Eule mit Weule

Die Schatten hinter Bäumen werden kürzer, die Tage heller und die Eichhörnchen lauter. Auch wenn das Thermometer seit einer Woche morgendlich höchstens -30 Grad anzeigt, scheint es hier sowas wie Frühling zu werden. Tyrel und ich gingen einen neuen Weg erkunden und erneut wurde eine schöne Wanderung durch eine Eulensichtung gekrönt. Dieses Mal habe ich keine great horned owl gesehen, sondern eine hawk owl, zu deutsch Sperbereule.

Wieder war ich mächtig beeindruckt, was Eulen doch für zauberhafte Kreaturen sind. Im Zoo waren sie mir etwas unheimlich, wenn sie mich mit ihrem durchdringenden Blick durch das Drahtgeflecht ansahen. Aber hier draußen in der wilden, weitläufigen Kälte? Hier erlebe ich es als sehr inspirierendes Ereignis. Der große Vogel könnte schließlich sonst wo hineulen, ich gehe auf einem winzigen Pfad in seinem Wohnzimmer spazieren. Und trotzdem gönnt er mir seine Aufmerksamkeit und starrt mich mit gelben Augen an. Dreht den Kopf wie R2D2 nach hinten und starrt mich wieder an. Nur um mir klar zu machen, dass Smartphone Kameras nicht für Tierbeobachtungen ausgelegt sind. So ein Mist.

Gestern Morgen lauschte ich ein wenig dem Ofen in der Dunkelheit. Bis sich ein weiteres Geräusch dazugesellte. Draußen, vor dem Trailer, singt eine great horned owl ihr hoo hohoo hoo. Im Zwielicht begegne ich den -31 Grad mit langer Unterhose, Pulli und Crocs über den nackten Füßen. Aber die Eule sehe ich nicht.

Zurück im angewärmten Bett überkommt mich eine Idee. Mir stehen eine Kamera und Spaziergänge zur Verfügung. Wie wäre es, wenn ich beides kombiniere und zu einem kleinem Hobby-Stalker der heimischen Fauna werde?

Gesägt, tun getan. Nach einem anständigen Fußmarsch ging und stellte ich mich dann auf die Lauer… Fürs legen lag mir dann doch zuviel Schnee herum. Nachdem meine Finger und einige Gesichtspartien von meinem Nervensystem als nicht mehr vorhanden gemeldet wurden, machte ich mich auf den Rückweg mit fetter Beute: Ich hatte doch glatt drei Bilder geschossen!!!

*hust*
Okay, ich kann mich bestimmt noch verbessern. Wäre ja auch frustrierend, wenn ich der geborene Ornithologe wäre und die ersten 29 Jahre davon keinen blassen Schimmer davon gehabt hätte, oder? Vielleicht gehe ich erstmal auf Jagd im Buchladen und schaue, ob ein Buch mit beschrifteten Piepmätzen vorrätig ist. Aber die Kamera will ich jetzt häufiger mitschleppen auf meine Erkundungstouren. Man kann ja nie wissen!

Bei einer unserer Wanderungen in einem uns noch unbekannten Gebiet hier in der Gegend sind Tyrel und ich auf eine Art kanadischen Zen-Garten gestoßen. Der Berg im Hintergrund hat wohl vor einiger Zeit mächtig gebröckelt und einige Findlinge hinterlassen. Bis jetzt ist dieser Berg mein liebster im Yukon. Ich mag ihn richtig gerne und würde ihn gerne mal besteigen (ja, ich weiß, die Frühlingsgefühle…). Dabei kannte ich noch nicht mal seinen Namen!

Nach einigen Recherchen stellte er sich heraus, dass er fieshafterweise überhaupt keinen richtigen Namen hat! Für meine Verhältnisse ist er groß und toll und schön und in Deutschland hätte jeder Gipfel bestimmt einen geschichtsträchtigen Namen. Hier heißt er einfach nur „Ibex Area Mountain“. Weil er irgendwo in der Nähe vom Ibex Mountain und dem Ibex River rumsteht. Das wird ihm nicht gerecht. Ich werde ihn Karrrsten nennen. Und wenn Tyrels Arbeitskollegin Bella in ein paar Wochen wieder zum Sommerjob aufschlägt, können wir Karrrsten vielleicht zusammen erzwingen (mein Wanderbuch sagt, das dauert neun Stunden! *keuch*).

Letzte Woche Samstag habe ich übrigens meinem ersten Konzert im Yukon beigewohnt und dann auch noch mit lokaler Musik! Claire Ness wurde in Whitehorse geboren und ist hier aufgewachsen. Ihre Musik ist eher im Bereich Country oder Folk einzuordnen, macht gute Laune und verleitet zum Träumen.

Der Vorband-Musiker war Fleetwood Holly, ein junger Mann aus Ostdeutschland (so wurde er angekündigt! Ist das nicht irre, dass die Kanadier da unterscheiden?), der jetzt auf einem Hausboot auf dem Yukon River bei Dawson City hier im Yukon wohnt und fleißig Musik macht.

Viele Wege führen nach Rom… Und noch viel mehr, viel buntere zum eigenen Glück. 🙂 Zum Beispiel auf den zugefrorenen Yukon-River zum Sonnenuntergang.

18 Kommentare

  1. ah ich liebe eulen/käuze und bin schon etwas neidisch, dass du sie in freier wildbahn beobachten kannst 🙂

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    1. Hallo Angioletto,
      komischerweise habe ich sie erst hier lieben gelernt, in Deutschland ist mir nie eine ueber den Weg geflattert.
      Ich hoffe, das naechste Mal wenn ich eine sehe, kann ich dir ein Foto schiessen! 🙂

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    1. Ich hab ja extra ein paar schoene Bilder zur Verfuegung gestellt. 😉 Ich fand die Vogelbilder nur so unfreiwillig komisch, dass ich sie hochladen musste! 😀

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  2. Wieso musste ich bei der Überschrift zuerst an einen Kindergärtner denken?
    Kam aber garnicht im Text vor^^
    Wenn die Eisfläche auf der ich stehe so dicke Risse hat, dann hätte ich ja schon ein muliges Gefühl im Magen, wenn ich allerdings -20°C gleichzeitig spühre dann wohl doch nicht 😉
    Kommenden Dienstag soll bei euch schon 0°C werden – da kommen Frühlingsgefühle auf was?

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    1. Komischerweise kommen die Frühlingsgefühle anscheinend nicht durch die Temperaturen, sondern ausschließlich durch mehr Sonnenlicht. Es war ja schon mehrfach im Winter um die Null Grad aber trotzdem war noch voll Winter. Dann, im März, sind -30 Grad über ne Woche und die Frühlingsgefühle sind da ^^
      Dachte ja auch das kommt aus ner Kombination aus Wärme, den ersten Blumen und mehr Licht… Scheint aber echt nur das Licht Auslöser zu sein.

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  3. Heyho, Yukonlady… Habe dich für den Versatile Blogger Award nominiert 🙂 Würde mich freuen, wenn du mitmachst. https://tallyshome.wordpress.com/2017/03/15/versatile-blogger-award/ und jaaaa, ich weiß, du kommst nur einmal pro Woche, wenn überhaupt, in ein Internetcafe. Wie gut, das solche Awards kein Zeitlimit haben. Die Ausrede gilt nicht. Wenn du mir aber sagst, ihr seid gerade von wilden Waschbären und Monstereulen umzingelt … dann glaub ich das sofort.

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    1. Hi hi hi, vielen Dank Tally McTallenstein! 🙂
      Morgen muss bin ich wieder zum Einkaufen in der Stadt… Wenn ich heute artig auf meinem Handy vorformuliere, dürfte die Zeit ausreichen!
      Beim Holz hacken werde ich darüber sinnieren. 🙂

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      1. *verneig* die Freude ist groß! Ich werde gespannt und begierig warten :p Achso ..wie ist das eigentlich mit der Zeit bei euch? Seit ihr x Stunden zurück oder x Stunden voraus? Wenn es bei mir jetzt 20 Uhr abends ist und bei euch schon wieder Tag … dann guck doch mal nach den nächsten Lottozahlen bei Gelegenheit 😉

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      2. Leider bin ich hier ziemlich zurückgeblieben (was die Zeit angeht). Es ist jetzt Viertel nach 12 mittags und das auch nur, weil wir schon die Zeitumstellung hatten. Normalerweise bin ich 9 Stunden zurück.
        Also, wie lebt es sich so in der Zukunft? Wie habt ihr das Rentenproblem mit dem demografischen Wandel gelöst? Und was habt ihr mit der Staatsverschuldung gemacht? Schuldenschnitt oder Währungsreform? XD

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      3. Verdammt! Da sind wir wieder beim „motherlode“ angekommen. – Tut mir Leid, aber … ich sage es, wie es jeder gute Politiker tun würde … hrm, hrm … Moment: „Ja, also. DAS sind wirklich äußerst interessante Fragen. Lassen sie uns doch zunächst das Wetter näher beleuchten. Gestern war es ja sehr wolkig, heute aber, hat man die Sonne mehr als 3 Stunden lang gesehen … Sie können mir noch folgen, richtig?“

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      4. Hier schneit es seit ein paar Tagen fisselig! (Ablenkungsmanöver gelungen)
        Verdammt, ich glaube ich muss mir doch eine kleine Selbstversorger-Farm aufbauen um gegen die nächsten Finanzkrisen und/ oder Zombieaufmärsche bestehen zu können!

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      5. *nicknick* JEDER braucht einen Zombienotfallplan! Was mich gerade daran erinnert, dass ich den schon immer mal in meinem Blog veröffentlichen wollte! ARGH! – Sofort aufschreiben!

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      6. Obwohl ich persönlich ja mehr Angst habe vor unserem Finanz- und Geldsystem als vor Untoten (haben immerhin fünf Äxte hier rumstehen nebst einigen Gewehren aber kein Schweizer Bankkonto).
        Aber Hauptsache man hat irgendeinen Plan im Hinterkopf @:)

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      7. Immerhin würdest du bei einer Finanzkrise nicht verhungern. Eben wegen der Äxte und den diversen Gewehren. Ganz abgesehen von der Fähigkeit des Zerlegens uns Ausnehmens. Ich müsste mich hier dann von Gänseblümchen ernähren. Naja … immerhin wär das Gewicht dann auf Dauer wirklich kein Thema mehr. … hm. Gänseblümchen in Aspik …das Gras vom Nachbarn ist immer grüner (und saftiger), ah ja. Ich sehe großes Voraus.

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