann nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Dieses Wochenende bedeutet lang: Drei Stunden laufen. Die letzten drei Wochenenden bin ich jeweils zwei Stunden gelaufen, dann sollte ein Stündchen mehr doch auch zu schaffen sein.

Die Wege in den Bergen sind zu dieser Jahreszeit zu instabil zum Laufen oder von Schneemassen begraben. Auf der Straße mag ich nicht laufen. Also fahre ich wieder zum Wildtiergehe. Kein Verkehr, aber dafür ein saftiger Hügel auf einer achtförmigen fünf-Kilometer-Runde.

Dallschafsbock. Die Vorderbeine sehen aus, als haetten sie Knie. So haette ich sie gemalt!

Die erste Runde starte ich langsam. Ich bin der erste Besucher und kann die frisch ausgeruhten Tiere anfangen optisch abzunutzen, während ich Laufschritt für Laufschritt meinen Tagessoll abspule. Dabei finde ich immer wieder spannend, wie mein Körper reagiert. Zuerst ist alles locker, dann schmerzen die Waden ein bisschen, dann fühle ich mich blendend, dann bekomme ich ein bisschen Seitenstechen, dann habe ich keine Lust mehr, dann geht’s mir wieder prima, dann fühlt sich das eine Knie komisch an, dann meldet sich die latent vielleicht vorhandene Blase unter dem linken Fußballen von Donnerstag, dann hab ich keine Lust mehr, dann bin ich super motiviert, dann ist eine Hüfte beleidigt und dann ergibt sich alles und sagt „Ok, sieht so aus, als ob wir jetzt erstmal laufen. Ist okay.“.

Bewoelkte Landschaft, aber heitere Stimmung!

Nach drei Stunden fühle ich mich gut und bin froh, zum ersten Mal nach meinem Berglauf letztes Jahr eine längere Strecke als 16 km gelaufen zu sein. Genauer gesagt kamen ganze 23.7 km zusammen – mehr als ein Halbmarathon!

Meine Lieblingsstation im Wildtiergehege: Schneeziegen. In diesem Bild verstecken sich mindestens neun Ziegen.

Später am Tag sind die Beine wieder schwer, aber nichts tut weh. Ich futtere für zwei, putze ein bisschen und schiebe ansonsten eine ruhige Kugel.

Elchbulle, er stdiert mich genauso wie ich ihn.
Ich, erleichtert um drei Stunden Laufen.

Sonntag

Der Sonntagmorgen startet wie gehabt mit Kraftübungen für die Körpermitte und -spannung, abgeschlossen mit Dehnübungen für Vorderbein, Hinterbein und Wirbelsäule.

Anstrengend ist das für mich, ich habe immer noch Schwierigkeiten mit allem, was auf -stütz endet. Aber deswegen mache ich es ja. Auch die Dehnübungen zeigen mir auf, wie wenig beweglich ich bin. Macht nichts. Danke, lieber Körper!

Später am Tag geht es auf zum letzten Programmpunkt der Woche: 45 Minuten laufen.

So richtig Muskelkater habe ich nicht, es tut nichts weh. Aber alle Muskeln, die sonst beim Laufen ganz unbewusst angesteuert werden, kann ich heute spueren. Es ist kein „Ich will nicht bewegt werden“, sondern eher ein „Ich bin da. Vergiss das nicht.“. Ich vergesse nicht und laufe gemuetlich. Trotzdem alle Muskeln und ich als harmonische Einheit 6,1 km.

Und warum das alles?

Aus Neugier.

Ich bin neugierig auf das Leben und darauf, was möglich ist, wenn man Zeit und Energie für ein Ziel aufbringt.

Bei meinem Lauf im letzten Jahr habe ich mit Leuten gesprochen, die die ganzen gut 80 km des Kurses gelaufen sind. Die wirkten ganz normal, sahen weder krass trainiert aus noch hatten sie ausgekluegelte technische Ausruestung dabei. Was unterschied sie also von mir?

Als ich nach 17 km keinen Schritt mehr vor den anderen setzen konnte und noch 27 km vor mir lagen, da ist etwas in mir passiert. Was ich war, ist ein Stueck weit auseinandergefallen und hat sich bis zum Ende des Kurses neu zusammengesetzt. Basierend auf dem Wissen, dass so viel mehr im Leben moeglich ist.

Ist es auch moeglich, dass ich diese 80 km laufe, ganz allein?

Ich habe keine Ahnung und nichts zu beweisen. Aber ich bin so neugierig darauf, die Antwort herauszufinden. Ob ich letztlich ins Ziel komme oder auch nur zur Startlinie, spielt keine grosse Rolle. Sich etwas voll zu widmen, das man fuer fast unmoeglich haelt und auf dem Weg dahin soviel Neues zu entdecken. Darin liegt fuer mich der Reiz und die Schoenheit.

Schneefrei

Samstagmorgen.

Ueber Nacht beglueckten uns unerwarteterweise ca. 20 cm Neuschnee. Es schneit noch immer.

Eigentlich mag ich Schnee. Doch im Februar bin habe ich das Schaufeln langsam satt und hoffe, dass die Schneebaenke nicht mehr allzu hoch wachsen. Im April steht uns die grosse Schneematschsaison bevor, was besonders haarig ist, wenn man auf einem Feld lebt und sich auch der Untergrund in Matsch verwandelt. Ausserdem schneit es schon den siebten Monat in Folge.

Ein guter Tag, um ihn groesstenteils mit einem Tee auf dem Sofa zu verbringen und dann und wann rauszugehen um zu schaufeln, raet mit der gemuetliche Teil meines Hirns.

Doch auf dem Plan stehen an diesem Wochenende noch 15 km Laufen oder Skilanglaufen und ausserdem muss ich noch meinen Wocheneinkauf im Kaeseladen taetigen! Es hilft alles nichts, ich schaufel das Groebste. Eingang zum Haus, Huehnerstall, Plumpsklo, Auto. Arma springt von Schneebank zu Schneebank, also alles nochmal nachschaufeln.

Sachen packen, Huehner versorgen, das Auto selbst vom Schnee befreien und unter dem Schnee das Eis wegkratzen und hoffen, nicht in der Einfahrt steckenzubleiben. Die Hoffnung wird wahr und nach nur ca. 7 km gelange ich vorfallsfrei auf den Highway, der schon geraeumt ist. Spaeter fahre ich sogar hinter einem Schneepflug her.

Ein Schneepflug, zu erkennen an der Schneewolke und blinkenden Warnlichtern.

Laut der Internetseite der Loipen wurde vor ein paar Stunden alles neu gespurt. Da es immernoch ordentlich schneit, halte ich mich trotzdem an beliebte Strecken. Die Chancen sind hier hoeher, dass vor mir in der letzten Stunde ein Langlaeufer den Schnee geplaettet hat und ich mich nur vom neusten Neuschnee ausbremsen lasse.

Ein langsamer Skier bin ich eh. Heute stelle ich jedoch wirklich keine Rekorde auf. Zum einen kann ich den fallenden Flocken eine Teilschuld zuschieben, zum anderen muss ich immer wieder anhalten um die Umgebung zu bewundern.

Nach ein paar Kilometern ist mein Gesicht schon ein wenig eingefroren. Im Gegensatz zur Natur bin ich nicht in gedeckten Farben unterwegs.

An einem Schneetag wie diesem ist die Stimmung so besonders. Das gedaempfte Licht und die Schneedecke sorgen dafuer, dass alles schwarzweiss erscheint. Auch Geraeusche sind gedaempft und der Weg, der sich vor mir ausbreitet ist makellos. Nicht mal eine Kiefernnadel liegt auf dem Weg.

Aber seht selbst.

Loipe im Wald.
Landschaft mit groesstenteils jungen Baeumen ein paar Jahrzehnte nach einem Waldbrand.
Heute wirken die Baeume farblos, morgen vielleicht schon wieder strahlend.
Die Berge im Hintergrund sind gut versteckt durch dichte Bewoelkung.
Die Spur fuehrt wieder in den aelteren Baumbestand.
Abwaerts in ein offenes Tal, das sich bald wieder in eine elchfreundliche Sumpflandschaft verwandeln wird.
Gaebe es keinen Baumhorizont, koennte man leicht die Orientierung verlieren.
Landschaft in weiss, grau und grau.
Trotz dem diffusen Licht kann man noch eine Art Schatten der groesseren Baeume erkennen.
Ueberquerung der naechsten Sumpflandschaft – ein echter Vorteil des Winters!
Der Schnee faellt weiterhin in dicken Flocken.
Schiefe, boreale Baeumchen. In diesem Fall Fichten.
Ich ueberquere den letzten Sumpf bevor ich einen Huegel erklimmen moechte.
Das Sofa lockt nicht mehr, wenn man die offene Landschaft bewundert.
Aufwaerts zu neuen Skihoehen!
Ich meine, am Himmer einen Blaustich zu erkennen. Auch der Fichtenstamm leuchtet wieder braeunlich.

Am Ende stehen mehrere Etappen mit leichtem Gefaelle an. Der kalte Wind treibt mir Traenen in die Augen, die ich spaeter gefriergetrocknet als Kristalle in meinem Gesicht wiederfinde.

Zurueck am Auto waerme ich meine Finger am verbleibenden Pfefferminztee. Nach einer sportlichen Aktivitaet ist mir haeufig kalt, auch bei Plusgraden. Aber bin ich froh, mich aufgemacht zu haben.

Die Schilddruesenblocker vertrage ich im zweiten Anlauf besser, trotz erneuter Startschwierigkeiten. Jetzt heisst es wieder warten, bis zum naechsten Bluttest. Das ist okay. Ich warte auch auf den Fruehling. Und solange ich warte, mache ich einfach das Beste aus dem, was ich habe.

Schreiben, was kommt

In letzter Zeit habe ich weder Zeit noch Muße am Blog zu schreiben. Und je länger die Zeit seit dem letzten Beitrag zurückliegt, desto höher die Schwelle, die es zu überwinden scheint.

Warum also nicht einfach schreiben, was kommt?

Früh morgens am Wochenende, wenn es draußen noch zappenduster ist und der Holzofen knistert? Sozusagen jetzt.

Sonnenaufgang bei -46 °C Anfang des Monats

Seit Mitte August letzten Jahres treibe ich regelmäßig Sport. Ich war ziemlich verzweifelt und stark gebeutelt von den heftigen Rückenschmerzen, die mich seit April begleiteten. Bewegung ist ja angeblich gut, aber welche und wie viel davon? Schlimmer werden möchte ich es auf keinen Fall! Und meine Erfahrung und mein Wissen auf dem Gebiet Sport strebt gegen Null, abgesehen von „je mehr du läufst, desto länger kannst du laufen“.

Außerdem war ich nach meinem Berglauf so neugierig geworden. Wenn ich das mit krassen Rückenschmerzen und wenig Training schaffe, was ist dann ohne Schmerzen und mit vernünftigem Training möglich?

Ich fand es war Zeit, mich in Expertenhände zu begeben und bekam eine Trainerin von meiner Arbeitskollegin empfohlen. Mit dieser Trainerin traf ich mich zu einer Bewegungsanalyse. Sie filmte mich beim Laufen, bei Kniebeugen und ähnlichen Übungen. Nach jeder Übung schaute sie das Video zusammen mit mir an und kommentierte, was sie sah.

„Guck mal, bei dieser Übung ist dein rechtes Knie nicht stabil, siehst du wie es nach innen wandert? Mein Verdacht ist, dass deine Gluteusmuskulatur hier nicht aktiviert. Wir machen eine weitere Übung, um den Verdacht zu bestätigen.“

Auf einmal konnte ich verstehen, was in meinem Körper passiert, was er wie kompensiert und warum es dann weh tut.

Nach der Analyse habe ich entschieden, mit meiner Trainerin weiter zu arbeiten. Das läuft bei ihr so, dass sie einen fünfwöchigen Trainingsplan für mich erstellt, ich den so gut es geht nachturne und nach Woche 4 ihr ausgefüllt zurück schicke, woraufhin sie in Woche 5 die nächsten fünf Wochen zusammenbraut.

Preislich hält sich das auch sehr im Rahmen mit umgerechnet 56€ pro Plan. Da würde ich wahrscheinlich mehr zahlen, wenn ich zum Friseur gehen würde. Ich bin mir aber nicht sicher, da ich 2011 das letzte Mal bei einem Friseur war.

Ich bin wirklich verblüfft, wie sehr der regelmäßige Sport meine Lebensqualität verbessert hat. Ja, ich habe mehr Energie, bessere Laune, bin ausgeglichener. Am besten gefällt mir allerdings, dass der regelmäßige Sport eine Art Struktur in meinem Alltag geformt hat, an der ich mich entlang hangeln kann, wenn mich normalerweise etwas aus der Bahn geworfen hätte. Schlechte Nachrichten, Stress, Krankheiten, Tod, das bleibt alles negativ. Aber wenn ich diese Gefühle mit mir mitnehme auf meinen nächsten Lauf oder zu meinen nächsten Kraftübungen, dann sind sie anschließend nicht mehr so allumfassend und erdrückend. Denn ich bin lebendig, das zeigt mir mein Körper ganz deutlich durch den leichten Muskelkater.

Ich bin lebendig, ich bewege mich. Das heißt auch, dass ich nicht gefangen sein kann in meinen Gedanken, in dieser Situation. Wo Leben ist, wo Bewegung ist, da gibt es auch immer Hoffnung und Lebendigkeit.

Wahrscheinlich werde ich nie eine Sportskanone werden, ich bin einfach nicht sehr talentiert oder habe mein Talent in Sport noch nicht finden können. Aber ich kann begreifen, was es mit mir macht, Sport zu treiben, das Potenzial der Bewegung. Da macht es keinen Unterschied, ob ich es jemals schaffen werde, einen echten Liegestütz zu machen oder nicht. Oder wie viele Stunden am Stück ich irgendwann laufe.

Sport im Alltag bedeutet für mich Resilienz, gestärkte Widerstandskraft der Seele. Es bedeutet für mich Selbstfürsorge. Und jedes Mal ein bisschen Stolz, den inneren Schweinehund zu zähmen.

Ich wünsche auch dir, dass du etwas in deinem Leben hast oder findest, was dich zum Schweinehundbändiger macht. 🙂

Loipe in fichtengefilterter Wintersonne.