Flußtour 2019 – Tag 6

Genau wie die letzten Tage auch, wache ich heute wieder als erste auf.
Ich drehe mich noch einmal im Schlafsack herum und horche genau in mich herein. Bin ich ausgeschlafen? Ja.
Also stehe ich auf.

Ich ziehe mich an und versuche dabei so kuschlige Waerme wie moeglich aus dem Schlafsack in meine Kleidung zu retten. Das ist nur gar nicht so einfach bei ordentlichen Minusgraden.

Als Naechstes mache ich ein ordentliches Feuer. Zum einen kann ich daran meine Finger waermen, zum anderen essen Tyrel und ich auf dem Fluss gern ein warmes Fruehstueck. Das hilft uns, in die Gaenge zu kommen. Im Alltag fruehstuecke ich ueberhaupt nicht und esse erst gegen Mittag meine erste Mahlzeit. Aber hier brauche ich was im Bauch. Unser Mittagessen auf dem Fluss ist auch eher ein kleiner Snack.

Ich koche Wasser, bespasse Arma, erledige meine Morgentoilette.
Und warte.

Tyrel wacht schliesslich auf.
„Es ist 6 Uhr in der Früh! Warum sitzt du da rum in voller Montur?!“

Oh.
Das erklaert dann auch, warum die Daemmerung immer noch nicht eingesetzt hat.

Ungefaehr 20 min später sehe ich ein dass es doch ein wenig arg frueh ist um auf den Tagesanbruch zu warten, ziehe mich wieder aus und gehe schlafen. Kann sogar nochmal gut träumen.

Ein paar Stunden spaeter (oder auch am echten Tagesbeginn).
Wie immer zieht Joe als Erster los. Seine Morgenroutine ist so eingespielt, dass er mit ein paar Handgriffen eingepackt hat. Warmes Wasser fuer Kaffee und Fruehstueck hat er immer schon vom Vorabend bereit.

Wir lassen uns wieder Zeit (ist ja auch unser wohlverdienter Urlaub) und frühstücken. Mittlerweile ist es auch gar nicht mehr frostig, ein Südwind weht und die Sonne scheint.

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Ein sonniges Flussufer mit entspanntem Hund.

Doch am südlichen Horizont ziehen Wolken auf, die immer dunkler werden. Uns bleibt eh nichts anderes uebrig als zu packen und loszuziehen, wie jeden Morgen. Also tun wir genau das.

Nach einiger Zeit auf dem Wasser beginnt leichter Regen.
Der Regen wird stärker.
Wir legen am Ufer an,  um unsere Regensachen anzuziehen.
Doch der Regen hört nicht auf.

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Grau-nasse Aussichten, am Himmel ist kein blauer Fleck mehr auszumachen.

Schliesslich stossen wir auf Joe. Wir sagen ihm, dass wir lieber Strecke machen wollen um in circa zwei Tagen zu Hause zu sein.
Doch Joe moechte noch laenger auf dem Fluss bleiben.

Wir verabschieden uns vorsorglich. Arma versteht nicht, warum wir ihren liebsten Spielkameraden Joe zurücklassen. Mir fällt es auch schwer, aber schlimmer wäre es, das Fleisch verderben zu lassen. Und durch das wechselhafte Wetter wird dieser Fall immer wahrscheinlicher, je mehr Tage ins Land ziehen. Immerhin haben wir den Baeren an Tag 1 erlegt. Heute ist schon Tag 6.
Bärenfleisch muss man laut Gesetz im Gegensatz zu z.B. Elchfleisch zwar nicht verwerten, doch für uns ist es wertvoller als der Pelz.

Im Regen ziehen wir weiter.

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Am nassen Ufer sind Ueberbleibsel einer kleinen Holzhuette der Goldrauschzeit zu sehen.

Was habe ich früher eigentlich bei Regen gemacht, ueberlege ich mir.
Durchgefroren und nass war ich doch eher selten.

Ich habe bei Regenwetter viel Fernsehen geguckt.
Erst am elterlichen Kamin, dann mit Freunden und Bier, später mit Whiskey allein Zuhaus.

Manchmal war ich doch draussen. Mit Oma und Opa in der Laube. Oder ich habe mich beim Zelten im Garten vom Regenprasseln in den Schlaf singen lassen.

Kälte schält sich mittlerweile zwischen alle Lagen Kleidung.
Ich bekomme kalte Zähne und eine taube Nase.

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Die Regenwolken haengen tief in den Bergen und goennen uns eine kalte Dusche.

Der Regen verwandelt sich in Schneeregen während wir unser Lager aufschlagen. Heute spannen wir zwei Planen, die sich gegenueberstehen wie ein A, nur mit einer Luecke im Giebel. Die Luecke, damit wir ein Feuer machen koennen und uns keine Gedanken ueber Rauchabzug oder brennende Planen machen muessen. Die zweite Plane, damit wir dort unser ganzen Sachen auslegen und trocknen können.

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Tyrel waermt sich am Feuer zwischen unseren gespannten Planen.

Falls das Wetter nicht besser wird, bleiben wir doch einen Tag laenger hier.

Armas Appetit ist wiederhergestellt. Das hat nach dem Baerenlebervorfall nur fuenf Tage gedauert. Ich freue mich sehr.

Auch wir schlingen Unmengen von Spaghetti mit Speck und Möhren hinunter. Mein hungriges Gehirn hat mir dringend empfohlen, ein ganzes Kilo ungekochte Spaghetti zuzubereiten. Gekocht sieht das dann doch uebertrieben aus. Aber nach dem Abendessen zeichnet sich ab, das es aufgewaermt gerade so zum Fruehstueck reichen wird.

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Ich arbeite mich langsam durch den Haufen vor Fett triefenden Nudeln durch. Mein Koerper giert geradezu danach.

 

 

Nach getaner Arbeit und im molligen Schlafsack wirkt das Sauwetter gar nicht mehr so unwillkommen.

Schnee-Regen-Graupel singen mich leise auf der Plane knuspernd in den Schlaf, während ich mich der Stroemung des Universums einfach füge.

5 Kommentare

  1. Liebe Luisa, wenn ich deine, meine immer wieder und immer noch sehnsüchtige Seele stimulierenden Erzählungen lese, erinnere ich mich an das vor ein paar Tagen geschriebene Gedicht.

    Ich wünsche dir und euch, vor allem auch Arma(!), weiter ein erlebnisreiches, freudvolles Leben …
    Mit lieben Grüßen von einer „leider nie ausgewanderten, obwohl schon vorbereitet“ und erst vor kurzem sesshaft gewordenen 70-jährigen…
    Monika

    Und dann

    Wenn ich stark genug bin
    um die Sehnsucht auszuhalten
    dann
    und nur dann
    hole ich mir die Bilder her
    und folge den Wegen
    die ich nicht zu Ende ging
    die vielen hätte und wäre
    was ich alles hätte sein können
    wo und wie ich hätte leben können
    wie schön es hätte sein können

    und wenn ich mit allen
    hätte und wäre durch bin
    und meine Trauer und Sehnsucht
    fast nicht mehr auszuhalten ist
    dann
    und nur dann
    höre ich auf

    und dann
    spüre ich den Blick meines Hundes
    wie eine warme Hand
    die meine Seele umschließt
    die mich in das Hier und Jetzt
    zurückführt

    und dann
    weiß ich
    dass alles gut ist
    so wie es ist

    M.K., 09 12 2019

    Gefällt 4 Personen

    1. Liebe Monika,
      Vielen Dank für deinen lieben Kommentar und das wunderschöne Gedicht! 🙂 Ich kann das Gefühl sehr gut nachvollziehen.

      Mit „hätte und wäre“ kann ich schlecht umgehen. Selbst wenn es nur kleine Situationen waren, denke ich noch jahrelang zurück. Daher frage ich mich vor allem bei den größeren Entscheidungen im Leben, ob ich es später bereuen würde, nicht getan zu haben.
      Ist die Antwort darauf „Wahrscheinlich.“, dann denke ich nicht mehr nach und mache einfach.

      Und du hast recht, letztendlich bringt einen dieser Gedankengang der potenziellen anderen Wege auch nicht besonders viel weiter.

      Da ist es Gold wert, sich wieder ins Jetzt holen zu lassen. Und wer könnte das besser, als ein geliebtes Tier? 🙂

      Herzliche Grüße
      Luisa

      Gefällt 1 Person

  2. Ach wieder ein paar herrliche Beiträge von dir! Was für eine tolle kleine Auszeit für euch! Die Landschaft sieht traumhaft aus, da könnte ich jetzt auch aufm Fluss rumschippern, meine Molly würde sich bestimmt gut mit Arma vertragen 😀

    Bin gespannt, ob ihr noch was jagen konntet!

    Liebe Grüße nach Kanada 🙂

    Gefällt 1 Person

    1. Solange Molly auch unglaublich gerne spielt, wären die beiden bestimmt unzertrennlich! 😊
      Meinst du deine Schreiblust kommt nochmal wieder?
      Ich bin super neugierig wie dein Leben zur Zeit so aussieht! 😀
      …aber kein Druck natürlich!! 😜
      Viele liebe Grüße an dein ganzes Rudel,
      Luisa

      Like

  3. arglos liegen sie in der sonne
    nehmen jeden sonnenstrahl auf
    um sich daran zu wärmen
    kein wässerchen könnten sie trüben
    so sieht es der standartzweibeiner
    in wirklichkeit
    passiert da bei almigurt folgendes
    sie liegt in der sonne und tankt wärme
    weiterhin hat sie euch total unter kontrolle
    sie weiß immer wo du bist wo joe und wo tyrel
    ihr seid ihr rudel
    auf welches die aufzupassen hat
    würde ich aus dem wald auf euch zu rennen
    um euch euphorisch zu begrüßen weil wir uns grad mal dort treffen
    wäre mein ende nah
    die biester schalten aus nem “ todeszustand “
    auf 400 prozent rudel verteidigen um mit nem lidschlag von dir
    und weiter geht die tour
    ja siehste de hund frisst wieder
    hab ich dir doch geschrieben 🙂
    keine sorge wenn se mal nich frisst
    nach solch mahlzeit is man eben auch mal satt
    dein “ mädel “ scheint schon zu wissen was sie tut
    der ein kilotrockennudelkochversuch
    ja also das nenn ich mal sportlich 🙂
    meine bündel haben nen durchmesser von etwa zwei zentimetern
    und das reicht dann ebenfalls noch für mein frühstück
    und wir haben ja auchnoch 500 gramm jagdwurst
    oder leberkäse am start und ketschup
    ihr habt ein tolles leben
    macht weiter so
    und lasst das bärenfleisch nich verkommen
    es wär ne schande
    gruß ronny

    Gefällt 1 Person

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